Diese Website unterstützt Internet Explorer 11 nicht mehr. Bitte nutzen Sie zur besseren Ansicht und Bedienbarkeit einen aktuelleren Browser wie z.B. Firefox, Chrome
FiBL
Bio Suisse
Logo
Die Plattform der Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern

Leserbriefe

Im Bioaktuell haben der Leser und die Leserin das letzte Wort. Reaktionen auf die erschienenen Artikel oder auch Leserbriefe zu anderen brennenden Fragen aus dem Umfeld des Biolandbaus sind immer sehr willkommen. Dasselbe gilt für Anregungen und Tipps zu Themen, die im Bioaktuell behandelt werden sollen.
Sie können Ihren Leserbrief direkt in unser Internetformular eingeben, ihn uns per Mail oder auch per Post schicken.

Internetformular zur Eingabe von Leserbriefen

redaktion(at)bioaktuell.ch

Bioaktuell, Bio Suisse, Peter Merian-Strasse 34, 4052 Basel

Leserbriefe 2022

Im Magazin Bioaktuell erschienene Leserbriefe 2022:

Leserbriefe 2022 (747.6 KB)
 

Weitere Leserbriefe (online publiziert):

Bio, und so weiter? - Leserbrief von BioEtico vom Dezember 2022
Seit einem halben Jahr existiert der Verein BioEtico: Das hundertste Label im Biodschungel oder einfach eine weitere Variante?

Zum Leserbrief von BioEtico (144.1 KB)

Leserbriefe 2021

Im Magazin Bioaktuell erschienene Leserbriefe 2021:

Leserbriefe 2021 (2.3 MB)

Leserbriefe 2020

Im Magazin Bioaktuell erschienene und weitere Leserbriefe 2020:

Leserbriefe 2020 (1.1 MB)


Weitere Leserbriefe (online publiziert):

Alles hängt zusammen!

Leserbrief von Roland Lenz vom 20. November 2020, im Anschluss an die Delegiertenversammlung (DV) von Bio Suisse vom 11. November 2020

Nach dem fatalen Entscheid des Bio Suisse Vorstandes, die Nein Parole zur Trinkwasserinitiative (TWI) herauszugeben, bin ich erleichtert, dass die DV die Parolenfassung dazu nochmals verschoben hat. Auf der Website von Bio Suisse wird zu diesem Thema mit «alles hängt irgendwie zusammen» Marketing gerecht geworben. Und: Bio sorgt für Gleichgewicht. Auch in der Politik…? Ob Bio Suisse wirklich das ausgleichende Bindeglied zur Politik und zum Bauernverband sein soll, bin ich mir nicht sicher. Wünschenswert wäre, dass Bio Suisse medial klare Standpunkte zu unseren Kernthemen setzen würde! Denn ja, alles hängt zusammen! Nicht nur irgendwie…

Schliesslich stehen wir betreffend Erhalt unserer Lebensgrundlagen am Scheideweg. Jeder, der für ein Stück Land Verantwortung trägt, ob Landwirt, Gartenbesitzer, Kanton oder SBB, muss sein Schaffen grundlegend überdenken. Nur durch ein totales Umdenken in der Landbewirtschaftung hin zur konsequenten Nachhaltigkeit gelingt es uns möglicherweise, die Klimaerwärmung und die Verschmutzung unserer Lebensgrundlagen zu stoppen und wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Und dazu braucht es auch die TWI. Sie trägt die Kernkompetenz von Bio Suisse!

Die TWI ist eine Konsumenten- und Steuerzahlerinitiative. Sie will, dass mit unseren Steuergeldern nur noch diejenigen Betriebe finanziell unterstützt werden, die möglichst nachhaltig arbeiten. Ob Betriebe, die diese grundlegende Nachhaltigkeit nicht mittragen möchten, «auf Teufel komm raus» weiter produzieren und ihre Produkte ohne «innere Werte» weiterhin verkaufen können, bezweifle ich stark. Dass die TWI dazu eine Übergangszeit – eher eine Schonfrist – von acht Jahren gewährt, ist für mich schon fast Luxus. Denn das Klimarad wird sich immer schneller drehen!

Es braucht auch das klare Ja zur TWI, um das Umdenken aller Landbewirtschafter zu beschleunigen. Stellen nach und nach mehr Betriebe auf biologische Bewirtschaftung um, wird auch die Forschung mehr Geld in nachhaltige Lösungen wie neue Technologien oder pilzwiderstandsfähige Pflanzenzüchtungen investieren. Das wird unsere biologische Produktion massiv erleichtern und gegenüber von Konsumentinnen und Konsumenten noch glaubwürdiger machen.

Als Leiter eines Bio Suisse- und Demeter-Betriebs bin ich mir sicher, dass wir erst am Anfang unserer Entwicklungsmöglichkeiten  stehen. Jeder einzelne Betriebsleiter ist gefordert, seine langfristige Philosophie und sein alltägliches Schaffen in eine Balance zu bringen, damit unsere kostbaren Lebensgrundlagen erhalten bleiben.

Im Wissen, dass wirklich alles zusammenhängt, brauchen wir aber übergeordnete gemeinsame Lösungen und Ziele. Und zwei davon heissen TWI und Pestizidinitiative.

Roland Lenz, Biowinzer

Leserbriefe 2019

Im Magazin Bioaktuell erschienene Leserbriefe 2019.

Leserbriefe 2019 (1.5 MB)

Leserbriefe 2018

Im Magazin Bioaktuell erschienene Leserbriefe 2018.

Leserbriefe 2018 (512.1 KB)

Leserbriefe 2017

Im Magazin Bioaktuell erschienene und aus Platzgründen nicht erschienene Leserbriefe 2017.

Leserbriefe 2017 (621.8 KB)

Leserbriefe 2016

Im Magazin Bioaktuell erschienene und aus Platzgründen nicht erschienene Leserbriefe 2016.

Leserbriefe 2016 (559.6 KB)

Leserbriefe 2015

Im Magazin bioaktuell erschienene Leserbriefe 2015.

Leserbriefe 2015 (911.2 KB)

Leserbriefe 2014

Im Magazin bioaktuell erschienene Leserbriefe 2014.

Leserbriefe 2014 (1.3 MB)

Leserbriefe 2013

Im Magazin bioaktuell erschienene Leserbriefe 2013.

Leserbriefe 2013 (813.2 KB)

Leserbriefe 2012

Im Magazin bioaktuell erschienene Leserbriefe 2012.

Leserbriefe 2012 (752.9 KB)

Leserbriefe 2011

Im Magazin bioaktuell erschienene Leserbriefe 2011.

Leserbriefe 2011 (1.9 MB)

Leserbriefe 2010

Bedenklich (Nr. 9/10)

Zu den Leserbriefen von Ernst Frischknecht und Res Bärtschi im bioaktuell 8, Oktober 2010

Wenn Ernst Frischknecht schreibt: « … kann nicht diskutiert werden, weil verwaltungsinterne Abkommen das verbieten», kommen mir unweigerlich die sehr originellen Ausreden der Finanzwelt zum Thema Abzockerei, Boni etc. in den Sinn. So hat’s nämlich bei denen auch angefangen…

Wie würde wohl reagiert, wenn zum Beispiel eine Biogenossenschaft Rezepte, Zutaten etc. plötzlich geheim halten würde, aufgrund interner Abkommen, die eine Herausgabe (Biokontrolle) verbieten? Von Gleichberechtigung und gleicher Augenhöhe kann da jedenfalls nicht mehr gesprochen werden! Es ist halt einfacher, über einen Knospe-Fairnesskodex zu debattieren…

«Kritik wird halt sehr genau geprüft.» – Da stimme ich mit Res Bärtschi überein. Dies gilt natürlich auch für ihn. Wenn er so genau über die Abgänge von Schweizer Biobetrieben Bescheid weiss, weshalb belegt er dies nicht konkret mit den ihm vorliegenden Zahlen? Übrigens importiert Subaru Schweiz (nach Anfrage) ihre Ersatzteile zu ca. 90 Prozent per Schiff. Wenn ich sehe, dass Bioprodukte aus Uganda bei uns verkauft werden (bioaktuell 1/10, Seite 7, zweitunterstes Foto rechts), so sträuben sich meine «Ökobilanzhaare» zum grössten Berge! Wer schon einmal in Afrika war, kennt die stinkenden Diesellastwagen. Sind es doch von Uganda einige Hundert Kilometer bis zum nächsten Meereshafen … Muss man sich da nicht fragen, ob das Bioflugverbot zu einer reinen Alibiübung verkommen ist? Vielleicht würde in diesem Falle die Ökobilanz sogar zugunsten des Flugzeuges ausfallen … Wie sieht es übrigens beim Flugverbot von Export-Bioerzeugnissen aus? Ist das Importieren und Exportieren, das Herumkarren, Verfrachten, Verladen, Verschiffen usw. von biologisch erzeugten Lebensmitteln wirklich der Sinn der «Biosache»? War das wirklich eins der Ziele, das die Gründerväter und -mütter der Biobewegung anstrebten? Sind wir da nicht schon viel zu weit über das Ziel «hinausgeschossen»? Einkehr und Innehalten!

Nur «Thema zu sein» (Ökobilanz) – reicht dies heutzutage wirklich noch? Hat da Bio Suisse nicht eine viel grössere und auch moralische Verantwortung als nur «voll dahinter stehen»? Wenn hinter der ursprünglichen und grossartigen Idee des Biolandbaus dasselbe hässliche System steckt wie in der Börsen- und Finanzwelt, was soll das Ganze scheinheilige Getue noch? Markt- oder Seelenfrieden!?

Mal ganz ehrlich: Ist das gesexte Sperma eines Biostieres etwa nicht mehr Bio, nur weil die männlichen Spermien aussortiert wurden? Hier wurden – richtigerweise – ethische Argumente ins Feld geführt. Wo blieben diese beim Thema Enthornen? Befürchtete man bei einem Enthornungsverbot zu viele Austritte?

Auch ich hinterlasse einen «ökologischen Fussabdruck», dieser soll aber so klein wie möglich sein. Mit einem «Ja, aber»- Freihandel, mit einem grösseren Marktanteil etc. ist das nicht zu machen. Die biologische hat da gegenüber der konventionellen Landwirtschaft immer noch einen grossen Vorsprung – verspielen wir ihn nicht!

Daniel Wismer, Biorebell, Embd VS

Die Eigendynamik der Organisationen (Nr. 8/10)

Zu den «unzufriedenen Leserbriefen» im bioaktuell

Seit einiger Zeit häufen sich unzufriedene Leserbriefe. Die Autoren sind unzufrieden mit der Entwicklung des Biolandbaus und seiner zunehmenden Abhängigkeit von Grossverteilern und staatlichen Bestimmungen. Vorwürfe werden hin und her gereicht, doch scheint kein Ausweg in Sicht zu sein.

Was ist passiert? Nichts anderes als bei andern bäuerlichen Selbsthilfeorganisationen. Die Eigendynamik des Wachstums, um fast jeden Preis, hat die Institution überrollt. Kaum eine ursprünglich bäuerliche Organisation war in der Lage, diese Eigendynamik unter Kontrolle zu halten. So scheint auch der Biolandbau dieser Gesetzmässigkeit ausgeliefert zu sein. Zu allen Zeiten haben sich Menschen zusammengeschlossen in sogenannten Selbsthilfeorganisationen. Wunderbar waren die Erfolge des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens über fast hundert Jahre. Wunderbar wurde der Bioboom der letzten fünfzehn Jahre empfunden. Aber seit fünf Jahren verliert Bio Suisse mehr Mitglieder, als neue dazukommen. Wie ein Spazierstock boten die jungen Organisationen ihren Benützern und Eigentümern einen wichtigen Halt im Überlebenskampf. Der Stock konnte leicht geführt werden, und er ist gewachsen, denn die Idee hinter der Organisationsgründung wurde von allen mit fast heiligem Eifer geteilt und akzeptiert. So wuchs der Stock der Hilfe im Laufe der Jahre zu einem anständigen Pfahl. Auf einmal war er nicht mehr nur Stütze und Hilfe, sondern seine Führung verlangte schon einiges Geschick, nicht zuletzt deshalb, weil die Gründungsidee bei der zweiten Generation etwas verblasst war und das eigene Überleben vielen Genossenschaftern wichtiger wurde als die Genossenschaft. Ausserdem führte das Streben der Organisation nach Umsatzsteigerung oft zu Entscheiden, die mehr dem Wachstum der Organisation dienten als der Grundidee der Organisation.

Die Milchverbände gehören den Bauern. Mit weniger Milch würden die Bauern mehr verdienen, ohne dass Konsumenten und Steuerzahlerinnen stärker belastet würden. Aber die Überkapazitäten der verarbeitenden Milchverbände brauchen mehr Milch zu tieferen Preisen.

Weil sich die bäuerlichen Verwaltungsräte den Expansionsgelüsten ihrer Geschäftsführer unterziehen, werden die Bauern zu Sklaven der eigenen Selbsthilfeorganisation.

Hat dieser Mechanismus etwa bei den Banken nicht genau gleich gespielt – und zum Kollaps geführt? Wie sollte dieses eherne Gesetz der überbordenden Eigendynamik Bio Suisse verschont lassen? Dem Vorstand und der Geschäftsführung Vorwürfe zu machen greift total ins Leere. Bio Suisse gehört den Bioproduzentinnen und Bioproduzenten. Sie könnten den Kurs des Unternehmens bestimmen, wenn sie, beseelt von ganzheitlicher Beurteilung der Lage, dafür sorgen, dass Bio nicht nur auf eine andere Landbauform beschränkt wird, sondern auch eine andere ganzheitliche Unternehmensform bedeutet. Das setzt allerdings voraus, dass die Delegierten stark genug sind, das Image der Knospe gegenüber dem sklavischen Gehorsam vor der Marktmacht der Grossverteiler höher zu werten. Auch das witzige Bestreben einiger Funktionäre und Politiker, möglichst schnell das Bioland Schweiz zu lancieren, sollte wenigstens so stark gedämpft werden, dass nicht die Konventionalisierung des Biolandbaus zur Voraussetzung dieser schnellen Expansion werden muss.

Über die Gründe der schnellen Wechsel in der Geschäftsführung kann nicht diskutiert werden, weil verwaltungsinterne Abkommen das verbieten. Über die Aufgaben der Bio Suisse Delegierten kann aber – und muss sogar – diskutiert werden, bevor unzufriedene und enttäuschte sogenannte Fundamentalisten versuchen, den umfassenden Gründungsgedanken des Biolandbaus mit einer Splitterorganisation umzusetzen.

Biolandbau ist mehr als eine andere Landbaumethode. Biolandbau muss auch heute noch imstande sein, sich selber zu bestimmen. Dazu braucht es aber neben den professionellen Geschäftsführern und Wissenschaftern aktive Bauern und Bäuerinnen, die aus ihrem ganzheitlichen Gespür heraus den ehemaligen Spazierstock nicht zum erdrückenden Balken werden lassen.

Ernst Frischknecht Biobauer, Präsident Bio Suisse 1993 bis 2001

Kritische Fragen und Gedanken auf dem Prüfstand (Nr. 8/10)

Ich lese jeweils sehr interessiert die Leserbriefe im bioaktuell, denn aktive Biobauern sind die Basis der Biobewegung. Kritische Fragen und kritische Gedanken sind wichtig, zu viel wird heute unkritisch angenommen.

Die kritischen Fragen zur Geschäftsführer(ab)wahl hat Regina Fuhrer schon beantwortet. Sicher nicht zur vollen Zufriedenheit des Fragestellers, aber alles kann man nicht in der Presse ausbreiten. Hinterher weiss man immer, wann das Wetter gut gewesen wäre zum Heuen, aber von diesem Wissen allein wird kein Grashalm trocken. Jeder Geschäftsführer wurde bisher von Biobäuerinnen und Biobauern gewählt. Wer etwas tiefer in die Materie sieht, weiss, dass dies eine ausgesprochen schwierige Aufgabe ist. Ich wünsche allen anderen bäuerlichen Organisationen und Vorständen, dass sie immer die richtige Wahl treffen, denn jede Organisation braucht einmal einen neuen Geschäftsführer, sei es aus Alters- oder anderen Gründen.

Die Ausführungen von Armin Capaul haben leider ein paar Fehler. Kritik wird halt sehr genau geprüft. Die Delegiertenversammlung von Bio Suisse (100 engagierte Knospe-Bauern, Knospe-Gärtnerinnen) hat am 18.4.07 dem Vorstand die Kompetenz zur Einführung von Markenzusätzen erteilt. Dort war auch ein Zusatz zur Knospe für Schweizer Produkte erwähnt. Somit konnte der Vorstand (7 von diesen Delegierten gewählte Biobäuerinnen und Biobauern) Zusätze ab diesem Datum selber einführen. Dass Coop schon vor diesem Datum das Fähnli verwendet haben soll, ist eine kühne Behauptung und müsste dann schon mit ein paar Fakten belegt werden. Die Bio-Weide-Beef-Linie wurde nicht von Coop, sondern von der Migros ohne Knospe und ohne Bio Suisse eingeführt. Über Erfolg oder Misserfolg will ich mich nicht äussern. Die neuste Aktivierung des Bio-Weide-Beefs durch Migros hat bei Bio Suisse unter anderem auch viel Ärger und Mehrarbeit ausgelöst, Pünktlizählen lässt grüssen.

Armin will und kann sicher nicht alle der vielen Bio Suisse Papiere lesen. Darum der Hinweis, dass Energiebilanzen durchaus ein Thema sind bei Bio Suisse. Sie werden nicht, wie Armin meint, im Zuge der Biooffensive zusammen mit den ethischen Werten «bewusst zurückgedrängt ». Schon alleine das Flugverbot für Knospe-Produkte führt zu einer deutlichen Energieeinsparung. (Was da heute alles geflogen wird, wurde uns ja dank der Staubwolke über Island vor Kurzem schonungslos vor Augen geführt. Auch die Ersatzteile für den Subaru kommen mit dem Flugi.)

Chemisch-synthetische Stickstoffdünger setzen wir ja trotz Biooffensive weiterhin nicht ein, was auch Unmengen Energie spart. Nur ist das nichts Neues und deshalb langweilig für unsere Newswelt. Mehr kann, darf und soll jeder Biobauer machen, Bio Suisse steht voll dahinter. Aber müssen wir alles immer gleich in eine neue Richtlinie schreiben?

Dass Aldi, Lidl und Denner die Knospe nicht bekommen, hat nicht vorab zum Ziel, das Sinken der Biopreise zu verhindern. Dies würde ohnehin nicht gelingen. Sollen aber reiche Ladenkettenbesitzer, welche Nahrungsmittel nur über den immer tieferen Preis definieren, wirklich die Handelspartner für Knospe-Produkte sein? Was würde passieren, wenn solche Leute das Sagen auf dem Biomarkt hätten? Da müsste noch über ganz andere mutwillige Preisabzüge berichtet werden und die Kündigungszahlen würden deutlich ansteigen.

Und so kann ich auch gleich zu diesem Thema überleiten. Von den seit 2004 bei Bio Suisse ausgestiegenen Bäuerinnen und Bauern hatte es sicher einige über Bio Suisse verärgerte dabei. Es gab auch solche, die die Frist, nach welcher einmal erhaltene Umstellbeiträge nicht mehr zurückzuzahlen sind, abwarteten und dann Adieu sagten. (Einige der 2000 Umsteller von 1995 und 1996 hatten wohl doch nicht genügend Biogeist). Leider muss ich Armin mitteilen, dass von den Bauern, welche in letzter Zeit aufhörten, eine steigende Zahl nicht aus Frust über Bio Suisse ausstiegen, sondern weil sie den Betrieb aufgaben. Ich weiss das, weil ich die meisten Kündigungen sehe. Dass dies eine schlimme Entwicklung ist, da sind Lorenz, Armin und ich dann sicher alle gleicher Meinung. Und ich weiss auch, dass wir alle uns einsetzen, um dies zu ändern zu versuchen, nicht am gleichen Ort und nicht mit den gleichen Mitteln, aber mit dem gleichen Ziel. Eben vielfältig oder mit Bio(bauern)diversität.

Res Bärtschi, Lützelflüh, Biobauer, Präsident der Markenkommission Anbau

Weidemast funktioniert (Nr. 8/10)

Zum Artikel «Weidepflicht in der Knospe- Grossviehmast?» von Christoph Fankhauser, Bio Suisse, bioaktuell 7, September 2010

Christoph, ich bin sehr froh, dass Bio Suisse dieses Problem angeht. Das ist mir schon lange ein Dorn im Auge, dass Knospe-Rindfleisch nicht auf die Weide muss. Die meisten Rinder sind auf der Weide, aber eben: Sie müssen nicht. Es gibt ein paar ganz wenige professionelle Biomäster, die intensive Munimast im Stall mit Laufhof machen. Wenn die Konsumenten das wüssten, wäre das für das Image von Knospe-Rindfleisch nicht gut.

Nun zu den fachlichen Aspekten, die im bioaktuell erwähnt wurden. Wenn die Weidepflicht eingeführt wird, dann sollte sie durchgezogen werden, das heisst Weidepflicht wie beim Milch- und Aufzuchtvieh von Anfang bis Ende. Schon die Kontrolle wäre aufwendig oder fast unmöglich, wenn am Anfang und am Ende der Mast Ausnahmen gemacht würden. Produktionstechnisch ist das überhaupt kein Problem. Und da kann ich aus einer grossen Erfahrung reden. Wir haben nun seit 1998 mit dem Beginn des Bio- Weide-Beef-Programms (BWB) 22’000 Schlachtungen hinter uns mit Weidemasttieren. Wir sind jetzt auch gerade daran, eine Auswertung von 250 Mutterkuh- und BWB-Betrieben über ihren Einsatz von Mais und Kraftfutter in der Mast fertigzustellen.

Kälberkrankheiten gibt es nicht wegen des Auslaufs oder der Weide, im Gegenteil. Auslauf tut den Kälbern gesundheitlich gut. Es ist in jedem Fall besser, als im muffigen Stall mit schlechter Luft zu sein. Oft sind ja die Kälber nicht am besten Ort im Stall. Das einzige Problem können die Endoparasiten sein, wenn die Kälber immer auf der gleichen Kälberweide neben dem Stall sind. Und Durchfall bekommen die Kälber auch nicht vom Auslauf. Das sind Managementprobleme. Es ist ja so, dass die Aufzuchtkälber auch bis 120 Tage in einem permanent zugänglichen Laufhof sein dürfen im RAUS-Programm. Das wäre auch für die Masttiere gleich. Das heisst die Tiere müssten erst mit vier Monaten auf die Weide, wenn es der Bauer will. Dann sind sie schon robuster.

Auch für die Ausmast braucht man keine Stallhaltung. Den Ausmastgrad erreicht man mit guten Weiden, guter Genetik, eventuell Trennung von Ochsen und Rindern, eventuell mit Zufütterung von ganz wenig Kraftfutter an die Ochsen ganz am Schluss. Da kann man die Tiere in Stallnähe bringen oder auf der Weide mit Automaten zufüttern. Es rechtfertigt nicht eine Stallhaltung. Im BWB haben wir in den Richtlinien das RAUS+, das heisst acht Stunden Weidegang jeden Tag bis am Schluss. 22’000 Tiere haben das problemlos einhalten können. Das ist die fachliche Realität.

Die Qualität der Schlachtkörper ist für Weidemast hervorragend (25 % C, 36 % H, 22 % T+), das Alter im Schnitt 21 Monate, der Tageszuwachs im Schnitt 780 g, Tendenz steigend. Es kommen jetzt immer mehr Mastremonten aus Mutterkuhherden, und da läuft ja der Kraftfutterautomat als Kuh mit. Mit meiner eigenen Herde bin ich zurzeit auf durchschnittlich 1100 g Zuwachs pro Tag, Schlachtalter durchschnittlich 14,2 Monate, 86 Prozent H-Tiere, im Schnitt 275 kg Schlachtgewicht, und das mit 100 Tagen Alpung der ganzen Herde und komplett ohne Mais oder Kraftfutter.

Ich glaube, diese Zahlen zeigen, dass bei gutem Management noch einiges drin liegt, auch ohne Stallhaltung. Es ist gibt nur einen Nachteil in der ganzen Übung, das ist die Kastration. Schweres Rindfleisch, das heisst mit männlichen Tieren bis 550 kg Lebendgewicht, geht nicht ohne Kastration auf der Weide. Das wäre zu gefährlich in der kleinräumigen Schweiz. Mit der Kastration gewinnen wir auf der Weide Sicherheit, man kann die Tiere gut alpen, und das Wichtigste: Die Fleischqualität ist deutlich besser als die von Muni. Man verliert ein bisschen an Tageszuwachs, aber das hebt die Vorteile bei Weitem nicht auf.

Ich hoffe nun gezeigt zu haben, dass die Weidemast funktioniert. Leider wird das Ganze an den Schulen und Unis noch nicht gelehrt. Da lernt man immer noch die Intensivmast, obwohl diese langsam in Verruf kommt. Klima, Feed no Food, Raufutter sind gute Argumente für die Weidemast.

Eric Meili, FiBL

Hornlos, aber dafür freier? (Nr. 8/10)

Kühe werden immer mehr in Laufställen gehalten und nicht mehr im Stall angebunden. Es wird argumentiert, dass die Hörner der Kühe untereinander und auch für den Menschen eine Gefahr seien. Das Enthornen sei deshalb notwendig.
Die Mehrheit der Kühe hat heute keine Hörner mehr. Bereits den Kälbern wird im Ansatz die Möglichkeit Hörner zu entwickeln weggeätzt.

Sicherheit ist ein schlagendes Argument und kaum jemand wird dem etwas entgegenhalten. Dieses Argument wird oft benutzt, um das Enthornen zu rechtfertigen. Der eigentliche Grund, warum enthornt wird, sind vor allem die aus wirtschaftlichen Gründen zu klein bemessenen Fressplätze und die zu kleinen «Minimal»-Laufställe.

Das Gesetz schreibt eine Fressplatzbreite zwischen 65 und 78 cm vor. Für eine behornte Kuh ist das zu schmal. Sie hat Mühe, sich in solch einen Fressplatz hineinzubegeben, und muss oftmals sich in die allgemein üblichen Selbstfanggitter mit einem Horn zuerst einfädeln und dann mit dem zweiten Horn nachziehen. Problematisch ist das vor allem in Stresssituationen, beispielsweise wenn sie von einer anderen Kuh von hinten aggressiv bedrängt wird und sie sich schnell vom Fressplatz zurückziehen muss. Sie zieht sich reflexartig zurück, bleibt mit den Hörnern im Gitter hängen und wird so zum hilflosen Opfer. Ein Laufstall für behornte Tiere muss viel breitere Fressplätze haben und allgemein ein grosszügigeren Platzangebot. Insbesondere müssen genügend breite Ausweichgänge vorhanden sein. Solch ein Stall kostet entsprechend dem grösseren Bauvolumen auch viel mehr Geld. Das ist eine Tatsache, die berücksichtigt werden muss. Diese Minimal-Stallsysteme, welche ein Enthornen notwendig machen, wurden von Experten entwickelt und durch das Tierschutzgesetz abgesegnet … Über die Direktzahlungen und die landwirtschaftliche Beratung werden diese Ställe gefördert. Es darf darum nicht verwundern, dass es heute so viele dieser Laufställe gibt.

Auch wenn der Bauer es lieber anders hätte, so ist er diesen finanziellen Zwängen unterworfen. Gute Verhältnisse in Laufställen kosten sehr viel Geld. Wer soll das bezahlen in einer Landwirtschaft, die sich nicht mehr alleine nur aus der Landwirtschaft rekapitalisieren kann? In der Schweiz sind das laut Statistik bereits 70–80 Prozent der Betriebe. Auch die Direktzahlungen machen das nicht wett. Das heisst 70–80 Prozent der Betriebe müssen sonst wie noch Geld beschaffen, um die Betriebe zu finanzieren. Sei es durch Nebenverdienst der Frau, des Bauern oder sogar mit Hilfe der AHV der Eltern, die auch auf dem Betrieb leben. Das geht schon weit in den Bereich der Selbstausbeutung. Öffentlich wird die Landwirtschaft an den Maschinen und den grossen neuen Ställen gemessen, die wegen neuen Gesetzgebungen und der Strukturbereinigung gebaut werden müssen. Ein trügerisches Bild des Wohlstandes für den äusseren Betrachter. Tatsächlich aber ein falsches Bild, angesichts der hohen Verschuldung und der dazu notwendigen Selbstausbeutung. Wie könnte man diesen Missstand ändern? Etwa durch ein Gütesigel «natürlich belassene behornte Tiere» mit – entsprechend den viel höheren Baukosten – höheren Preisen für Milch und Fleisch? Ist der Konsument bereit, durch konsequentes Kaufen von solchen Produkten seine Mitverantwortung für das Wohl der Tiere wahrzunehmen? Für das Tierwohl ist die ganze Gesellschaft mitverantwortlich, und das hat seinen Preis. Man sollte die Tiere nicht den Gebäuden anpassen, wie beispielsweise durch Enthornen, um Kosten zu sparen, sondern die Gebäude den Tieren.

Georges Stoffel, Biobauer, Campsut-Cröt GR 

Wenn Menschenschutz auch Tierschutz ist (Nr. 8/10)

Tiertransporteure und Schlachthofmitarbeiter arbeiten oft schwer, zu minimalen Löhnen und zu Zeiten, an denen wir schon den Feierabend geniessen oder noch in den Federn liegen. Nun wird bei ihnen die Schraube weiter angezogen. Um im Schlachtprozess noch mehr Geld herauszupressen, werden neuerdings wochenweise polnische Akkordmetzgerteams eingeflogen.

Ein anderer Schlachthof, der zwei grosse, preisbewusste Detaillisten beliefert, spart derart beim Personal, dass 12 und 14 Arbeitsstunden vorkommen und auch Vorgesetzte am Schlachtband Hand anlegen müssen. Dank der Tatsache, dass Camions bis 3,5 Tonnen keinen Fahrtenschreiber besitzen, können Firmenchefs noch «flexibler» mit den Mitarbeitern umgehen und sich um Ruhezeiten foutieren. So nahm ein junger Chauffeur an einer zweitägigen Weiterbildung teil, die von 8.00–17.00 Uhr dauerte. In der Nacht dazwischen musste er Tiere zusammenführen und am Morgen in den Schlachthof fahren!

Eine derartige Ausnützung von Menschen ist unseres Landes und seiner Unternehmer unwürdig. Als Tierschützer graut einem vor der Vorstellung, wie sich derart skandalöse Arbeitsbedingungen auf das Tierwohl auswirken. Der gesetzlich geforderte schonende Umgang mit Schlachttieren ist so jedenfalls nicht zu gewährleisten.

Die Branche muss solche Fehlentwicklungen sofort stoppen. Von der Landwirtschaft erwarte ich, dass sie reagiert, wie jener Bauer, der einen Berner Viehhändler, welcher die Tiere brutal verladen hat, auf seine persönliche schwarze Liste gesetzt hat. Gut so, denn wenn ein Transporteur bereits Tiere schlägt und tritt, Schwänze quetscht und herumflucht, wenn der Bauer dabei ist – wie wird er erst wüten, wenn er mit den Tieren alleine ist?

Dr. Hansuli Huber, Geschäftsführer Schweizer Tierschutz STS, Basel

Antibiotikaverzicht ist sinnvoll und möglich (Nr. 8/10)

Zum Artikel «Verringern, verbieten? Die Antibiotikafrage» von Kathrin Seidel und Markus Bär, bioaktuell 7, September 2010

Wir sind klar der Meinung, dass im Biolandbau auf Antibiotika verzichtet werden soll und auch kann.

Seit einigen Jahren setzen wir bei unsern gut 30 Kühen bewusst keine Antibiotika mehr ein. Damit dies möglich wurde, brauchte es ein Umdenken und den Willen, die Eigenverantwortung für die Tiere selbst zu übernehmen.

Die Überzeugung, dass man mit alternativen Heilmethoden ebenso viel heilen kann, funktioniert. Unsere Kühe sind uns dankbar, indem sie seither weniger krankheitsanfällig sind.

Pia und Karl Stadler, Weingarten TG

Kritische Fragen eines Biobauern… (Nr. 7/10)

Die rund 6000 Biobäuerinnen und -bauern haben ein Recht auf offene Information, wenn es um derart wichtige Dinge geht wie bei der Geschäftsleitung. Herr Flückiger wurde gewählt und nun trennt er sich schon nach wenigen Monaten von Bio Suisse, angeblich wegen unterschiedlichen strategischen Auffassungen. Weil wir alle Mitglieder von Bio Suisse sind und auch Beiträge bezahlen, habe ich folgende Fragen:

  1. Was für unterschiedliche strategische Ausrichtungen wurden diskutiert, die eine Trennung vom Geschäftsführer Flückiger zur Folge hatten?
  2. Wie viel Lohn oder Abgangsentschädigung bekommt Herr Flückiger nach der Trennung?
  3. Wie viel zahlt Coop insgesamt an Bio Suisse und ans FiBL?
  4. Wurden andere Grossverteiler auch um Beiträge angegangen?
  5. Wäre es vielleicht sinnvoller, die neue Person für die Geschäftsleitung von ein paar Bioäuerinnen und -bauern zu testen, anstatt durch ein Assessment- Center?

Ich bitte Sie, diese Fragen von allgemeinem Interesse im nächsten bioaktuell zu beantworten. Strategische Ausrichtungen sind nie in Beton gegossen und es ist interessant für die Basis, auch über die verschiedenen Varianten zu diskutieren. Alle haben ein Recht dazu, mit Geheimniskrämerei unter ein paar wenigen Personen kommen wir nicht weiter.

Lorenz Kunz, Diemtigen BE

…und die Stellungnahme von Bio Suisse

Zu den Punkten 1. und 2. Stefan Flückiger und Bio Suisse haben sich in gegenseitigem Einvernehmen getrennt. In der betreffenden Medienmitteilung wurden unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung und deren Umsetzung als Trennungsgrund angeführt. Bezüglich weiterer Angaben haben beide Seiten Stillschweigen vereinbart. An diese Vereinbarung ist Bio Suisse gebunden und kann deshalb zum Abgang von Stefan Flückiger keine weiteren Auskünfte geben.

Zu Punkt 5. Es sind Biobauern und Biobäuerinnen, welche den neuen Geschäftsführer oder die neue Geschäftsführerin aussuchen: Mitglieder des Bio Suisse Vorstands führen die Bewerbungsgespräche, und der Vorstand fällt den Personalentscheid. Er berücksichtigt dabei das Resultat eines extern durchgeführten Assessments – als zusätzliche Aussensicht.

Zu den Punkten 3. und 4. Die Marke Knospe gehört den Biobauern und Biobäuerinnen von Bio Suisse. Sie steht für Bioprodukte erster Güte und hat einen ausgezeichneten Ruf. Deshalb verlangt Bio Suisse zu Recht für die Nutzung der Knospe Lizenz- und Markengebühren. Mit diesem Geld nimmt Bio Suisse ihre verschiedensten Aufgaben war, wie Absatzförderung, Qualitätssicherung, Marketing, Marktkoordination, Unterstützung der Forschung und Politik im Interesse der Knospe und ihrer Bauern und Bäuerinnen. Bio Suisse hat im Jahr 2009 Lizenzgebühren im Umfang von 6,6 Mio. Franken eingenommen. Nebst Coop als bedeutendstem Händler mit Knospe-Produkten stammen diese Lizenzeinnahmen von zahlreichen weiteren Lizenznehmern.

Gerne sei hier zur Frage der Diskussion in der Basis bezüglich strategischer Ausrichtung in Erinnerung gerufen, dass die Bio Suisse Delegierten im Jahr 2009 das neue Leitbild verabschiedet haben, welches sie zuvor in mehreren Variantenabstimmungen gestaltet hatten. Das Leitbild ist eine wichtige strategische Vorgabe. Weiter bestimmen die Delegierten laufend die Bio Suisse Strategie anhand der Diskussionen über Budget, Jahresrechnung und Jahresberichte.

Regina Fuhrer, Präsidentin Bio Suisse

Kritische Gedanken über Bio Suisse (Nr. 7/10)

Pioniere und verschiedene Organisationen raufen sich 1981 zur VSBLO zusammen und gründen die Knospe. Sie hatte das Ziel, den Absatz für Schweizer Bio zu steigern und sich dafür einzusetzen.

Bald einmal wurde der Name auf Bio Suisse geändert und die Knospe wurde als Marke geschützt. Neues Ziel von Bio Suisse: Umsatz steigern, mehr produzieren. Coop kam dazu und integrierte die Bio Suisse Knospe in den Naturaplan. Coop hat inzwischen ein grosses Knospe- Sortiment, der grössere Teil davon stammt aber aus dem Ausland. Mit Hilfe des Schweizerfähnchens kann man neu die Schweizer Produkte erkennen. Übrigens, die Logos mit Schweizerfähnchen waren schon in den Regalen von Coop zu sehen, bevor die Delegiertenversammlung dies bewilligt hatte. Als Coop vor 10 Jahren die Bioweidebeef- Linie aufzog, klappte dies nicht, heute probiert es die Migros. Weil die Migros aber zu wenig Biobauern fand, die gewillt sind mitzumachen, nimmt sie einfach IP-Weidebeef dazu, obwohl die Kampagne im Windschatten von Bio betrieben wird.

Auch fragte die Migros 2009 die Fidelio an, ob sie ihnen alle benötigten Knospe- Kälber liefern könne, und am Anfang des laufenden Jahres stellte die Migros den Ankauf von Knospe-Kälbern ein! Aldi, Spar und Lidl verkaufen Bundesbio und Knospe-Bio ohne Knospe. Weil die Bio Suisse Delegierten 2009 ein Kartell gegen Discounter verhängten, dürfen sie die Knospe nicht im Laden sichtbar haben. Die Migros macht nun vermutlich das, was Bio Suisse verhindern wollte, nämlich die Biopreise senken. Trotzdem haben Knospe-Produkte letztes Jahr 1,54 Milliarden Umsatz gemacht. Und die 1,8 Millionen Gewinnüberschuss werden zum Verteilungsproblem. Vermutlich wird der Bund seine Bio-Unterstützungs-Million bald anders verteilen: an die 5 Prozent Bauern, die noch Werte gegenüber den Kühen haben und deren Hörner noch wachsen lassen. (Mein Vorschlag: 1 Franken pro Tag und Kuh = jährlich 365 Franken pro Kuh zusätzlich für den Respekt gegenüber dem Tier.)

Bio Suisse ist nun 29-jährig und startet eine Offensive, um mehr Bauern zu gewinnen, Ende 2009 waren es noch 5499 Betriebe. Neu soll jetzt offenbar die bewirtschaftete Fläche in den Vordergrund treten, weniger das eigentliche Produkt. Die ethischen Werte werden bewusst zurückgedrängt und die Energiebilanz ist schon gar kein Thema bei der Knospe. Schon im April 2002 wurde zum Beispiel die UHT-Milch bewilligt, am 14. April 2010 wurde das Biomilchpulver erlaubt, damit mehr gemolken werden kann, obwohl viel Milch und Fleisch in die konventionellen Kanäle fliessen. Oder die Biomarktpreise werden mit mutwilligen Abzügen dementsprechend gesenkt. Das ist offensichtlich 821 Bauern seit 2004 zu viel geworden und sie haben sich von Bio Suisse abgewendet. 46 Bauern allein 2009 im Kanton Bern.

Wie lange bleibt der Name Bio Suisse wohl noch bestehen, mit immer weniger Schweizer Knospe-Bauern – jenen, die Bio Suisse im Regen des Marktes alleine lässt!

Armin Capaul, Perrefitte BE 

Dieser Text ist das Manuskript einer Rede, die Armin Capaul als Verwaltungsratspräsident am 4. Juni an der Generalversammlung der Fidelio Biofreiland AG hielt.

Vision Landwirtschaft fordert keinen Kahlschlag (Nr. 6/10)

Zum Artikel «Weissbuch: Biorevolution oder Direktzahlungskahlschlag» von Karin Iseli-Trösch, bioaktuell 4, Mai 2010

Für den Artikel zum Buch bedanken wir uns. Allerdings entstand aufgrund des Titels und eines Kästchens der irreführende Eindruck, Vision Landwirtschaft würde einen Kahlschlag der Direktzahlungen fordern und sei gar der Meinung, im Mittelland brauche es keine Direktzahlungen. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Vision Landwirtschaft zeigt im «Weissbuch Landwirtschaft Schweiz» – an welchem übrigens auch Autoren des FiBL mitgewirkt haben – wie wichtig die Direktzahlungen sind, dass sie aber gegenwärtig zu wenig effektiv eingesetzt werden.

Dieser Meinung war im Übrigen auch das Parlament, welches den Bundesrat beauftragt hat, die Effizienz des Direktzahlungssystems zu überprüfen. Der Bericht des Bundesrates über die Weiterentwicklung der Direktzahlungen (WDZ) ist vor einem Jahr erschienen. Darin sind aber noch keine Aussagen über die Mittelverteilung und die konkreten Leistungsanforderungen für die einzelnen Zielbereiche enthalten. Demgegenüber gibt unser Weissbuch konkrete inhaltliche Vorschläge für die Beitragskategorien und für die Beitragshöhen. Das Parlament hat nun den Bundesrat beauftragt, die WDZ zu konkretisieren. Erst wenn die Resultate vorliegen, wird sich zeigen, wo die Differenzen zwischen den beiden Direktzahlungsmodellen liegen. Es verdichten sich aber die Anzeichen, dass man das Direktzahlungssystem vor allem begrifflich umgestalten will, aber keine Umlagerung von den Pauschalzahlungen (allgemeine DZ) zu tatsächlich leistungsorientierten Direktzahlungen vollziehen will. Genau das aber wäre aus unserer Sicht der Kernpunkt der Weiterentwicklung der Direktzahlungen. Wir möchten klar festhalten, dass wir unter Leistungen nicht nur ökologische Leistungen verstehen. In unserem Buch wird die Ökologie nicht mehr gewichtet als andere Zielbereiche, zum Beispiel die Ökonomie, auch wenn das in der landwirtschaftlichen Presse so dargestellt wurde. Wir behandeln alle Zielbereiche in ausgewogener Weise. Der Teil Ökonomie nimmt bei der Analyse beispielsweise 25 Seiten in Anspruch und auch bei der Modellierung wurde der Ökonomie, insbesondere dem Einkommensaspekt, hohes Gewicht beigemessen. Aus verschiedenen Gründen haben wir uns entschieden, den Fokus unseres Buches auf die Direktzahlungen zu legen und den Marktbereich (WTO, Freihandelsabkommen mit EU) nur zu streifen.

Es ist uns ein Anliegen zu zeigen, dass ein Direktzahlungssystem, das konkrete gemeinwirtschaftliche Leistungen honoriert, einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung der Einkommen leistet. Die in den Modellierungskapiteln dargestellten Resultate zeigen, dass bei unserem Vorschlag die Direktzahlungen deutlich ein kommenswirksamer eingesetzt werden als beim jetzigen System. Wir gehen davon aus, dass dies die Bauern interessiert. Natürlich kann man sich auch fragen, warum wir keine Zielsetzung beim Einkommen pro Betrieb fordern. Aber für welchen Typ von Betrieb sollte man denn diese Einkommensgarantie abgeben? Für einen kleinen, einen grossen, einen mit Melkroboter oder einen, der noch von Hand melkt? Es kann heute nicht mehr Aufgabe des Staates sein, der Landwirtschaft (oder einer anderen Branche) ein bestimmtes Einkommen zu garantieren. In unserem System wären diejenigen Betriebe die Gewinner, welche es verstehen, in Synergie mit der Produktion möglichst viele der von der Gesellschaft gewünschten gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu erbringen. Dies ist für jede Betriebsform möglich. Voraussetzung aber ist, dass sich die Landwirte und Landwirtinnen vertieft mit den nachgefragten Leistungen auseinandersetzen. Hier braucht es ein Umdenken. Verlieren würden diejenigen, die auf eine sehr intensive, stark importbasierte Produktion setzen.

Markus Jenny und Andreas Bosshard, Verein Vision Landwirtschaft

Übertreibungen im «Blick»-Stil (Nr. 6/10)

Zur Medienmitteilung «Glückliche Schweine schaden der Umwelt» der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz- Tänikon vom 3. Juni 2010

Mit ihrer einseitig auf Ammoniak- Probleme fixierten Wissenschaftler- Froschperspektive hat die dem BLW holz-Tänikon nicht nur den Schweizer Bauern, sondern auch der von Bundesrätin Leuthard propagierten Qualitätsstrategie einen Rückenschuss verpasst. «Glückliche Schweine schaden der Umwelt», behauptet die Forschungsanstalt in einer Pressemitteilung.

Man reibt sich verwundert die Augen: Die ganze Bio- und IP-Bewegung ein Schwindel, sind die ökologisch korrekten Haltungsformen nun Vollspaltenböden und Käfigbatterien? Im «Blick»-Stil wird einmal mehr das bekannte Ammoniak- Horrorszenario breitgetreten, mit Übertreibungen, Halbwahrheiten und Mutmassungen.

Dank Reckenholz wissen wir jetzt endlich, dass die Sturmschäden im Wald nicht den orkanartigen, mit Riesenkräften angreifenden Winden zu verdanken sind – früher nannte man das Naturgewalten – sondern dem bösen Ammoniak, das sich aus den Kotfladen der glücklichen Schweine und Kühe davonstiehlt und die Baumwurzeln infiltriert.

Die Öffentlichkeit wird angeschwindelt: Die Tierzahl zu reduzieren sei nicht realistisch, da die Welt immer mehr Fleisch essen wolle. So als ob die Welternährung von der Schweiz abhinge und unser Land ein Fleischexporteur und «Fleisch-Gewinnler» à la Dänemark oder Niederlande wäre, die doppelt so viel Schweine produzieren wie der Heimmarkt abnimmt, während die Schweiz kaum drei Viertel des Inlandbedarfes selber erzeugt.

In der Tat hat sich in den letzten dreissig Jahren weltweit die Fleischproduktion verdoppelt, die Pouletmast verfünffacht. In der Schweiz hingegen gingen sowohl der Fleischkonsum als auch die Gesamtzahl GVE markant zurück. Salopp gesagt: Überall in der Welt steigt die Massentierhaltung an und hier sinkt sie. Ein schweizweites Ammoniakproblem herbeizureden und hier Unsummen in Forschung und Vermeidung auf Kosten der Bauern und des Tierwohles zu investieren, ist barer Unsinn, schädigt unsere Nahrungsmittelerzeugung und nützt nur den Massentierhaltern im Ausland, die sich im Gegensatz zu den Schweizer Bauern einen Deut um die Umwelt und das Tierwohl kümmern. Dies umso mehr, als die Bauern mit dem Schleppschlauchverfahren längst einen wirksamen Beitrag leisten.

Wenn schon gälte es, den Kantonen, welche die Tierhaltung seit 2000 massiv ausgedehnt haben – etwa Luzern – endlich einen Riegel zu schieben. Hier wird nämlich viermal so viel Schweinegülle pro Fläche erzeugt und ausgebracht wie im Schweizer Durchschnitt. Das Gros der Kantone hat aber weniger als 1 GVE/ha. Hier ist und bleibt der Hofdünger mit seinen Stickstoffbestandteilen, was er immer war: ein wertvoller und sinnvoller Teil einer naturnahen Landwirtschaft. Deshalb: Wenn Tierbesatz auf die Fläche abgestimmt ist, sind Ökologie und artgerechte Haltungsformen keine Gegensätze!

Dr. Hansuli Huber, Geschäftsführer Schweizer Tierschutz STS

Wir müssen die nichtbäuerliche Mehrheit überzeugen (Nr. 5/10)

Zur «Möschberg-Erklärung», bioaktuell 3, April 2010

Die Möschberg-Erklärung, so wie sie am 1. März 2010 veröffentlicht wurde, kann ich nach ihrem ganzen Wortlaut unterstützen.

Doch ich frage mich, ist die praktische Umsetzung dieser Ideen realistisch? In Punkt 4 heisst es: «Weltweit ist die kleinräumige bäuerliche Landwirtschaft ein unverzichtbares Landschaftselement. »Leider ist auch in unserem Land, sogar in Bergregionen, viel davon zerstört worden!

Punkt 5: Die heute dominierende Landwirtschaft sei «in Strukturen gefangen, die der Biodiversität schaden und soziale Ungerechtigkeit verursachen». (Auch die Biolandwirtschaft ist in den von oben diktierten Strukturen gefangen). An dieser Misere schuld sind in erster Linie unsere Behörden, die Politik, das landwirtschaftliche Bildungswesen und nicht zuletzt die grossen Verarbeitungsbetriebe und die Grossverteiler. Wenn wir so weiterfahren, steuern wir nach meiner Meinung bald auf eine Katastrophe zu: Energiekrise (die heute dominierende Landwirtschaft ist sehr vom Erdöl und Strom abhängig).
Betreffend die wachstumsorientierte Denkweise auch im Biolandbau und deren Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit bringe ich ein Beispiel aus unserer näheren Umgebung: Der Betrieb wurde bis etwa 1990 konventionell bewirtschaftet. Aber es war eine ökologisch nachhaltige Bewirtschaftung. Grasland mit Viehwirtschaft, Bergzone 3, ca. 930 m ü.M. mit leichter bis starker Hangneigung. Kunstdünger wurde kaum oder selten eingesetzt. Der Mechanisierungsgrad war noch den Verhältnissen angepasst (ein Motormäher, später ein Kreisler und ein Ladewagen). Im Mai wurde ein Teil des Heimwesens abgeweidet. Die Heuernte dauerte um Mitte Juni auf dem hofnahen Land bei beständigem Wetter etwa 1 Woche, bei dem weiter entfernten Land nochmals rund 1–2 Wochen. In ähnlicher Weise verlief die Emdernte (zweiter Schnitt) ca. ab Ende Juli bis in den August. Dritter Schnitt wurde nur wenig gemacht, als dritte Nutzung wurde hauptsächlich geweidet, nach der Alpentladung gegen Ende September bis zur Winterfütterung ab Anfang November. Das Heu in den weiter entfernten Landstücken wurde bei den dort vorhandenen Ställen ausgefüttert. So gab es auch keine weiten Transportwege für das Heu oder den Mist. Jeden Frühling und Sommer freuten wir uns über die Artenvielfalt an Blumen, Kräutern und Gräsern auf diesen Wiesen. Seit bald 20 Jahren wird dieser Betrieb von einem wachstumorientierten Biobauern bewirtschaftet, dieser bewirtschaftet statt wie sein Vorgänger ca. 6 ha zwischen 20 und 30 ha. Statt wie sein Vorgänger einige Wochen braucht er mit seinem schlagkräftigen Maschinenpark für die Heuernte der gleichen Fläche (oder Silieren) 1–2 Tage. Statt 2 Schnitte und Weiden macht er 3–4 Schnitte und Weiden. Und nach jedem Schnitt wird Gülle ausgebracht. Wir beobachten aber, dass die Artenvielfalt auf diesen Wiesen in weniger als 20 Jahren sehr abgenommen hat. In höheren Lagen so ab etwa 1200– 1800 m, wo die erlaubten Schnittzeitpunkte später angesetzt sind, sieht es noch etwas besser aus, aber auch dort leiden die Wiesen unter der häufigen Befahrung mit den schweren Maschinen. Dies ist nur ein Beispiel, man könnte Hunderte oder Tausende von ähnlichen Beispielen anführen.

Zu unserem Betrieb: Liegt auf 920 m ü.M., ca. 3,1 ha Wiese und Garten und ca. 2 ha Wald, Sonnenseite, zum grössten Teil Hanglage. Meine Frau und ich haben nach unserer Heirat 1965 auf diesem Betrieb, den meine Grosseltern und Eltern schon bewirtschafteten, gelebt und gearbeitet und 5 Kinder grossgezogen. Wir konnten 5 Grossvieheinheiten halten und der Garten trug viel zur Selbstversorgung bei.
Mit Überzeugung bewirtschafteten wir unser Land organisch-biologisch, jedoch ohne einer Organisation angeschlossen zu sein. Seit 1995 ist unser Betrieb ein Bio-Knospe-Betrieb. Ein Jahr zuvor hatte unser jüngster Sohn Christian die Gärtnerlehre abgeschlossen. Er entschied sich, auf dem elterlichen Betrieb eine kleine Gärtnerei aufzubauen. Mit Hilfe von uns Eltern, einem Bruder und von Männern aus einer Drogen-Rehabilitation, welche unter Aufsicht bei uns arbeiteten, haben wir mit viel Handarbeit einen schönen Garten hergerichtet, welcher im Lauf der Jahre noch vergrössert wurde. Im Jahre 1999 haben wir den Betrieb unserem Gärtner übergeben. Allein mit Viehwirtschaft könnte ein Jungbauer auf nur gut 3 Hektaren nicht leben. Mit dieser inneren Aufstockung ist es möglich, ein bescheidenes Auskommen zu erwirtschaften. Nebst dem Garten hat er zur Bewirtschaftung der Wiesen 2 Mutterkühe und 8 Ziegen. Die Mechanisierung ist für heutige Verhältnisse bescheiden: ein Transporter ohne Ladewagen, ein Bergmistzetter, ein kleiner Motormäher und eine Bodenfräse für den Garten. Das Gemüse, die Beeren und etwas Obst verkauft er über den Sommer am Wochenmarkt in Klosters und an ein Tagungscenter oberhalb von Schiers. (Für die Transporte braucht er allerdings noch einen kleinen Bus. Dieser ist aber auch unser Familienauto und wir sind in den vergangenen 12 Jahren gerade 90’000 km gefahren.)

Noch etwas sollte unbedingt zum Thema gemacht werden: Die Grenze, ab der ein Betrieb noch als landwirtschaftliches Gewerbe eingestuft wird, wurde kürzlich auf 0,75 Standardarbeitskräfte erhöht (vorher war es 0,5). Damit gelten einige Hundert landw. Betriebe in der Schweiz nicht mehr als landw. Gewerbe. Zu diesen Hunderten zählt auch unser Betrieb. Die Realität sieht bei uns so aus: Im Sommerhalbjahr sind bei uns 3 volle Arbeitskräfte beschäftigt. Der jüngste Sohn als Betriebsleiter und sein Bruder, der auch zu einem bescheidenen Lohn über den Sommer mithilft, und wir Eltern zusammen auch eine Arbeitskraft, ohne Lohn, als Entschädigung haben wir Wohnrecht. Im Moment spielt dies noch keine Rolle. Doch wenn es einmal um einen Stallneubau oder später um eine Betriebsübergabe ginge, würde dies wohl eine Rolle spielen. Wenn dies mit den 0,75 Standardarbeitskräften der Realität entsprechen würde, wäre es noch akzeptabel. Wie es bei uns nicht der Realität entspricht, wird es auch bei vielen anderen nicht der Realität entsprechen. Um gerecht einzustufen, müsste jeder Betrieb vor Ort begutachtet werden (ich denke an sogenannte Hofkataster), wie es meines Wissens zum Beispiel in Österreich praktiziert wird.

Auf der anderen Seite haben wir die Grossbetriebe, die mit der modernsten Technik mit 1–2 Standardarbeitskräften die Arbeit erledigen und, um alles bezahlen zu können, zu gewissen Zeiten noch auswärts arbeiten müssen, und dies offenbar auch können.

Zum Schluss möchte ich einen Punkt der Möschberg-Erklärung wiederholen und unterstreichen: «Es ist dringend nötig, dass die grosse nichtbäuerliche Mehrheit der Gesellschaft die buchstäblich vitale Bedeutung der Landwirtschaft wieder erkennen und schätzen lernt. Nur gemeinsam können wir aus der Falle der Energie verschleissenden Nahrungsproduktionen und gleichzeitigen Naturzerstörung herausfinden.» Suchen wir darum Wege, diese Gedanken einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen.

Christian Sutter-Reiner, Pusserein GR

Für einen modernen Biolandbau (Nr. 5/10)

Zur Broschüre «Die Wurzeln des organisch- biologischen Landbaus» und zum Interview mit Wendy Peter und Markus Lanfranchi, bioaktuell 4, Mai 2010

Die Arbeit der Biolandbaupioniere in Ehren, aber ihre Schriften bedürfen der Ergänzung!

So hat sich der Rusch-Bodentest als unbrauchbar erwiesen und die Güllebelüftung ist eine Herausforderung, der nur wenige Praktiker gewachsen sind. Zur Zeit der Pioniere waren Bedürfnisse der Tiere kein Thema und schon gar nicht die Anwendung heute weitverbreiteter Techniken wie Embryotransfer, Verfütterung von Getreide an Wiederkäuer oder die Haltung von Hühnern in grösseren Herden.
Wer heute die Umstellberatung als Direktzahlungsoptimierungsinstrument darstellt, liegt falsch und verunglimpft damit sowohl Beratung als auch am Biolandbau interessierte Bauernfamilien. Und wer empfiehlt, diese Beratung durch eine völlig ungeeignete, weil veraltete und fehlerhafte Schrift zu ersetzen, wird kaum dazu beitragen, die Glaubwürdigkeit des Biolandbaus zu erhöhen. Der Biolandbau hat sich zweifellos in den letzten Jahrzehnten an fragwürdige gesellschaftliche Entwicklungen angepasst. Die Abhängigkeit von billigem Erdöl, von Konsumentinnen und Konsumenten, welche immer weniger für immer exotischere Produkte auszugeben bereit sind, und der zunehmende Einfluss industrialisierter Prozesse haben zu einem Werteverlust geführt. Dieses Vakuum gilt es anzugehen. Dazu können Gedanken aus vergangenen Zeiten anregen, durchaus auch eine Grundlage bilden, sie sollen aber neuere Erkenntnisse berücksichtigen mithelfen, den Biolandbau porträtieren was er ist: eine Landwirtschaftsform in Entwicklung, in vielgestaltiger Ausprägung, und eine ständige Herausforderung, die Ökosysteme standortgerecht zu bewirtschaften und nachhaltig produktiver zu machen.

Robert Obrist, FiBL

Bio verpulvert Milch, Geld und Glaubwürdigkeit (Nr. 5/10)

Zum Entscheid der Bio Suisse Delegiertenversammlung für die Aufhebung des Milchpulverfütterungsverbots, bioaktuell 4, Mai 2010

An der Delegiertenversammlung vom 14. April wurde das Milchpulverfütterungsverbot in der schweizerischen Knospe-Tierhaltung aufgehoben. Vom Vorstand wurde die Empfehlung auf Aufhebung des Verbots mit Hinweis auf bessere Fleischqualität bei Kalbfleisch durch Einsatz von Pulvermilch (Milch alleine soll nicht genug sein?!) und Einsatz von Schweizer Milchpulver in der Geflügel- und Schweinewirtschaft beziehungsweise Erhaltung von Eiweissträgern, welche in der Schweiz produziert werden, herausgegeben. Nun stellen sich für mich folgende Fragen:

  • Wie schweizerisch ist dieses Milchpulver wirklich? Seien wir ehrlich, die verpulverte Milch ist doch genau diejenige, welche mit ausländischen Futtermitteln produziert wird: Sojaproteine aus biologisch kontrollierten Monokulturen in Südamerika, Maiskleber aus Megaproduktion, natürlich stets in Knospe-Qualität, in China, Getreide aus Kanada und andere Produkte aus aller Welt, welche ihren biologischen Mehrwert durch Transport, Produktionsform und ethische Bedenken verlieren.
  • Wie fair ist ein solcher Entscheid (fairer Handel im Biolandbau wurde an derselben Delegiertenversammlung beschlossen) gegenüber unseren Kunden, welche mit Slogans wie «Bio ohne Kompromisse» zum Konsum unserer Bioprodukte ermuntert werden?
  • Wie wird sich der Einsatz von Milchpulver langfristig auf Hühner auswirken? Vögel sind ja nicht eigentliche Milchtrinker … und artfremdes Futter hat bei Tieren noch immer zu ungeplanten Reaktionen geführt!
  • Welches Ökonomie- und Naturverständnis haben die Biobauern, welche mit Ackerfrüchten erst Milch produzieren wollen, dann diese Milch mit enormem (fossilem?) Energieaufwand pulverisieren, um mit diesem Pulver dann biologisches Schweinefleisch herzustellen?

Mit diesem Entscheid fördern wir ferner weiterhin die Überproduktion von Kuhmilch, welche Hauptgrund ist für die heute bereits katastrophalen und weiter sinkenden Milchpreise, und senden ein völlig unverständliches Signal an unsere Kunden! Von wegen «Bio ohne Wenn und Aber», «Helden der Natur» usw. Die Biosennerei in Andeer zum Beispiel hat den Käse-Weltmeistertitel erhalten, weil sie Käse aus Gras- und Heumilch herstellen, welche von vorzugsweise behornten Kühen stammt. Das sind nachzuahmende Beispiele! So wie wir als Bio Suisse uns gegenwärtig entwickeln, müssten wir den Begriff Bio konsequenterweise neu definieren. Dem vor Kurzem erarbeiteten Bio Suisse Leitbild stehen solche Entscheide jedenfalls diametral gegenüber!

Markus Lanfranchi, Verdabbio GR, Präsident Bioforum Schweiz

Möschberg-Erklärung: SUPER! (Nr. 4/10)

Zur «Möschberg-Erklärung», bioaktuell 3, April 2010

Möschberg, ich bin stolz auf Dich, bin ja auch am Fuss des Möschbergs aufgewachsen.

Seit dem Absolvieren der Landwirtschaftlichen Lehre in den Jahren 1982– 84 habe ich mich sehr gerne über Biolandwirtschaft unterhalten. Damals schon, in einer Zeit mit wenig Sensibilität für Bio, hielt ich mit Begeisterung vor meinen Berufsschulkollegen einen Vortrag über Biolandwirtschaft und deren Vorzüge. Unterdessen bin ich seit 1997 Biobauer auf einem kleinen Bergbiobetrieb. Ich war aber auch immer in verschiedenen anderen Berufszweigen tätig. Nun zu meiner Meinung über die Möschberg-Erklärung: SUPER! Riesige Schritte in die richtige Richtung. Greifende weiterführende Denkanstösse und Massnahmen dürfen aber nicht auf sich warten lassen.

Ich war unter anderem auch als Milchwirtschafter tätig, darum möchte ich das Beispiel der Käsereifung als Erläuterung anwenden: Ein guter Schmierkäse, ob hart oder halbhart, muss sowohl von innen wie von aussen her optimal reifen können. Von innen beginnt der Prozess schon bei der Urproduktion und beim Herstellungsverfahren in der Käserei … sprich Möschberg-Erklärung. Aber den Reifungsprozess von aussen zu beschleunigen bedeutet Brevibacterium inens, das Zaubertierchen, das schon in kürzester Zeit bei optimalen Lagerkellerbedingungen ein wunderbare Aroma im Käse bewirkt.

  • Also … «Linens», wo seid ihr?!
  • Ist der Reifeprozess beiderseits weit genug? … Die Antwort lautet Nein! Nun eine ultimative Aufforderung an die «Aussenreifung» (wir als «Innenreifer » können dieser Aufgabe nur bedingt oder schlecht gerecht werden).
  • Tief greifende, für alle Sozialschichten plausible Rahmenbedingungen schaffen, welche die Urproduktion rasant aufwerten!
  • Wie kann es sein, dass alle Ausgaben weltweit für die Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Kleidung nur einen verschwindend kleinen Teil der gesamten Finanztransaktionen ausmachen?

Also … Ethiker, Wissenschaftler, Konsumentenorganisationen, Wirtschaftsleute, Politiker, Kulturschaffende, Geistliche, konstruktive Kritiker und Idealisten»: Helft mit beim Erstellen einer neuen Wertetabelle! Helft das Wertigkeitsbarometer für Grundnahrungsmittel und Urproduktion in allen Gesellschaftsschichten zu erhöhen. Sozio-politischwirtschaftliches Handeln, das dem Armen die Lebensgrundlage wegfrisst, muss geächtet werden.

Es wird von allen, gut oder weniger gut Gestellten, ein ausgeglicheneres Wertedenken erfordern und teils schmerzhaft sein! Aber ich bin überzeugt, dass am Ende jeder besser und gesünder leben wird. Auch die finanzielle Lage und die Lebenswerte der Biobetriebe sowie ihrer Produkte werden nichts mehr zu wünschen übriglassen! – Gott helfe uns dabei!

Hoffentlich ist mein Schreben nicht nur Käse, und tut dir, lieber Möschberg, nicht weh! Sonst jedenfalls würzige, geschmacksvolle und vollwertige Biogrüsse!

Erich Steiner, Matten BE

Aprilscherz? (Nr. 4/10)

Soeben lese ich auf der Homepage der Tierverkehrsdatenbank (TVD), dass wir auch im Jahr 2011 unsere Kälber auf BVD (Bovine Virusdiarrhö) testen müssen!

Entgegen dem Plan der superschlauen Fachleute des BVET muss die Beprobung noch ein Jahr verlängert werden, obwohl es am Anfang geheissen hat; das sei eine klare Sache und in Kürze ausgerottet. Die Erklärung dafür wird noch genau ausgearbeitet werden. Da bin ich ja gespannt. Und dies sagt man uns schon jetzt im April, um uns schonend darauf vorzubereiten. Sooo nett!

Meiner Meinung nach war es von Anfang an ein Verhältnisblödsinn, wegen weniger Tiere so eine millionenschwere Übung durchzuführen. Nun können wir einfach noch nicken dazu.

Na ja, so können die Labors und das BVET wieder ein Jahr beschäftigt werden; das ist aktive Arbeitsbeschaffung – und wer bezahlt das wohl??? (Dreimal raten.) Und die Viehzuchtverbände helfen sicher brav mit, im Namen der Tiergesundheit. Oder um so einen Viehexport zu unterstützen, der faktisch gar nicht mehr existiert, seit die Bundesgelder nicht mehr fliessen.

Letzte Woche hat Herr Wyss vom BVET auch noch seine Visionen für eine Stärkung seines Bundesamtes angedeutet. Hurra, darauf haben wir doch schon gewartet. So hat er uns Hampelmänner (exgüsi Bauern) viel besser im Griff. So was wie bei der Blauzungenimpfung will er nicht mehr erleben, als einzelne Kantone etwas zu sehr auf die Bauern gehört haben und sie bei der Impfbefreiung nicht behindert haben. Dazu wird in regionalen Veranstaltungen schon Angst gemacht vor den nächsten Krankheiten. Also mir reicht es langsam. Und euch?

Sepp Sennhauser, Rossrüti SG

Für Eigenverantwortung, gegen Impfzwang (Nr. 4/10)

Zum Leserbrief «Bitte keinen ‹«Impfgraben› ausheben» von Peter Klocke, bioaktuell 3, April 2010

Doch, Herr Klocke, ich finde es absolut bedenklich, wenn das FiBL und Bio Suisse die Schäden der Blauzungenimpfung durch ein homöopathisches Begleitkonzept betreuen.

Was jeder Bauer selbst macht, kritisiere ich nicht, das ist sein freier Entscheid. Dass aber eine biologisch orientierte Forschungsanstalt, die sich in keiner Form kritisch über die chemische Giftspritze Blauzungenimpfung äusserte, nun die «wenigen Schäden und Nebenwirkungen » , die es ihren eigenen Äusserungen nach sowieso nur in Problembeständen gibt, homöopathisch begleitet, ist für mich absolut unverständlich. Mit diesem Vorgehen geben Sie indirekt zu, dass es anscheinend doch sehr viel mehr gravierende Nebenwirkungen gegeben hat, sonst wären Sie ja nicht auf eine solche Idee gekommen. Die Zahl der vielen Nichtimpfenden, die sich begleiten lassen wollen, bestätigt es zusätzlich. Das sind bestimmt Betriebe, die die letzten zwei Jahre nur wegen des grossen Drucks der Behörden impften, denn von den Impfverweigerern der letzten Jahre ist mir niemand bekannt.

Ich wünsche vom FiBL und von Bio Suisse, dass sie die Forderungen der Basis ernst nehmen und im biologischen Sinne forschen und begleiten. Wie wäre es gewesen, wenn Sie vor Lancierung Ihres Forschungsansatzes den Dialog mit uns Bäuerinnen und Bauern gesucht hätten?

Pia Stadler, Weingarten TG

Blauzunge:Wenn verschiedene Seuchen-Bekämpfungsmassnahmen aufeinandertreffen (Nr. 3/10)

Stand der Dinge: Das BVET zieht Bilanz und muss feststellen, dass BVD (Bovine Virus-Diarrhoe) immer noch nicht ausgerottet ist. Die Gründe werden genauestens untersucht. Schuld daran sind die unerkannten Trägertiere – oder Bauern, die Kälber zu früh verstellen (Probe noch nicht ausgewertet.) Völlig ausgeblendet wird aber ein doch sehr direkter Übertragungsweg, die Impfung gegen BT (Bluetongue disease, Blauzungenkrankheit). Blicken wir zurück: Bio Aargau und Schweizer Bergheimat stellten an die Delegiertenversammlung von Bio Suisse im Frühling Jahr 2009 den Antrag, dass sich Bio Suisse für die Freiwilligkeit der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit (2010) einsetzen soll. Des Weiteren wurde eine Schaden-Nutzen-Analyse vom BVET eingefordert. Der zweite Teil des Antrages lautete: Das FiBL wird aufgefordert, Methoden zur Linderung und Heilung der Blauzungenkrankheit sowie die natürliche Immunisierung zu erforschen. Der Antrag wurde mit grossem Mehr von den Mitgliederorganisationen von Bio Suisse angenommen.

Daraufhin kam es zu einem informellen Treffen von Bio Suisse, Demeter-Verband, Schweizer Bergheimat und VKMB mit Herrn Wyss vom BVET in Bern. Dort wurden verschiedene Punkte erörtert. Unter anderem wurde die Forderung wiederholt, dass das BVET die Unbedenklichkeit bezüglich Inhaltsstoffe der Produkte von geimpften Tieren garantieren soll. Bis heute wurde nie der Nachweis erbracht, dass sich keine Spuren des Impfstoffs oder der Trägerstoffe in Fleisch und Milch befinden. (Wenn man bedenkt, dass alle Tiere in der ganzen Schweiz innerhalb weniger Tage geimpft werden.) Ausserdem wurde diskutiert, wie mit Impfschäden umzugehen sei.

Von Seiten des BVET war damals schon klar: Es gibt weder belastete Nahrungsmittel, noch gibt es relevante unerwünschte Nebenwirkungen. Ich habe damals die Frage gestellt, wie denn eine Impfkampagne zu verantworten sei, bei der in der Regel die gleiche Nadel für einen Bestand oder möglicherweise für mehrere Bestände benutzt wird, wenn im gleichen Zeitraum das BVD-Ausrottungsprogramm läuft. Das heisst konkret: Wenn ich ein unerkanntes Trägertier (BVD) in meiner Herde habe und dann die gesamte Herde geimpft wird, wird das BVD-Virus über den Bestand verschleppt. Dieselbe Gefahr gilt für alle anderen Krankheiten – wie auch zum Beispiel für IBR (Infektiöse bovine Rhinotracheitis).

Die Antwort von Herrn Wyss klang in meinen Ohren äusserst zynisch: Wir sind uns dessen bewusst, aber es ist ein kalkuliertes Risiko. Für wen ist es ein kalkulierbares Risiko? Für das BVET? Für uns Bäuerinnen und Bauern? Lassen wir uns nicht für dumm verkaufen. Ein Tierarzt, der seine Verantwortung ernst nimmt, sollte die Nadel nach jedem Tier wechseln! Das braucht mehr Zeit, braucht mehr Nadeln – verhindert aber die Verschleppung von BVD oder anderen Krankheiten.

Was ist aus dem zweiten Teil des Antrages geworden? Das FiBL hat ein Forschungsprojekt zum Thema gestartet. Es sollen u.a. geimpfte Tiere begleitet werden, um dann mit alternativen Methoden mögliche Nebenwirkungen zu verhindern. Das erstaunt den Laien doch sehr: Da soll etwas erforscht und begleitet werden, was es laut offiziellem Sprachgebrauch gar nicht gibt oder gar nicht geben darf. Dieser Forschungsansatz hat mit unserem Antrag nichts mehr gemeinsam. Wir sind gespannt auf das Ergebnis – ich wage hier eine Prognose: Dank intensiver Begleitung mit alternativen Heilmethoden konnten Tiere «gesund» erhalten werden, die ohne Impfung nicht erkrankt wären.

Ulrike Minkner, Geschäftsführerin Schweizer Bergheimat, Mont-Soleil B

Blauzunge: Bitte keinen «Impfgraben» ausheben (Nr. 3/10)

Zum Leserbrief «Das darf doch nicht wahr sein» von Pia Stadler, bioaktuell 2, März 2010

Grundsätzlich kann jede medikamentelle Behandlung Nebenwirkungen haben. Nach unseren Erfahrungen in der Begleitung einer ganzen Anzahl von Betrieben treten bei der Impfung gegen die Blauzungenkrankheit vereinzelt Symptome auf, die zumindest zeitlich mit der Impfung in Verbindung stehen. Das FiBL hat dazu nie etwas anderes gesagt. Die homöopathische Begleitung von Impfungen ist kein neues Konzept und ist nicht spezifisch für die Blauzungenimpfung entwickelt worden.

Das von Bio Suisse finanzierte Projekt berücksichtigt sowohl impfende Betriebe als auch solche, die sich von der Impfung haben befreien lassen. Letztere sind im Übrigen in der deutlichen Überzahl. Das Projekt verschwendet kein Geld, um auf Kosten der nichtimpfenden Betriebe impfwillige Bauern zu unterstützen, sondern dient dazu, ein Begleitkonzept zu entwickeln, das Landwirten in der Zeit von Seuchengefahren unterstützen soll, ob sie nun ihre Herden impfen oder nicht. Ich fände es bedenklich, wenn Biolandwirte, welche impfen möchten, als nicht unterstützenswert betrachtet würden.

Peter Klocke, FiBL

Das darf doch nicht wahr sein! (Nr. 2/10)

Zum Artikel «Blauzungenkrankheit: homöopathische Begleitung» von Ariane Maeschli, FiBL, bioaktuell 1, Februar 2010

Was lese ich im neusten bioaktuell vom Februar? Bio Suisse unterstützt und finanziert ein Forschungsprojekt des FiBL, welches Betriebe begleiten will, die gegen die Blauzungenkrankheit geimpft haben, um allfälligen Nebenwirkungen entgegenzuwirken. Das darf doch nicht wahr sein! Gemäss unsern Verbänden, dem BVET und den Kantonstierärzten gibt es ja gar keine Nebenwirkungen. Auch das FiBL war lange dieser Meinung und setzte sich für die Impfung ein. Und nun will man plötzlich nach der Impfung Homöopathie einsetzen.

Ich frage mich schon, was so eine Begleitung vom FiBL soll? Da geht es nur um Arbeitsbeschaffung, Geldverblödung und nicht um die Sache! Wenn man nicht überzeugt ist, dass die Blauzungenkrankheit alternativ behandelt werden kann, dann ist es widersprüchlich, eine Impfung nachträglich homöopathisch zu begleiten. Dieses Jahr ist es dank dem hartnäckigen Kampf der Impfgegner möglich, mit einem Ausnahmegesuch legal die Impfung zu verweigern. Somit hat jeder Bauer die freie Wahl. Es kann nun wirklich nicht sein, dass jene Bauern, die nicht impfen und die volle Eigenverantwortung sowie die Kosten selbst übernehmen, nun auch noch via Bio Suisse allfällige Nebenwirkungen der Impfenden mitfinanzieren müssen. Was hat sich da der Vorstand von Bio Suisse überhaupt gedacht? Der Auftrag von Bergheimat und Bio Aargau lautete, das FiBL solle Methoden zur Linderung und Heilung der Blauzungenkrankheit sowie die natürliche Immunisierung erforschen – und nicht Impfschäden begleiten.

Pia Stadler, Weingarten TG 

Wänn mer dänkt, wänn mer dänkt, wänn mer dänkt …! (Nr. 2/10)

Genau drei Artikel der neuen Betriebsmittelliste 2010 vom FiBL benötige ich für unseren Betrieb: einen für das Milchgeschirr waschen, einen für die Lecksteine der Tiere und einen, um den Stickstoff zu binden bei Mist und Gülle. Die Hilfsstoffliste für den biologischen Landbau in der Schweiz umfasst inzwischen 111 Seiten. So kompliziert und schwierig ist biologischer Landbau in der Schweiz geworden. Diese Liste kann ja für Import-Bioprodukte gar nicht angewendet werden, weil «für die Schweiz» darauf steht. Wie viele Seiten hat es wohl für den Bioimport, zum Beispiel aus China oder Neuseeland?

– Wänn mer dänkt, wänn mer dänkt, wänn mer dänkt …!

Am FiBL-Fest am 16. August des vergangenen Jahres fragte ich einen Tierarzt (den Namen habe ich noch nicht vergessen), der für die Blauzungenkrankheit zuständig wäre, was denn das FiBL gegen die Impfung unternehme? Seine Antwort lautete: Sie hätten keinen Auftrag von Bio Suisse erhalten, etwas dagegen zu tun. Diese Impfung sei ohnehin sinnlos, da es verschiedene Trägerstämme gebe. Neu forscht nun aber das FiBL für homöopathische Konzepte gegen die Nebenwirkungen der Blauzungenimpfung im Auftrag von Bio Suisse. Obwohl es laut BVET gar keine derartigen Nebenerscheinungen gäbe, oder nur in ganz seltenen Fällen. Wenn aber zwei tote Geissen und drei tote Mutterschafe im Stall liegen, nützt auch Homöopathie nichts mehr.

– Wänn mer dänkt, wänn mer dänkt, wänn mer dänkt …!

Vor Jahren hat ein Biomüller (der Name ist mir bekannt) Bio Suisse gewarnt, als diese vor der Kassensturz-Sendung des Schweizer Fernsehens Werbung machte: Bio Suisse solle aufpassen, dass sie nicht in der Sendung lande. Inzwischen hat nun Bio Suisse ihre wohl gewünschte und gesuchte Gratis-Medienpräsenz bekommen: Schon zum zweiten Mal kam sie im Kassensturz. Das erste Mal betraf es den Import, das zweite Mal das Knospe-Kartell.

– Wänn mer dänkt, wänn mer dänkt, wänn mer dänkt …!

Fortsetzung folgt demnächst zum neusten Thema: «Abnahmeboykott von Bio Suisse Knospe-Kälbern eines Grossverteilers ». Kälber, die mit hofeigenem Futter (Milch, Heu und Gras) aufgezogen wurden, sollen keinen Absatz mehr finden. Bio Suisse bietet nun als Alternative Schweine an, die nur mit Kraftfutter (80 % Import) gemästet werden. Wo bleiben Ernährungssouveränität, Kreislaufdenken oder die Energiebilanz?

Wänn mer dänkt, wänn mer dänkt, wänn mer dänkt …!

Ja, dank dem Import floriert das Knospe- Geschäft, und zwar so gut, dass den Mitgliedorganisationen von Bio Suisse Geld zurückerstattet wird. Vielleicht auch, um Kritik von der Basis zu verhindern. Das Verpackungsmaterial mit Knospe müssen die Direktvermarkterinnen und Direktvermarkter jedoch immer noch kaufen. Ich schreibe trotz Schweigegeld weiterhin solche Leserbriefe, wie auch andere Menschen, die ähnlich denken. Und zwar so lange, bis die Crew von Bio Suisse diese Facts ernst nimmt, oder bis sich anstelle der Geschäftsstelle nur noch ein Briefkasten von Bio Suisse in der Schweiz befindet. Dank Agrarfreihandel!

Wänn mer dänkt, wänn mer dänkt, wänn mer dänkt …!

Armin Capaul, Bergbauer, Perrefitte BE

Enttäuscht über Kraftfutterimport (Nr. 2/10)

Aufgrund des Kassensturz-Berichtes bezüglich des Kraftfutter- Imports bin ich über die Ernährung der Tiere nach Biostandard sehr verwirrt und enttäuscht von «Bio» Suisse.
Der Grund, warum ich angefangen habe, Bioprodukte zu kaufen, ist der, dass ich Fleisch, Milch und Milchprodukte von AUSSCHLIESSLICH mit Gras ernährten Tieren konsumieren möchte. Offenbar ist dies momentan mit Bio Suisse Produkten NICHT möglich? Muss ich argentinisches Fleisch kaufen, damit die Tiere ausschliesslich mit Gras ernährt werden?
Oder muss ich mich beim FiBL genauer über das Projekt «Feed no Food» informieren?

Simon Ferndriger, Zürich

Aufruf an alle Tierhalterinnen und Tierhalter (Nr. 1/10)

Noch bevor ein Entscheid des BVET vorlag, wurden Bäuerinnen und Bauern von übereifrigen Tierärzten mit Formularen bezüglich Blauzungenimpfung zum Unterschreiben beschickt.

Übertreibungen und Verdrehungen

  • Schweinegrippe: Nach Prognosen der Behörden sollten im Herbst 2 Mio. Menschen in der Schweiz im Bett liegen, die Wirtschaft breche zusammen. Letzte Meldung: 1 Mio. Menschen sind infiziert worden, nur hätten die meisten davon nichts gemerkt. Die meisten Menschen liessen sich nicht für dumm verkaufen, denn sie liessen sich von dieser Angstmacherei gar nicht beeinflussen.
  • Blauzunge: Im Jahr 2009 ist kein einziges nicht geimpftes Tier an Blauzunge erkrankt. Dennoch spricht das BVET von einer gefährlichen Seuche. Auch 2010 soll ein Obligatorium mit Ausnahmen weitergeführt werden, obwohl Deutschland und Österreich Freiwilligkeit eingeführt haben. In Italien wurde nie flächendeckend geimpft. Diejenigen, die ihre Tiere nicht impfen lassen, sollen mitzahlen. Die Impferei ist ein Riesengeschäft für die Pharma, unsere Ämter sind ihr verlängerter Arm.

Einige Fakten zur Impferei

  • Das BVET erhielt von einigen Impfstoffen nie die nötigen Unterlagen.
  • Der Impfstoff wurde von der Herstellerfirma bei trächtigen und laktierenden Tieren nicht getestet.
  • Tierärztinnen und Tierärzte setzten für mehrere Betriebe die gleiche Nadel ein.
  • Impfschäden wurden von den Behörden kategorisch abgestritten.
  • Bäuerinnen und Bauern, die im nicht impfen, sollen gleichwohl mitzahlen.

Deshalb rufe ich alle Kolleginnen und Kollegen auf, die Tiere 2010 nicht impfen zu lassen, nichts zu unterschreiben und auch nichts zu zahlen. Für eine Leistung, die wir nicht beanspruchen, sind wir nicht verpflichtet mitzuzahlen. Diejenigen, die ihre Tiere «schützen» lassen wollen, sollen das tun dürfen. Dies sollte ihnen jedoch auch ein paar Franken wert sein.

Ich war nie ein Verweigerer. Ich habe lediglich eine Unterschrift verlangt, die mir garantiert, dass Milch und Fleisch geimpfter Tiere keine schädlichen Impfrückstände aufweisen. Eine solche Garantie habe ich nie erhalten. Ich rufe alle Bäuerinnen und Bauern auf, 2010 diese Impferei zugunsten der Tiere sowie der Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr mitzumachen. Die grosse Geldsumme sollte für Wichtigeres eingesetzt werden.

Lorenz Kunz, Co-Präsident schweizerische Kleinbauernvereinigung, Diemtigen BE

Dem Bund mehr Kompetenzen fürs Ausrotten von Seuchen? (Nr. 1/10)

Zum Artikel «Impfen nur freiwillig!» von Martin Bossard, Bio Suisse, «Schweizer Bauer» 6. Januar 10

Lieber Martin,

Ich habe Deinen Meinungsartikel im «Schweizer Bauer» vom 6. Januar gelesen und bin richtiggehend erschrocken ob Deiner Forderung nach mehr Kompetenzen und Finanzverantwortung für den Bund bei den gefährlichen «hochansteckenden» und «auszurottenden» Seuchen. Da können sich ja die Pharma-Mafia und ihre Kostgänger in BVET, IVI etc. nur noch die Finger lecken!

Nehmen wir die Vogelgrippe, dann die Blauzungenkrankheit und als jüngstes Paradebeispiel die Grippe A: Wenn man mitverfolgt hat, wie diese Krankheiten ganz gezielt und bewusst bis zum Überdruss mediatisiert und heraufstilisiert wurden, wie aus einer winzigen Mücke ganze Elefanten- und Mammutherden hochgeredet wurden, wie plötzlich die Kriterien für die Klassierung von Krankheiten stillschweigend modifiziert werden, um diese hernach medienträchtig als wesentlich gefährlicher einstufen zu können, als sie es in Tat und Wahrheit sind, wie immer noch zusätzlich die Angst vor möglichen unverhofften Mutationen eines Erregers geschürt wird, dann lässt eine derartige Forderung nichts Gutes ahnen. Wurde doch in all diesen Fällen nur allzu offensichtlich, was da für Interessen im Hintergrund die Fäden ziehen. Wenn tagtäglich 20 000 oder 30 000 Menschen vor Hunger verrecken, dann gehört das zur Tagesordnung. Wenn aber innert eines halben Jahres 12 000 Menschen an einer neuen Krankheit sterben, dann ist das DAS Thema des Jahres. Unserer Gesellschaft sind der gesunde Menschenverstand und das Augenmass abhanden gekommen!

Dass es Deine persönliche Meinung sein mag, dem Bund mehr Befugnisse bei gefährlichen Seuchen zuzugestehen, lasse ich durchaus gelten und respektiere ich. Es kann jedoch nie und nimmer an Bio Suisse sein – schon gar nicht vor dem aktuellen Hintergrund –, eine solche Forderung in den Raum zu stellen! Wie heisst es doch: «Nur die allergrössten Kälber wählen ihre Metzger selber.» NB: Ich möchte es nicht unterlassen, Dir und der ganzen Bio Suisse Crew zu danken für die Umsetzung des DVBeschlusses bezüglich Blauzungenimpfung. Ehrlich gesagt, ich war positiv überrascht, wie ernst Ihr den Auftrag genommen und umgesetzt habt!
Liebe Grüsse,

Maurus Gerber, La Sagne/Ste-Croix VD

Wasser predigen und Wein trinken am FiBL (Nr. 1/10)

Am Schweinehaltungskurs des FiBL vom Dezember 2009 wurde sowohl von der Bio Suisse als auch von den Vermarktern einhellig darauf hingewiesen, dass es in der Schweiz mehrere 100 Biozuchtsauen zu wenig hätte und die Nachfrage nach Bioferkeln bei weitem nicht gedeckt werden kann. Eigentlich eine schöne Situation für jene die Zuchtsauen halten. Absolut unverständlich ist mir jedoch die Tatsache, dass der Gutsbetrieb des FiBL die Schweinezucht per Ende Jahr aufgegeben hat! In meinen Augen müsste gerade das FiBL voran gehen und die Chancen in der Bioschweinezucht aufzeigen. Wie sollen potentielle Um- oder Einsteiger für die Bioschweinezucht motiviert werden, wenn der einzige "offizielle" Biobetrieb der Schweiz genau in die andere Richtung geht?

Adrian Bieri, Boltigen BE

Leserbriefe 2009

Blauzungenimpfung: Freiwilligkeit statt Kriminalisierung (Nr. 10/09)

Stellungnahme von Bioforum Schweiz zur Anhörung Blauzungen-Impfkampagne 2010

Die Vereinigung Bioforum Schweiz kann sich mit dem Wortlaut des BVET-Entwurfes zur Impfstrategie 2010 nicht einverstanden erklären. Wir fordern die Freiwilligkeit ohne Wenn und Aber! Die Situation in unseren Nachbarländern hat sich dramatisch verändert: In Deutschland verlangt die grosse Mehrheit der Bundesländer die Freiwilligkeit, in Österreich wurde das Obligatorium abgeschafft und in Italien impft bloss die Region Piemont theoretisch konsequent. So kann von (Zitat) «Ausrottung» der Blauzungenkrankheit keine Rede mehr sein! Auch ist zu bemerken, dass seit 2008 weder in der Schweiz noch in unseren Nachbarländern Deutschland, Österreich und Italien Krankheitsfälle infolge einer Infektion des natürlichen Virusträgers (Gnitze) aufgetreten sind. Wir sind nicht rückwärtsgewandte Spin- ner (wie es wörtlich von Seiten des BVET heisst), sondern Bäuerinnen und Bauern (und ausserdem auch unzählige Konsumentinnen und Konsumenten), welche begriffen haben, dass mit der Administration der Landwirtschaft durch erdferne Theoretiker die Krankheiten bei Tieren und Pflanzen zunehmen (in der Konsequenz auch bei uns Menschen); dass die vielversprochene Freiheit in immer fernere Zukunft rückt, dass immer mehr Menschen nicht oder schlecht ernährt sind und dass die Bodenfruchtbarkeit dramatisch abnimmt.  Das sollte doch auch den Verantwortungsträgern auffallen. Wir impfkritischen Bäuerinnen und Bauern lassen uns nicht mehr in eine Ecke drängen und in Bio/konventionell, Milchproduzenten/ Mutterkuhhalter, Berg-/Talbauern usw. spalten.

Das Bioforum und zahlreiche andere Organisationen und Bauern haben in ihrem Schreiben vom Sommer an die Kantonstierarztvereinigung davor gewarnt, die Bauern zu kriminalisieren. Heute haben wir bereits die Situation, dass unbescholtene Bauern aufgrund ihrer Weigerung, die Tiere impfen zu lassen, Gefängnisstrafen in Aussicht gestellt bekommen haben. Warum haben es die Würdenträger vom BVET und Kantonstierärzte so weit kommen lassen? Dass die Blauzungenkrankheit komplett andere Entwicklungen durchgemacht hat, als uns die Veterinäre im Laufe der letzten Jahre weismachen wollten, ist eine Tatsache. Wir müssen bloss nach Italien schauen und die Studien des gesamten Krankheitsverlaufs von 2000 bis 2009 und das Verhalten der Tiergesundheitsbehörde kritisch anschauen, schon fällt auf, dass die Studien zwar wunderschön mit Power-Point-Präsentationen aufgemacht sind, aber in sich viele Ungereimtheiten aufweisen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurden die Resultate von wenigen Grossbetrieben auf den gesamten Tierbestand hochge rechnet und die Bauern, wie im Übrigen auch in der Schweiz, an der Nase herumgeführt.

Wenn nun wirklich eine gefährliche Tierkrankheit kommen würde, was sicher niemand hofft, ist ein grosser der Glaubwürdigkeit der Tierärzteschaft und des BVET verloren. Das wollten wir mit unserem Aufruf zum überfälligen Kurswechsel im Sommer verhindern! Nun ist es an diesen Behörden, den angerichteten Schaden zu begrenzen und nicht wieder rhetorische Floskeln zu erfinden, um das Gesicht zu wahren und ihre Unfehlbarkeit zu zementieren! Freiwilligkeit ist die beste Lösung und diese haben wir von Anfang an gefordert – schliesslich geht es um nichts Geringeres als um die Nahrungsmittelsicherheit, und für diese sind nun mal die Leute zuständig, welche Tag für Tag die Höfe bewirtschaften und die Erde für künftige Generationen vorbereiten.

Für Bioforum Schweiz: Markus Lanfranchi, Präsident  

Einheits-Mehrwertsteuer – Spiel mit dem Feuer (Nr. 9/09)

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Merz,

und noch eine neue Bauernregel: «Erzählt der Bundesrat an der OLMA Mist, ändert die Lage oder bleibt wie sie ist.»

Es ist sehr schön, wenn Sie, Herr Bundespräsident, an einer landwirtschaftlichen Messe Stellung zu den Problemen der Landwirtschaft nehmen. Noch dazu mit den lustigen Bauernregeln. Sie propagieren dabei eine innovative und flexible Landwirtschaft, welche die Marktprobleme aktiv selber lösen soll. Damit bin ich vorbehaltlos einverstanden.

Unschön ist, dass Sie bei der Mehrwertsteuer nicht die Wahrheit gesagt haben! Diejenigen Bauern, welche auf ihrem Hof mehr als eine halbe Million Franken umsetzen, sind sehr wohl der Mehrwertsteuer unterworfen! Das sind gerade diejenigen, von Ihnen und von Ihrer Kollegin Leuthard geforderten, innovativen, aktiven und unternehmerisch denkenden Bauern (meist mit grossen Investitionen belastet)! Anstatt die Rahmenbedingungen für solche Bauern zu verbessern, wollen Sie von diesen mehr Geld auspressen! Da die Preise vom Grossverteiler- Kartell immer weiter gedrückt werden, ist es eine Illusion, diese höheren Kosten später auf das Produkt abwälzen zu können.

Nun stellen Sie sich doch einmal den Einheitssatz bei der Mehrwertsteuer bildlich vor: Wenn Ihr Freund Marcel O. seiner Gattin einen Ferrari schenken will, wird er das rund zwei Prozent billiger tun können als heute. Dafür wird jeder gewöhnliche Familienvater beim Einkauf von Lebensmitteln für seine Familie rund vier Prozent mehr bezahlen müssen. Diesen armen Teufeln ziehen Sie dann den Speck durchs Maul mit der Aussicht auf billigere Lebensmittel bei einem Agrarfreihandel; Sie und ich (und noch einige andere) wissen aber, dass auch das nicht die Wahrheit ist. Das Kartell der Grossverteiler wird ohne grosses Aufsehen eine höhere Marge einstecken. Es passt zum heutigen Bundesrat, sehr aktiv für die ganz Reichen zu lobbyieren – Sie sind damit nicht allein – doch gefährden Sie damit auf Dauer den sozialen Frieden in diesem Land. Anstatt mit dem Feuer zu spielen, sollten Sie im Bundesrat eine gute Politik für das ganze Volk machen: z.B. kostendeckende Einspeisevergütung für alle Kleinkraftwerke (ist in der EU normal), ein griffiges Kartellrecht durch- setzen (ist in der EU normal), das Kopieren von Produkten (z.B. Emmentaler) und den Verkauf unter dem Originalnamen international streng verbieten (ist in der EU normal; siehe Champagne) usw. Alle diese Nachteile für die schweizerischen Bauern werden immer wieder mit den Direktzahlungen gerechtfertigt; das ist nicht seriös. Auf unserem Betrieb machen die Direktzahlungen etwa fünf Prozent des Umsatzes aus, wiegen die erwähnten Nachteile also in keiner Weise auf. Direktzahlungen sind zwar nötig – gute Rahmenbedingungen für die aktiven Bauern wären aber besser. Ich wünsche Ihnen die Einsicht, die Kraft und die Gesundheit, diese grossen Probleme anzugehen.

Mit freundlichen Grüssen
Samuel Otti, Oberwil BE

Nach dem Impfzwang der Solidaritätszwang? (Nr. 9/09)

Die Landwirtschaftskammer des Bauernverbandes will sich bei den Verhandlungen über den Impfzwang gegen die Blauzungenkrankheit dafür einsetzen, dass Landwirte selber wählen können, ob sie impfen wollen oder nicht. Dieser Beschluss trägt dem Umstand Rechnung, dass bei den Betrieben, welche sich illegal weigerten zu impfen, keine Krankheitsfälle vorgekommen sind. Dieses Einlenken ehrt die Landwirtschaftskammer als einsichtige Institution, die fähig ist, sich neuen Tatsachen anzupassen. Weniger verständlich ist, dass die freie Wahl der Bauern nur gültig werden soll, wenn ein allgemeinverbindlicher Solidaritätsfonds erstellt werden kann, in den alle Bauern einzahlen müssen, ob sie impfen oder nicht. Gleichzeitig sollen aber keine Entschädigungen aus diesem Fonds an Bauern, die nicht geimpft haben, bezahlt werden. Unter dem Aspekt von privater Risikobereitschaft zur Erforschung nachhaltiger Zukunftsstrategien erstaunt dieser Nachsatz. Die zahlreichen Impfverweigerer hatten ja schon bisher nicht die geringste Aussicht auf Entschädigung, falls sich der Verzicht auf die Impfung als fataler, ja, wie offiziell immer betont wurde, leichtsinniger Irrtum auswirken würde. Sie gingen und gehen weiterhin das Risiko ein, allenfalls eintretende Schadenfälle selber tragen zu müssen. Nun sollen sie aber zusätzlich zum eigenen Risiko noch solidarisch das Risiko jener mittragen, die gerade wegen der Impfung Schadenfälle erleiden.

Unternehmerisch betrachtet würden damit genau jene bestraft, die privat unter grosser Risikobereitschaft an den Ursachen dieser neuen Krankheit forschen, was sie ja nur können, wenn nicht geimpft wird. Ein solches Vorgehen würde in der übrigen Wirtschaft niemals akzeptiert. Warum kommt die Landwirtschaftskammer auf solche Ideen? Müsste sie nicht sogar dankbar sein, dass Bauern privat und auf eigenes Risiko jene Ursachenforschung betreiben, welche von der offiziellen Forschung deshalb vernachlässigt werden muss, weil die offizielle Forschung neben der Finanzierung durch den Bund immer mehr auf private Finanzen angewiesen ist, die aber nur dort fliessen, wo das Geld über Patente auf Hilfsstoffen wieder zurückfliesst? Auch in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise erwirtschaftet die Pharmaindustrie traumhafte Steigerungen von Umsatz und Gewinn – gleichzeitig beschleunigen die sinkenden Einkommen der Bauern das Bauernsterben. Wenn Herr Vasella 40 Millionen Franken im Jahr verdient und ein Bauer noch knapp 30 000, so verdienen durchschnittlich beide sehr gut, also kann Bundesrätin Leuthard frohlocken.

Eine Studie der Universität Bern, veröffentlicht im Oktoberheft 09 der «Agrarforschung », kommt zu folgendem Schluss: Der Wissensaustausch zwischen praktizierenden Bauern und Wissenschaftern habe am Anfang des Biolandbaus eine zentrale Rolle gehabt. Seither wurde leider das Potenzial der Zusammenarbeit von Praxis und Wissenschaft immer weniger genutzt. Um eine nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft zu ermöglichen, sei der anfänglich intensive Wissensaustausch mit Hilfe der Anwendung transdisziplinärer Konzepte und Forschungsprojekte wieder zu beleben. Wenn Bauern, quer über alle Label hinweg, ihre Betriebe freiwillig für eine solche Forschung bezüglich Blauzungenkrankheit zur Verfügung stellen, bieten sie gratis die Grundlagen für die Ausführung der Empfehlungen der Universität Bern. Sie verhalten sich mit viel Eigeninitiative topmodern und sehr unternehmerisch. Genau so, wie es der Landwirtschaft von Wirtschaftskreisen immer empfohlen wird. Eigentlich wären sie dafür zu belohnen. Ganz sicher dürfen sie aber nicht durch die erzwungene Beteiligung am Impfrisiko–Fonds bestraft werden.

Ernst Frischknecht, Tann ZH

Mehr Vertrauen in unsere Grossmütter als in Bio (Nr. 8/09)

Die jüngste Polemik, hervorgerufen im Aargau durch die Untersuchungen des Kantonschemikers von 54 Bioproben, von denen mehr als zwei Drittel nicht den Bionormen entsprachen, zeigt klar: Bio hat nicht so viel Rückenwind, wie wir gerne glauben und glauben machen. Es reicht, die Reaktionen der Leserschaft nach dem Erscheinen eines Artikels zu diesem Thema in der auflagenstarken Boulevardzeitung «Blick» zu lesen. Eine Lawine von Kommentaren im Stile einer Lynchjustiz – so viel zum Niveau von Volkes Stimme – und einige wenige schüchterne Stimmen, die zu mässigen versuchten. Auch wenn man die Auswahl der Redaktion kritisch berücksichtigt, den einen Brief zu veröffentlichen und einen andern nicht, bleibt dennoch die Notwendigkeit, sich einige Fragen zu stellen, und zwar Grundsatzfragen, nicht Marketingfragen, um die Information zu erarbeiten, welche die Öffentlichkeit braucht, um zu verstehen, was die Arbeit der Bioproduzenten in Wirklichkeit bedeutet. «Bio ohne Kompromisse», das heisst unverrückbar und stur, stimmt das wirklich überein mit dem Bedürfnis einer Gesellschaft, zu Qualitätslebensmitteln zurückzufinden? Was ist ein «konventionelles » Produkt wirklich?

Wir erleben das oft mit unseren Kunden am Markt: Solche Begriffe sind für die meisten Konsumentinnen und Konsumenten sehr vage. «Konventionell» bezeichnet für sie ein Lebensmittel, das nach Art ihrer Grossmutter produziert worden ist. Auch wenn das Bild ein bisschen vereinfacht ist, drückt es klar die Lust aus, den Geschmack und die Qualität altüberlieferter Produktionsweisen wiederzufinden. Das ist, in der Sprache des Handels, ein Verkaufsargument, es reicht, den Begriff auszutauschen und die Produkte in einer «Regio»-Linie zu klassifizieren. In technischer Sprache handelt es sich um Produkte, deren Etikette einem Wörterbuch der Chemie gleicht. Wo kommt Bio her? Sicher aus dem Bedürfnis, gesunde, saubere und wahrhafte Produkte zur Verfügung zu haben. Wie oft haben wir die Bemerkung gehört: «Ich mache auch Bio, denn ich behandle meine Früchte und Gemüse nicht.» Eine bitterbös reduzierte Art, die Arbeit der Biorn zu betrachten. Aber sie zeigt auch gut das Unverständnis gegenüber ihrer Arbeit und letztlich den Mangel an Information auf Seiten des Konsumenten. – Die Schlagworte, die kennt er. Nach unserer Ansicht drückt «Bio ohne Kompromisse» die Unfähigkeit aus, mit der Öffentlichkeit einen Dialog zu führen. Man errichtet ein kontraproduktives Diktat, man baut gleichsam eine Mauer gegenüber den Bioproduzenten. Sei es durch die Bundesverordnung oder durch das interne Regelwerk (Pflichtenheft), man schliesst jegliche sanfte Herangehensweise an die Problematik aus, die mit der Herstellung anständiger Lebensmittel verbunden ist. Bio müsste eine Geisteshaltung sein, ist aber einfach eine Produktions- und Marktnische geworden, ein «Trend», in den sich sowohl weisse als auch schwarze Schafe stürzen. Sektiererisch auf der einen Seite, kommerziell schamlos ausgebeutet auf der andern Seite, ist Bio dabei, sich sein Grab zu schaufeln, trotz aller fantastischen Versuchergebnisse auf Glanzpapier. Und alles wird in einer Bioindustrie enden, in unermesslichen Monokulturen, aber getreu dem Pflichtenheft. Ein Unsinn, für den man weitere Amazonien wird roden müssen, um rentabel zu bleiben. Lassen wir uns nicht einlullen durch die Nahrungsmittelindustrie, nicht einmal durch die biologische, sondern vertrauen wir doch weiter auf das, was unsere Grossmütter machten!

Ruth und Onorio Petralia, Ollon VD

Übersetzung aus dem Französischen: Markus Bär

Blauzungenimpfung: offener Brief an den Veterinärdienst (Nr. 7/09)

An Herr Dr. R. Wyss, Veterinärdienst des Kantons Bern

Sehr geehrter Herr Dr. Wyss (21 Uhr 55) Gestern am 12.8.09, habe ich meine Beschwerde vom 22. Juli 09 nach Aufforderung von Herrn N. Blatter Fürsprecher Volkwirtschaftdirektion des Kt. Bern konkretisiert. Heute, am 13.8.09 war ich aufgeboten worden zum Polizei-Posten in Moutier und sollte über unsere finanzielle Verhältnisse Auskunft geben, laut richterlicher Verfügung. Ich weigerte mich, dafür ging ich gleich auf das Richteramt und erkundigte mich, was da gespielt wird. Und ich erhielt Einblick in eine Strafanzeige, von Ihnen Herr Wyss gegen mich! Obwohl Sie in der 4.Verfügung mich darauf aufmerksam machten, dass ich mich innerhalb von 30 Tagen bei der Volkswirtschaftdirektion beschweren könne. Können Sie mir vielleicht erklären was das soll? Nun in diesem Dossier ist kein einziges Wort von meinen 3 Stellungnahmen erwähnt worden, geschweige beigelegt und auch kein Wort, dass ich Beschwerde gegen Ihre Verfügung eingereicht habe.

Herr Wyss, - es geht hier nicht um Artikel sondern um die Gesundheit der Tiere. Ich bin kein Anwalt, - nein ich bin ein Bergbauer, seelenverwandt mit den nordamerikanischen Indianer. Das heisst soviel wie, dass ich mich vor die Tiere stelle und diese verteidige, solange ich die Kraft von der Mutter Erde bekomme und mich nicht verstecke hinter den Gesetzesartikel! Ich brauche auch kein Anwalt, ich kann mich selber verteidigen. Nein - mich muss man nicht anzeigen, mir darf man zuhören, meine Stellungnahmen lesen und versuchen dies zu verstehen, um was es mir geht. 6 Tiere habe ich 2008 wegen dieser Blauzungenimpfung verloren und das sollte eigentlich genügen! Ich bin kein Impfverweigerer, das habe ich 2008 bewiesen, ich bin ein Nichtimpfer und habe meinen Bauernhof für Forschungszwecke zur Verfügung stellen wollen um zu sehen, was mit ungeimpften Tiere passiert, aber das ist für die Blauzungenimpfkampanie nicht vorgesehen, sagten Sie. Wir haben hier einen biologisch geführten Bauernhof mit keinen hochleistungs- Tieren, dafür haben unsere Kühe noch Hörner. Wir brauchen keine Kunstdünger oder Pestizide und nun verlangen Sie von mir, dass ich nicht zugelassene Impfstoffe in unsere Tieren spritzen lassen soll! Und dies im Herbst, wo bereits die ersten Schwalben auf den Heimweg in den Süden gehen. Herr Wyss, - Sie haben eine Strafanzeige gegen mich gemacht, aber ich bin weder ein Mörder noch ein Bankräuber, aber ein gutes Leumund-Zeugnis habe ich und Flower-Power-Musik im Stall. Mir ist es wichtig, dass Sie das wissen. Sie könnten diese Strafanzeige zurückziehen und mein Dossier schliessen, aber zwingen dazu, werde ich Sie nicht. In einigen Kantonen wird es so gehandhabt, weil auch unter den Tierärzten Uneinigkeit herrscht im Bezug auf diese Impfung. Eines ist sicher, darauf können Sie sich verlassen, ich werde für die Tiere auch ins Gefängnis gehen, denn Geld für eine Busse haben wir nicht. Falls es in diesem Brief trotz aller Mühe, zuviel Komma, komische Satzstellungen oder Schreibfehler hat, bitte ich um Verständnis, es ist für mich sehr anstrengend, solche Briefe zu schreiben und meiner Frau ist die Lust vergangen, solche Briefe zu korrigieren. Sie ist schon längst Schlafen gegangen. Also, da ich davon ausgehe, dass wir weiterhin in Kontakt bleiben bis die Mücke fort ist, wie seinerzeit die Vogelgrippe, sende ich Ihnen Freundliche Grüsse

Armin Capaul, Perrefitte BE (Es ist jetzt : 02 Uhr 13 Minuten)

Anmerkung der Redaktion: Auf ausdrücklichen Wunsch von Armin Capaul haben wir an seinem offenen Brief keinerlei Korrekturen angebracht. Üblicherweise überarbeiten wir die Briefe von Leserinnen und Lesern sanft; wir korrigieren Schreibfehler, bemühen uns aber immer, den Inhalt und den Tonfall der eingesandten Schreiben unverfälscht zu erhalten. Redaktion bioaktuell

Bio Berg Allianz: Vermisstmeldung (Nr. 7/09)

Die Älteren unter uns kennen sicher noch diese 4 Buchstaben G.A.B.I von den Notfallkursen (gibt er Antwort, atmet er  etc.) In diesem Zusammenhang möchte ich die Frage an alle Leser richten: Kann jemand nähere Angaben über den Verbleib der "Bio Berg Allianz" machen? Sie hat ohne eine Nachricht zu hinterlassen die Basis verlassen.
Wurde sie von jemandem gesehen, beobachtet oder hat jemand gar ein Lebenszeichen von ihr wahrgenommen?
Sachdienliche Hinweise bitte nicht an die nächste Polizeistelle melden.
Da der "Patient" vermutlich leicht verwirrt und schon seit geraumer Zeit ohne Nahrung unterwegs ist, wird um ein schonendes Anhalten gebeten.

Daniel Wismer , Embd

Arschkriecherei (Nr. 7/09)

Zum Titelbild mit BLW-Direktor Manfred Bötsch, bioaktuell 6, Juli/August 09 Mir kommt die Galle hoch, wenn ich dieses Titelbild betrachte. Ausgerechnet dieser Person, die die Landwirtschaft auf die Schlachtbank führen will, wird von bioaktuell grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Für mich heisst dies Arschkriecherei…

Daniel Favre, Schuders GR

Richtig und wichtig (Nr. 5/09)

Zum Artikel «Mit Kalk und Hanf gegen Bakterien und Behörden», bioaktuell 4, Mai 09

Mit grossem Interesse habe ich den Artikel «Mit Kalk und Hanf gegen Bakterien und Behörden» gelesen. Ich finde es richtig und wichtig, dass konsequent nach Alternativen zum Antibiotikaeinsatz in Obstanlagen gesucht wird. Und das nicht nur für den Bioanbau. Als Konsumentin stimmt es mich nachdenklich, wenn – entgegen früheren Erwartungen – Antibiotikarückstände in Äpfeln den werden. Dass kritische Obst zenten ihre Bäume nicht tatenlos den Bakterien überlassen wollen, versteht sich von selbst. Ich begrüsse deren Eigeninitiative sehr und ich wünsche mir, dass der entsprechende Einsatz möglichst bald mit positiven Studienresultaten belohnt wird.

Johanna Bernet, Fehraltorf ZH

Lobenswerter Einsatz (Nr. 5/09)

Ich gratuliere Christoph Meili und seinen Mitinitianten zum Engagement für eine alternative Feuerbrandbekämpfung! Dazu braucht es Ressourcen, die die Betroffenen mit grossem Einsatz selber erbringen müssen. Das ist sehr lobenswert!

Wir hoffen, dass dem Projekt in Zusammenarbeit mit Bio Suisse und FiBL ein Erfolg bechieden sein wird. Eine Erfahrung lässt uns zuverichtlich sein: Im Kampf GEGEN die Natur ist der ensch immer unterlegen, der Natur finden wir eitverträgliche Lösung. In diesem Sinne sichern die Grünen Thurgau auch weiterhin ihre Unterstützung zu.

Urs Oberholzer-Roth, Präsident Grüne Thurgau, Romanshorn TG

Handel ja, Hehlerei nein (Nr. 4/09)

Offener Brief an Bundesrätin Doris Leuthard

Sehr geehrte Frau Bundesrätin Leuthard

Kein einziger Schweizer-Bauer hat Angst vor dem freien Agrarhandel! Seit 1848 gibt es die Schweiz und den freien Agrarhandel in diesem Land. Ich stehe in einem gesunden Wettbewerb mit meinen schweizerischen Kollegen, denn wir haben alle die gleichen Produktions-Bedingungen. Trotz grossen Auflagen und Vorschriften für die Produzenten sind die Lebensmittelpreise, im Verhältnis zur Kaufkraft des Konsumenten, in der Schweiz so tief wie nirgendwo sonst auf der Welt!

Darum wundern sich die Fachleute, wenn Sie, Frau Leuthard, wie ein „billiger Jakob“ noch tiefere Lebensmittelpreise ausrufen, um eine möglichst breite politische Allianz für einen Agrarfreihandel mit der EU zu bekommen. Seriös muss man sich doch die Frage stellen, warum die Lebensmittel in der EU soviel billiger sind! Zwar bestehen in der EU auch Gesetze, Vorschriften und Auflagen; zum einen sind diese aber teilweise weniger streng, und zum anderen werden sie, gerade in den südlichen, von der Mafia regierten Ländern, schlicht nicht eingehalten. Die Zertifikate und QS-Papiere in den Herkunftsländern von Obst und Gemüse, sind oft das Papier nicht wert worauf sie stehen! Das schweizerische Detailhandelskartell hat zwar ein reges Interesse an solchen Produkten, ist doch damit eine grosse Gewinn-Marge zu erzielen; aber die ungebremste Einfuhr dieser Waren in die Schweiz, ist nicht freier und fairer Agrarhandel, sondern schlicht  Hehlerei.

Bis diese Probleme ganz klar gelöst sind, verlangen wir weiterhin einen griffigen Grenzschutz. Denn auch die starke Pharma-Industrie wird in der Schweiz vor dem freien Handel geschützt!

Es ist offensichtlich dass Sie, Frau Leuthard, unter grossem Druck von „Economiesuisse“ stehen, ein Agrarfreihandelsabkommen mit der EU abschliessen zu müssen. Dabei sollten Sie aber auch bedenken, dass gerade unter den Wortführern dieses Vereins, einige richtig grosse Nieten in Sachen Ökonomie stehen. Es ist darum nicht sehr ratsam, nur auf die sogenannten „Wirtschaftsführer“ zu hören. Mit Verlaub habe ich sowieso den Eindruck, dass Sie keine sehr guten Berater in Sachen Landwirtschaft haben. Ich empfehle Ihnen darum die Schriften von Volkswirtschaftsprofessor Mathias Binswanger zu diesem Thema. Und auch wir schweizerischen Bauern sind bereit, mit Ihnen an fairen Problemlösungen mitzuarbeiten.

Es gibt noch sehr viel zu tun; but, yes we can!

Mit freundlichen Grüssen
Samuel Otti, Oberwil b. Büren BE

Noch drei Sätze Metaphysik (Nr. 4/09)

Nachtrag zum Leserbrief «Sinnlose Frage nach Pflanzenseele» desselben Autors, bioaktuell Nr. 1, Febr. 2009
Die Wissenschaft, von der Astronomie bis zur Evolutionstheorie, will heute wissen, wie klein und unnütz in der Welt der Mensch sei. Dagegen las ich eben wieder in Kants «Kritik der Urteilskraft», im Kapitel «Analytik des Erhabenen»: Im Verhältnis zur Grösse der Vernunft und der Freiheit des Menschen ist alles in der Natur klein. Und in derselben Kritik: Ohne den Menschen wäre die Welt eine Wüste. ch präzisiere: Ohne die Frau wäre die Welt eine Wüste. elbstverständlich kann die eit verloren gehen. Zur Freiungen sein, wäre keine Freiheit. Wenn aber der Mensch die Freiheit verliert, wird er nicht zum Tier, sondern zum Untier.

Andreas Kreuzer-Müller, Oberwald VS

Noch ein Finanzpaket... (Nr. 3/09)

Offener Brief an Bundespräsident Hans-Rudolf Merz

Sehr geehrter Herr Bundespräsident Merz

Ich gelange in einer sehr ernsten Angelegenheit an Sie. In dieser schwierigen Zeit habe ich (und mit mir auch viele andere Bauernfamilien in der Schweiz) etwas sehr Wichtiges gelernt; wir haben uns jahrelang völlig falsch verhalten und mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften versucht, unsere Heimetli finanziell über Wasser zu halten. Das ging oft nur mit der totalen Ausbeutung unserer körperlichen und gesundheitlichen Ressourcen. Dass wir dabei von den neoliberalen Wirtschaftsleuten (zum Beispiel von Avenir Suisse) verhöhnt und der tiefen Produktivität wegen gehänselt wurden, war zwar schlimm, aber wir hatten ja schliesslich Freude an unserem Beruf und konnten das darum gelassen sehen. Wir begannen ebenfalls an den freien Markt zu glauben und stellten uns auf diesen ein.

Als wir dachten die Marktkräfte zu durchschauen, passierte die Katastrophe: plötzlich war nichts mehr richtig und wahr. Der Bundesrat hat in einer Nacht-und Nebelaktion (übrigens ohne jegliche demokratische Legitimation!) die Marktkräfte ausgehebelt und Raubritter und Taugenichtse mit Bundesgeldern für idiotisches Verhalten belohnt.

Weil wir aber lernfähig geworden sind, machen wir es nun ebenso wie die Finanzexperten der Banken: sofort investierte ich also in dumme und wertlose Projekte, dabei habe ich mich anstrengen müssen, um über meinen finanziellen Verhältnissen zu leben (die Macht der Gewohnheit war schwer zu überlisten).

Nun kann ich Ihnen mit grosser Arroganz das Resultat präsentieren: einen riesigen Fehlbetrag in Form von Anteilen an möglicherweise wertlosen Objekten. Zum Beispiel unsere eigene Kleinkäserei, der Hofladen, die Landmaschinen, die Gemüsetunnel. Bei einem Freihandelsabkommen mit der EU werden diese Investitionen sofort „subprime“.

Ich stelle darum an Sie das Gesuch um ein Finanzpaket für notleidende Agrarinvestoren. Wir werden uns dabei auch bemühen, weiterhin grosse Belohnungen an die Kader unserer Betriebe zu zahlen.

Gerne erwarte ich Ihren Entscheid und die damit verbundenen Millionen.

Mit freundlichen Grüssen
Samuel Otti, Oberwil b. Büren BE

Schlamperei im Verkauf gefährdet Biolandbau (Nr. 3/09)

Folgende E-Mail habe ich heute an Coop gesandt:

«Sehr geehrte Damen und Herren, Sie, die sich um die Erforschung der Biolandwirtschaft kümmern, sollten wissen, dass auch auf dieser Seite der filière nicht alles Gold ist, was glänzt. Die tollste Erforschung eines Produktes nützt nichts, wenn es nicht auf anständige Art unter die Leute gebracht wird.
Mit freundlichen Grüssen, Egli, Stäfa»

Seit ein paar Wochen haben wir es nun auch schriftlich bestätigt erhalten: Biogemüse ist ca. doppelt so teuer wie Gemüse aus anderem Anbau. Trotzdem kauft unsere Familie Biogemüse, seit Coop das im Angebot hat – weniger um uns Gutes zu gönnen als um dieser Art von Landwirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen. Das galt bis gestern. Jetzt habe ich die Nase endgültig voll: Faule Rüebli ohne Datum. Grüner Salat, der mit Datum seit drei Tagen im Gestell liegt und lahm und lahmer geworden ist. Tomätli, die schon seit Monaten, wenn nicht Jahren nie mehr datiert sind … Wenn Coop nicht kapiert, dass wer bereit ist, für die Ware doppelt so viel zu bezahlen, auch ein Anrecht(!) auf frisches Zeug hat, wird sie zwangsläufig Opfer ihres früheren Erfolges. Für mich gibt es keinen Grund mehr, nicht entweder mehr billigeres Gemüse aus Normalanbau zu kaufen oder gleich zum ortsansässigen Spezereiladen zugehen. Dort ist das Gemüse dann zwar nicht Bio, aber es ist frisch und aus der Gegend. Ich bin seit weit über einem Jahr mit den Zuständigen in unserer Coop-Filiale im Gespräch. Der Erfolg ist gleich null. Ob man es anständig oder einmal auch etwas laut sagt. Es läuft ab wie Wasser! Im Übrigen bin ich so enttäuscht über diese Nonchalance gegenüber überzeugten Käuferinnen und Käufern von Frisch-Bioprodukten (wir sind nicht einfach alles richi Seck vom rechten Zürichseeufer!), dass ich diese Meldung auch an Bio Suisse, das FiBL und das Konsumentenmagazin «Espresso» weiterleiten will. Die ganze Biolandbausache ist jetzt auch von dieser Seite in Gefahr!

Arnold Egli, Stäfa ZH

Nachhaltiger Blödsinn (Nr. 3/09)

Zum Artikel «Biolandbau bringt Nachhaltigkeit in die Globalisierung», bioaktuell 2, März 09

Frau Leuthard, es sind nicht die Biolandbauforscher, die vermehrt vernetzt denken müssen (das gehört bei denen längst zum täglichen Brot), sondern die Politiker.
Vernetztes Denken würde Sie plötzlich in die Lage versetzen zu realisieren, dass unter dem Aspekt des Klimawandels Nachhaltigkeit und Globalisierung zwei schon im Grundsatz unvereinbare Gegensätze sind. Wenn Sie dabei noch den Biolandbau ins Spiel bringen, um die Suppe etwas weniger ungeniessbar zu machen, so ist das im besten Falle ein Feigenblatt, das zwischen den einzelnen Lappen eben gleichwohl die knallharte und bittere Realität erkennen lässt!

Was wir brauchen, um die weltweiten Probleme im Ernährungssektor (und darüber hinaus) in den Griff zu bekommen, ist das Prinzip der Ernährungssouveränität jedes einzelnen Landes, basierend auf überschaubaren Strukturen sowie biologischen Anbaumethoden. Alles andere ist Humbug und Augenwischerei und bringt uns, global gesehen, nachhaltig noch näher an den Abgrund!

Maurus Gerber, La Sagne/Ste-Croix VD

Zu grosse Coop-Nähe, zu teure Drucksachen (Nr. 3/09)

Mit grossem Interesse lese ich das Heft von Bio Suisse und andere Informationen über (biologischen) Landbau. Trotzdem kündige ich mein Abonnement von bioaktuell.
Ich bin mit folgenden Haltungen von Bio Suisse nicht einverstanden: Die starke Ausrichtung auf (oder gar Abhängigkeit von) Coop missfällt mir. Eine stärkere Zusammenarbeit und Unterstützung von kleineren Betrieben würde ich vorziehen.
Die Förderung von Export und «High Quality»-Produkten gefällt mir nicht. Auch wünschte ich mehr regionales Produzieren und Konsumieren. Die Hochpreisprodukte können sich hiesige Bauernfamilien (ausser als Eigenprodukt) wohl kaum leisten. Es scheint mir nicht sinnvoll, zum Beispiel Schweizer Milchprodukte zu hohen Preisen im Ausland zu verkaufen und im Gegenzug hier billige Importprodukte zu konsumieren. Die Drucksachen von Bio Suisse dürften einfacher und damit wohl auch billiger gemacht werden: Mitteilungen an Bio Suisse Mitglieder (wie z.B. bioaktuell) brauchen nicht farbig gedruckt und professionell gestaltet zu werden.

Statt weiterhin Bio Suisse als Abonnentin zu unterstützen, wende ich mich vermehrt der Bergheimat, der Kleinbauernvereinigung oder anderen kritischeren Vereinigungen zu. bioaktuell werde ich aber trotzdem weiter lesen, als «Recyclingleserin » bei Bekannten. Ich hoffe, meine Kritik möge konstruktiv wirken.

Christa Wellauer. St. Gallen

Freihandelsabkommen gefährdet Nutztierschutz (Nr. 2/09)

Eine aktuelle Studie der European Coalition for Farm Animals (ECFA) malt ein erschütterndes Bild der EU-Schweinehaltungen. In industriellen Mastanlagen vegetieren Zehntausende von Mastschweinen, oft krank oder verhaltensgestört. Muttersauen und ihre Ferkel werden routinemässig in Kastenstände gepfercht. Solche Zustände schienen in den 60 von der ECFA untersuchten Betrieben in Holland, Deutschland, Spanien, Ungarn und England eher die Regel als die Ausnahme zu sein. Mit Ausnahme der Engländer foutierte sich die Mehrzahl der Tierhalter um die Brüsseler Tierschutzvorschriften. Obwohl das Schwanzcoupieren EU-weit verboten ist, schnitten 70–100 Prozent der untersuchten Zuchtbetriebe den Ferkeln routinemässig und ohne Schmerzausschaltung die Schwänze ab. Die gesetzliche Forderung nach Verabreichen von Beschäftigungsmaterial wurde gar von 88 Prozent der Betriebe in Holland, 98 in Deutschland und 100 Prozent in Spanien nicht erfüllt!

Kenner der EU-Tierschutzpolitik überraschen diese Resultate allerdings nicht. Das gleiche Bild findet sich seit Jahren bei den Schlachttiertransporten. Statt eine ehrliche Abkehr von Tierfabriken und Qualtransporten einzuleiten – wie sie von der Mehrheit der EU-Bürger gewünscht wird – betreibt Brüssel beim Tierschutz Pflästerli- und Symbolpolitik. Vollmundig werden der besorgten Bevölkerung jedes Jahr neue Vorschriften angekündigt. Diese Übungen bringen den Nutztieren in der EU aber meist wenig, da sich die Vorschriften inhaltlich oft mehr an den Bedürfnissen der Tierfabrikanten als am Tierwohl orientieren und deren Vollzug in vielen Ländern praktisch inexistent ist, wie die rwähnte ECFA-Studie zeigt. Unter diesen Vorzeichen ist das vom Bundesrat gewünchte Freihandelsabkommen mit der EU im Bereich Landrtschaft aus Tierschutzsicht ragwürdig. Die Schweiz kann nichts beitragen zur Verbesserung der Nutztierhaltung und der Schlachttiertransporte in der EU. Ja, unsere Fleischimporteure und all jene, die hierzulande ausländisches Fleisch kaufen oder im Restaurant konsumieren, fördern geradezu die geschilderten Tierquälereien im Ausland.

Ein Freihandelsabkommen würde die tierschützerischen Errungenschaften in der Schweizer Landwirtschaft gefährden und den Weg für Tierfabriken freimachen. Bereits wird denn auch in BLWGremien über die Auflösung der Höchstbestandesvorschriften diskutiert.

Dr. Hansuli Huber, Geschäftsführer Schweizer Tierschutz STS

Philosophischer Unsinn (Nr. 2/09)

Zum Artikel «Pflanzen sind nicht sprachlos » von Anet Spengler Neff, bioaktuell Nr. 10, Dez. 2008, und zum Leserbrief «Sinnlose Frage nach Pflanzenseele» von Andreas Kreuzer-Müller, bioaktuell Nr. 1, Jan. 2009

Für Herrn Kreuzers Leserbrief habe ich nur ein Kopfschütteln übrig. – So viel philosophischen (oder sollte ich eher sagen: religiösen) Unsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen! Wie kann man es wagen, sich über alle anderen Geschöpfe dieser Welt zu stellen? Wir, die Menschen, gehören nicht mehr und nicht weniger dazu als die Tiere, die Pflanzen, das Wasser, der Himmel usw. Da zu werten, wer über wem steht, ist vermessen und hochmütig. Ich dachte eigentlich, dass diese verstaubte Sicht der Dinge der Schublade der mittelalterlichen Kirche zuzuordnen sei. Leid tun mir bei der Geschichte eigentlich nur die Kinder und die Schafe. Erstere, weil sie nie erleben dürfen, wie sich ein vierbeiniger Kamerad anfühlt. Letztere, weil sie nur eine Sache sind, die benutzt wird wie eine Pfanne oder Klopapier. Gerne erwache ich aus diesem Albtraum. Schaue auf unseren Hof mit seinen Menschen, Tieren und Pflanzen, die miteinander und füreinander leben. Tiere und Pflanzen, die natürlich auch eine wirtschaf Seite haben, die aber trotzdem seren Respekt und unsere Achtung haben. Und in der Weltenordnung auf gleicher Stufe stehen wie wir.

Helen Hugi, Oberwil BE

Sinnlose Frage nach Pflanzenseele (Nr. 1/09)

Zum Artikel «Pflanzen sind nicht sprachlos » von Anet Spengler Neff, bioaktuell Nr. 10, Dez. 2008

«Haben Pflanzen eine Seele?», fragt Anet Spengler. Das ist eine metaphysische Frage. Wenn das Verhältnis zum Metaphysischen stimmt, kommt es nicht zur Sprache. Wenn wir aber das Metaphysische zur Sprache bringen müssen, haben wir unsere liebe Not, da die Sprache eben nur für das Empirische, das für die Sinne Fassbare gemach Über das Metaphysisch wir daher nur in Bilder Nun, wenn sich diese Frage nach der Seele der Pflanzen als sinnlos erweisen sollte, würden wir den alten Spruch bestätigen, den Kant in seiner «Kritik der reinen Vernunft»zitiert. Wenn nämlich einer eine sinnlose Frage stellt und ein anderer bemüht sich, sie zu beantworten, würde das bedeuten: «Der eine melkt den Bock, und der andere hält das Sieb drunter.» Daher frage ich auf diese Frage zurück: Gibt es überhaupt eine Seele? Und ich antworte: Es gibt keine Seele. Alles Seiende besteht aus der Zusammenkunft von Materie und Geist, so wie Eisblumen am Fenster aus der Zusammenkunft aus Wasserdampf und Kälte bestehen. Trennen sich Materie und Geist wieder, so ist das Seiende nicht mehr, wie es vor dieser Zusammenkunft noch nicht war.

Aber es muss doch Seelen geben, gibt es doch seit jeher solche, die mit den «armen Seelen» der Verstorbenen sprechen können. Das sind gar nicht Seelen, sondern Leiber anderer Art. Mögen sie nun im Himmel, im Fegefeuer oder in der Hölle sein, gewiss ist, dass sie dort nicht ewig bleiben werden. Eines Tages werden sie sich auflösen; denn kein Einzelnes ist ewig. Ewig ist nur das Ganze in seiner ewigen Wiederkunft.

Worauf wir hinauswollen? Auf den Unterschied von Mensch und den Dingen der Natur, zu denen auch Pflanze und Tier gehören. Materie und Geist der Naturdinge sind begrenzt, eingebunden in die Gesetze der Natur. Die Menschen haben Teil an der Unendlichkeit von Materie und Geist und sind damit frei. Um allem gerecht werden zu können, ist es eminent wichtig, sauber zu unterscheiden, was gehört dem Menschen und was der Natur. Diese saubere Unterscheidung hat zum Beispiel zur Folge, dass wir unseren Kindern untersagt haben, die Schafe durch Leckerbissen anzulocken und sie zu streicheln. Liebkosung gehört einzig Menschen, und auch hier nur bestimmten Menschen. Unsere Schafe sind deswegen nicht menschenscheu geworden. Je nach Charaker sind sie zahm, und als ganzer Trupp umgänglich, eben umgänglich, nicht anhänglich.

Andreas Kreuzer-Müller, Oberwald VS

Ist der Stacheldraht ein Auslaufmodell? (Nr. 1/09)

Zu den Artikeln «Stacheldraht muss weg» und «Pflanzen sind nicht sprachlos», bioaktuell Nr. 10, Dez. 2008

Oh, idyllisches, von der Elektrotechnik unberührtes Stacheldrahtambiente! Läuft uns die Pflanzenwelt, getrieben von der neuen Zauntechnik und ihren Stromschlägen noch davon? Ge-tic-tic-tic-tes Weidegras? Ge-tic-te Milch? «Helden der Natur»? Oder «Märtyrer der Natur»? Wo bleibt unser elementarstes Empfinden auch für das Grüne, nebst demjenigen für das Wild? Bleibt die Grasnarbe in unserem Ansinnen, flächendeckend auf Elektrozaun umzustellen, sich selbst überlassen?

Nein, die Pflanzenwelt bleibt nicht allein! Nur sechs Seiten weiter hinten im gleichen Heft kommt nämlich Schützenhilfe, mit dem Beitrag «Pflanzen sind nicht sprachlos». Dort heisst es: «kontinuierliche situationsbezogene Eigenaktivität », «eine Kommunikation der Pflanzen, sowohl untereinander als auch nach aussen.» Wie spannend. Und wie weit verknüpft doch alles untereinander ist! Auch verknüpft mit unserem elektromagnetischen Viehhüter-Pulsschlag. Sollen unsere Weidekräuter somit permanent «auf Draht» sein?

Mein Anliegen geht dahin: Passt es dem einen Landwirt in sein Hofkonzept, soll er wie bis anhin und mit allen Vorteilen elektrisch zäunen. Ebenso soll der andere für einen Teil seiner Dauerweide den guten alten Stacheldraht nutzen dürfen, wenn er es für richtig hält. Also plädiere ich für Eigenverantwortung statt Diktat. Ich verstehe das als Tipp zum nachhaltigen und artgerechten Umgang mit uns Bauern.

Olivier Vuille, Obergummen, Trubschachen BE

Ärgere mich über Stacheldraht (Nr. 1/09)

Zum Artikel «Stacheldraht muss weg», bioaktuell Nr. 10, Dez. 2008

Weder bin ich Landwirt noch sonst irgendwie mit der Landwirtschaft verbunden. Und dennoch hat mich ihr Artikel, denn ich eher zufällig gelesen habe, sehr befriedigt. Ich bin nämlich Pilzsucher; leidenschaftlicher Pilzsucher vielleicht.

Dabei geht es mir nicht in erster Linie darum, möglichst viel nach Hause zu schleppen, sondern auch darum, dort umherzustreifen, wo nicht die grossen Wege und das grosse Publikum zu finden sind, aber jede Menge interessanter Dinge in der Natur. Und damit komme ich zum Thema. Da ich in St. Gallen wohne, bin ich viel im Appenzellerland, im Alpstein und im angrenzenden Toggenburg unterwegs. Und wenn man da abseits von Wegen umherstreift, wimmelt es nur so von Stacheldrähten.

Zweifach und dreifach sind sie zum Teil angebracht. Abgesehen von den Verletzungen, die das Wild dadurch davon trägt, können Sie sich vorstellen, wie viele Schrammen ich davon schon abgekriegt habe und wie sehr ich mich über diese verfluchten Stacheldrähte schon geärgert habe. Ich habe auch schon mit Bauern darüber gesprochen, versucht zu sprechen, aber da ist keine Einsicht zu erwarten. Es wäre wunderbar, wenn diese Stacheldrähte endlich verschwinden würden.
Ich stelle übrigens immer wieder fest, dass die Stacheldrahtzäune weit über den Waldrand hinaus in die Wälder hinein verlegt werden. Nach Gesetz ist es verboten, die Kühe in den Wald hinein laufen zu lassen. Können Sie sich vorstellen, wie damit die schönen Waldränder kaputt gemacht werden? Warum wird diesem Gesetz nicht Nachachtung verschafft?

Leo Boesinger, St.Gallen

Praxisfremde Schreibtischidee (Nr. 1/09)

Zum Artikel «Stacheldraht muss weg», bioaktuell Nr. 10, Dez. 2008

Praxisfremd, einfach nicht durchführbar: In der Alpwirtschaft, im Bereich von Unterholz, Stauden, Gebüsch und an Felsen, ist der Elektrozaun nicht brauchbar. Wieder einmal am warmen sauberen Schreibtisch eine Vorschrift erdacht.

Ich möchte den Tierschutz einmal mehr auf das Enthornen des Rindviehs aufmerksam machen. Artgerecht? Ist das mit dem Tierschutz vereinbar? Das Rindvieh hat nun mal zum grössten Teil Hörner.

Irma Imobersteg, Zweisimmen BE

Welldraht statt Stacheldraht (Nr. 1/09)

Zum Artikel «Stacheldraht muss weg», bioaktuell Nr. 10, Dez. 2008

Mit Interesse haben wir in der letzten bioaktuell-Ausgabe den Bericht über den Stacheldrahtzaun gelesen. Wir haben zu der aufgeführten Alternative eine Ergänzung.

Als wir unseren Berghof Valengiron 1995 kauften, waren alle Dauerweiden mit Stacheldraht eingezäunt. Wir haben dann eine neue Lösung entwickelt: Der Welldraht, sogenannte Weidezaunlitze (3,3 mm) ist ein Vorprodukt des Drahtseiles. Der Vorteil gegenüber anderen Zaunsystemen liegt in der enormen Federwirkung des Welldrahtes. Fällt im Wald ein Baum auf den Zaun, gibt der Draht nach, ohne die Pfosten zu beschädigen. Räumt man den Baum weg, federt der Draht in die ursprüngliche Position urück. Wegen der Elastizität können Wildtiere zwischen den Litzen durchchlüpfen, ohne sich u verletzen oder n Zaun zu beschädigen.

Wie beim Gallagher-System ist der Draht unter Strom. Gespannt wird der Draht von Hand. Die Drahtenden lassen sich problemlos von Hand zu Schlaufen formen und werden am Eckpfosten eingehängt. Bei den Zwischenpfosten kann der Draht frei durch die Isolatoren gleiten. Auf Grund der hohen Belastung müssen die Isolatoren mit einem Eisenkern versehen sein. Dank den einfachen Isolatoren kann der Draht schnell ausgehängt werden, wenn zum Beispiel am Waldrand geholzt werden muss. Weil wir u.a. Schafe und Ziegen weiden, ist der unterste Draht relativ tief gespannt. Dies erfordert ein Ausmähen des Zaunes. Wir sind gerne bereit, auf Fragen telefonisch Auskunft zu geben: 032 493 30 25. Bei grösserem Interesse würden wir einen Informationstag auf unserem Hof organisieren.

Familie Capaul, Perrefitte BE 

Leserbriefe 2008

Ohne Standardschutz kein Freihandel (Nr. 10/08)

Zu den Diskussionen um ein Freihandelsabkommen mit der EU und die Qualitätsstrategie von Bio Suisse

Die Gewerkschaften machen es uns Bäuerinnen und Bauern vor: Sie machten ein Ja zur Personenfreizügigkeit von Anfang an von einem wirksamen Schutz vor Lohndumping abhängig. Allein das Bewusstsein der Qualität der Schweizer Arbeitskräfte genügte ihnen nicht. Wir verdanken den Gewerkschaften die Verhinderung einer sozialen Abwärtsspirale hüben wie drüben. Diese Stabilität ist für eine gesunde Wirtschaft unverzichtbar. Zurzeit kommt die «Ja,-aber-Strategie» zu Verhandlungen für ein EU-Freihandelsabkommen (FHAL), wesentlich mitgetragen von den Vorständen von Bio Suisse und IP-Suisse, von deren bäuerlicher Basis stark unter Druck. Es besteht kaum Zweifel: Wenn der propagierten Qualitätsstrategie keine verbindlichen Zähne gegeben werden, wird an der Bio Suisse Frühlings-DV 09 eine klare Mehrheit zu Recht die Führung zurückpfeifen und diese zwingen, sich der grundsätzlichen Nein-Strategie des SBV anzuschliessen. Dies hätte einen Dominoeffekt zur Folge, und die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (IGAS) stände bald ohne die bäuerlichen Vertretungen da und würde bedeutungslos. Dessen müssen sich die anderen Mitglieder von IGAS, insbesondere Coop, Migros, Emmi, Nestlé und Konsumentenschutzorganisationen, voll bewusst werden. So weit muss es aber nicht kommen. Die neoliberale Schule ist nicht erst seit der Finanzkrise überholt. Es ist mehrfach bewiesen: Freier Handel ohne minimale Regeln ist gleich einer Raserei in den Abgrund. Die Marktteilnehmer werden dazu verdammt, sich den niedrigsten Sozial-, Öko- und Tier(un)wohlstandards anzu passen. Dieses selbstzerstöre Prinzip gilt es umzukehren, und der Freihandel kann zu einem prosperierenden Fairhandel werden. Der Artikel III des GATT (Teil der WTO-Ordnung) besagt, dass man Importeure nicht schlechter behandeln darf als die Inländer. Im Umkehrschluss heisst dies eigentlich, dass Regeln, die für Inländer gelten, auch für Ausländer gelten sollen, und schon müssen sich die Marktteilnehmer nach dem höchsten Standard ausrichten. So einfach ist das. Es braucht nur ein wenig politischen Willen. Die Qualitätsstrategie der Agrarallianz braucht also folgende klare zusätzliche Forderung: Importierte Produkte müssen sämtliche inländischen gesetzlichen Mindeststandards erfüllen, ansonsten diese mit Ausgleichs- beziehungsweise Gleichstellungsabgaben belegt werden. Diese Abgaben werden von der EU und der Schweiz gemeinsam eingesetzt, um die Standards in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Umwelt-, Tierschutzund Bauernorganisationen nur nach oben anzugleichen. Eine solche Bestimmung kann durch ein Sektorabkommen mit der Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeit oder auch als Bestandteil des Freihandelsabkommens festgelegt werden. Ohne diese Zusatzforderung, die zwingend auch von der IGAS aufgenommen werden muss, werde auch ich an der Bio Suisse Frühlings-DV ins Nein-Lager wechseln.

Felix Lang, Rohr b. Olten SO, Co-Präsident Bio Nordwestschweiz, Vorstand Kleinbauern-Vereinigung VKMB

Qualitätsstrategie – ein Papier ohne Klasse (Nr. 10/08)

Die grundsätzliche Kritik am Bio Suisse Papier betrifft die Tatsache, dass nicht aus einer biolandwirtschaftlichen Sichtweise argumentiert wird. Bio Suisse begründet ihr «Ja, aber» mit der gängigen Marktideologie. Zielvorgabe der Stellungnahme ist es, die Landwirtschaft der übrigen Wirtschaft anzupassen. Der nachhaltige Ansatzpunkt aber bestünde darin, die Biolandwirtschaft als Mass des Wirtschaftens darzustellen, eine andere Marktordnung als Fundament zur Genesung des Wirtschaftens überhaupt zu formulieren (siehe diverse Autoren wie Binswanger, Herrmannstorfer, Steppacher, Moser). rvend ist das Strategiepapier insofern, als Unvereinbarkeiten formuliert sind, die aus einer landwirtschaftlichen Sicht einfach nicht nachvollziehbar sind. Im Folgenden möchte ich nur drei Widersprüche des Strategiepapiers stellvertretend aufzeigen.

1. Weder in den Beispielen noch im Lauftext wird der Pflanzenbau angesprochen. Eine nachhaltige Landwirtschaft kann auf den Pflanzenbau nicht verzichten. Wenn der skizzierte Weg sich darin erschöpft aufzuzeigen, dass Nischenprodukte der Käseproduktion stellvertretend für die ganze «Qualitätsstrategie Landwirtschaft Schweiz» stehen, dann machen es sich die Verfasser zu einfach. Per Definition kommen Nischenprodukte nur dort vor, wo eine allgemeine Produktion vorhanden ist, und um die geht es beim Agrarfreihandel. Die Forderungen an den Bund, sich für eine Qualitätsstrategie einzusetzen, sind ja gut gemeint, doch muss man fragen, seit wann der Bund die Innovationsstätte für die Biolandwirtschaft ist? (Zitat aus der Stellungnahme: «… erwarten wir von der Landwirtschaftsministerin aber eine klare Führung.»)

2. Zitat aus der Stellungnahme: «Mit dieser ‹Qualitätsstrategie Landwirtschaft Schweiz› werden die höchsten Standards angestrebt, damit unsere Bauern konkurrenz- und wettbewerbsfähig bleiben sowie unverwechselbare Spezialitäten herstellen können.» Tatsache ist, dass Bio Suisse Lebensmittel in Knospe-Qualität vor allem im pflanzlichen Bereich importiert (beim Getreide über 70 Prozent). Diese Betriebe im Ausland erfüllen doch die geforderte Qualität – bleibt zu fragen, was daran dann noch schweizerisch sein soll?

3. Die Schweizer Banken und die schweizerische Uhren- und Metallindustrie sollen Vorbilder für die schweizerische Landwirtschaft sein; dies zieht sich wie ein roter Faden durch die Stellungnahme. Diese Bilder können verfangen, doch bei genauem Hinsehen entpuppen sich diese «Idole» eher als Entwürfe eines Gegenbildes dessen, was man sich für die schweizerische Landwirtschaft wünscht. a) Die Schweizer Banken als Qualitätsbeispiel hervorzuheben, wird von der Wirklichkeit disqualifiziert. Die momentane Entwicklung in diesem Sektor spricht für sich und zeigt beispielhaft auf, welche Schäden die reine Lehre der freien Marktwirtschaft anrichtet. Spätestens hier sollte der Vorstand innehalten und sich fragen: Ist die gewählte Strategie wirklich zukunftsfähig? Ich meine, das Beispiel ist nicht nur schlecht gewählt, sondern geradezu imageschädigend für die Knospe. b) Die Bestimmung, dass mindestens 50 Prozent der Wertschöpfung bei einer Uhr in der Schweiz erzielt werden müssen, damit die Uhr die Auszeichnung swiss made tragen darf, ist entlarvend. Beim Verhältnis zwischen den Löhnen in der Schweiz und jenen in asiatischen Billiglohnländern bedeutet dies, dass meist nur ein ganz kleiner Anteil der Arbeit an einer swiss made Uhr in der Schweiz geleistet wird. Das meiste wird im Ausland gefertigt. Für die Landwirtschaft ist dies nicht denkbar: Entweder wird die Milch, das Getreide oder das Gemüse auf Schweizer Boden produziert oder eben nicht. Die aktuelle Diskussion über «Swissness » zeigt ja gerade auf, dass die Industrie ganz andere Regelungen für «Schweizer Herkunft» will, als sie für di Landwirtschaft notwendig wären. Statt sich an den Marktideologen zu orientieren, die in der gegenwärtigen Finanzkrise einen Realitätsschock erfahren, wäre der Vorstand gut beraten, sich auf den ureigensten Bioansatz zu besinnen und die Landwirtschaft als Fundament des Wirtschaftens überhaupt einzufordern. Dies wäre der mutige selbstbewusste Schritt, von dem die Autoren in der Stellungnahme schreiben. In der heutigen Krise sehnen sich Wirtschaft und sogar die Banken nach «Bodenbildung » (dieser Begriff ist sinnstiftend für die Wirtschaft), doch wenn selbst Bio Suisse sich diesem Ansatz verweigert und der Phraseologie des freien Marktes huldigt, verspielt sie ihre Möglichkeiten der wirklich pragmatischen Einflussnahme.

Bertrand Bollag, Landwirt,Wisechen, Diegten BL

Eigengoal oder Wie Bio Suisse langsam ihre Seele verkauft (Nr. 10/08)

Am Anfang war’s der Kniefall zur UHT-Milch; das Verstümmeln der Tiere (kein Enthornungsverbot) toleriert man. Jetzt sitzt man – ohne die Biodelegierten abstimmen zulassen – zusammen mit Nestlé («Ohne gentechnisch veränderte Organismen lässt sich dieser Planet nicht ernähren.» Peter Brabeck, 23. Juni 2008) u.a. an einen Tisch, um den «Ja,- aber-Freihandel» zu propagieren.
Um die Symbolkraft dieses Bildes – Bio Suisse zusammen mit dem knallharten Weltkonzern Nestlé – nicht zu erkennen, bedarf es einer fast grenzenlosen Naivität sowie politischer Inkompetenz! Spätestens dann, wenn sich so ein Weltkonzern für den Freihandel einsetzt, hätte man misstrauisch werden müssen. Die biologische Sensibilität scheint der Bioführung (inklusive Herbert Karchs VKMB) abhanden gekommen zu sein. Oder glaubt wirklich jemand, mit «gut Zureden » lassen sich solche börsennotierte Konzerne beeinflussen? Wo bleiben die Nachhaltigkeit und der geschlossene Kreislauf, wenn noch mehr«Bioeier» aus Polen, «Biokalbfleisch» aus Ungarn und «Biosalat» aus Portugal etc. die Schweizer Regale zieren werden? Dass ein europäischer Freihandel – der notabene nicht gottgegeben ist – ein noch gröseres Verkehrsaufkommen mit ingen und somit den CO2-Ausstoss massiv vergrössern wird, scheint die Führungsriege von Bio Suisse nicht zu kümmern. Von einer Ökobilanz für Bioprodukte habe ich jedenfalls bis zum heutigen Tag nichts gehört … Von den negativen Auswirkungen auf die Mehrheit unserer Bauern gar nicht zu sprechen. Die wenigen, die von einem Freihandel profitieren würden, stehen doch in keinem Verhältnis zu denen, die verlieren werden. Ist das Demokratie? Übrigens: Die Globalisierung hat uns die Blauzungenkrankheit beschert – der Freihandel wird für die europäische Feinverteilung sorgen.

Daniel Wismer, Biorebell, Embd VS

Ernst der Lage nicht erkannt (Nr. 10/08)

Zum Leserbrief «Stärkender Blick zurück» von Ernst Frischknecht, bioaktuell Nr. 8, Okt. 08

Mit vielem, was Ernst Frischknecht in seinem Leserbrief schreibt, bin ich voll einverstanden. Es kann nicht sein, dass übermässig Mais und Getreide ins Berggebiet gekarrt werden, um Biomilch zu produzieren. Allerdings wird es bei den zukünftigen Herausforderungen wie Laufstallobligatorium, Zurückfahren der Hangbeiträge, der Beiträge für Tierhaltung unter erschwerten Bedingungen, der Beiträge für Biolandbau usw. gerade für die Berglandwirtschaft immer schwieriger, kostendeckend zu produzieren. Wer da so leicht vor sich hin sagt: «… lässt sich … problemlos, finanziell erfolgreich und ohne Futterzukauf Milch produzieren», hat den Ernst der Lage nicht erkannt.

Hansjürg Fahrni, Oberthal BE 

Der Erfolg der Biobewegung (Nr. 9/08)

Als wir vor zehn Jahren unseren kleinen Nebenerwerbsbiobetrieb übernehmen konnten, haben wir uns gefreut, dass sich der Biokontrolleur die Zeit nahm, mit uns übers Land zu gehen. Er hat sich von uns Tierhaltung, ackerbauliche Absichten, Vorstellungen über ökologische Ausgleichsflächen, die wir umsetzen wollten, erklären lassen, das bevorstehende Laufstallbauprojekt auch. Mit Fragen oder Bemerkungen hat er unsere Gedankengänge und Überlegungen ergänzt und bereichert. Und wir haben gemerkt, dass er sich mit uns freut über unseren Betrieb, dass er die tiefere Gesinnung mit uns teilt, die uns dazu führte, den Hof biologisch zu bewirtschaften. Diese Überzeugung, dass wir auf eine intakte Natur angewiesen sind als Menschheit und wir deshalb das bewirtschaftete Land eher anvertraut bekamen als in Besitz genommen haben, hat sich bei uns in den letzten zehn Jahren noch vertieft. Die Biokontrolle erleben wir inzwischen ganz anders als 1998. Unabhängig von der Person, stehen die Kontrolleure unter einem grossen zeitlichen Druck, der Betrieb ist so klein, dass sich ein Besuch kaum lohnt, der Rundgang auf dem Hof ist nicht mehr vorgesehen, ein Austausch über Fachliches kommt nicht mehr vor. Was zentral ist, ist das Erledigen des Papierkrieges.

Es kommt uns vor, als wären die Menschlichkeit und das Herz aus der Kontrolle verschwunden. Seit ein paar Jahren habe ich das Gefühl, die Tatsache, dass ich mich kontrollieren lasse, macht mich verdächtig und zur potenziellen Regelbrecherin. Das stimmt mich nachdenklich. Ist die Veränderung bei den Kontrollen eine Einzelerscheinung oder etwas, das die ganze Biobewegung erfasst hat?

Ich bin mir bewusst, dass auch die Welt des Biolandbaus extrem komplex geworden ist und weder Rundumschläge aus Frust noch das Suchen nach Sündenböcken angebracht sind. Aber der Verlust an Menschlichkeit und Herzblut, der sich oft in unscheinbaren Dingen zeigt und manchmal nur zwischen den Zeilen steht, ist für mich so nicht akzeptabel. Vor einiger Zeit hat mir jemand einen Text des Dalai Lama zugesandt. Es sind Empfehlungen für das Leben im neuen Jahrtausend. Ein Satz daraus lautet: «Miss deinen Erfolg daran, was du für ihn aufgeben musstest.»

Ich möchte alle Menschen, die in irgendeiner Form mit der Biobewegung verbunden sind, ermuntern, sich in einer stillen Minute zu diesem Satz selbstkritisch einige Gedanken zu machen. Ich wünsche mir einen Biolandbau aus tiefer Überzeugung, ganzheitlich im wahrsten Sinne des Wortes.

Claudia Staubli, Rünenberg BL

Tierquälerei in Oberwil – Tierschutzanwalt nötig (Nr. 9/08)

Da vergeht sich einer im Kanton Baselland an drei Kälbchen derart schwer, dass zwei an den zugefügten inneren Verletzungen qualvoll sterben. Der Mann kommt mit einer läppischen Busse von 1500 Franken davon. Dabei sähe das Tierschutzgesetz für schwere Tierquälerei bis zu drei Jahre Gefängnis vor. Welche Scheusslichkeiten müssen denn noch begangen werden, damit unsere Gerichte endlich ernsthaft für die Rechte unserer Tiere einstehen, statt die Tierquäler ständig mit Samthandschuhen anzufassen? Das himmeltraurige Basler Beispiel zeigt, wie notwendig der vom Schweizer Tierschutz STS geforderte Tierschutzanwalt ist. Wir brauchen einen Tierschutzanwalt, der in Strafverfahren die Rechte der Tiere durchsetzt!

Dr. Hansuli Huber, Geschäftsführer Schweizer Tierschutz STS

Kein Anspruchsrecht für Kulturpflanzen auf biologischen Anbau (Nr. 9/08)

Zum Artikel « Rheinauer Thesen zu Pflanzenrechten», bioaktuell Nr. 8, Oktober 08

Bioaktuell berichtete in der Oktoberausgabe in einer Notiz über die Bekanntmachung der Rheinauer Thesen zu Rechten von Pflanzen. Mit diesen Thesen möchte eine Gruppe von Fachleuten um die Gentechkritikerin Florianne Koechlin in die öffentliche Diskussion über die Würde der Pflanzen eingreifen. Ausgelöst wurde diese Diskussion in der ersten Jahreshälfte durch die Veröffentlichung eines Berichtes der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich mit dem Titel: «Die Würde der Kreatur bei Pflanzen – Die moralische Berücksichtigung von Pflanzen um ihrer selbst willen». Der Kommissionsbericht ist eine Art Protokoll der Gespräche und Diskussionen und gibt eine Übersicht über die in der Kommission vertretenen Ansichten.

Florianne Koechlin, Mitglied dieser Kommission, ergriff die Initiative, um im Anschluss an den Bericht gemeinsam mit Biologen, Landwirten, Züchtern und Philosophen konkrete Thesen zu den Rechten von Pflanzen zu veröffentlichen. Im Vorfeld gab es mehrere interessante Gesprächsrunden, an denen ich ebenfalls beteiligt war, ich habe mich dann allerdings von der definitiven Fassung distanziert. Für mich ist das Ergebnis, das jetzt in der Form der Rheinauer Thesen vorliegt, enttäuschend. Es fehlt ein wesentliches Recht der Pflanzen: das Recht auf einen pflanzengemässen Anbau. Im Tierschutzgesetz ist die artgemässe Haltung und Fütterung der Nutztiere verankert. Einen vergleichbaren Ansatz lassen die Rheinauer Thesen vermissen. Hätte man den Pflanzen das Recht auf eine pflanzengemässe Düngung zugesprochen, hätte man Entscheidendes für die Pflanzen aus dem Verständnis der Pflanzen heraus getan. Die Autoren der Thesen wollten in dem gemeinsamen Papier den Pflanzen dieses Recht nicht zugestehen. Zu den Verfassern gehörten neben Florianne Koechlin u.a. Martin Ott und Amadeus Zschunke, bei den Mitwirkenden finden sich Christian Hiss und Nikolai Fuchs.

Peer Schilperoord, Biologe, Alvaneu GR

Aus dem Herzen gesprochen (Nr. 9/08)

Zur Kolumne «Blauzunge: Gegen den Impfzwang» von Cäsar Bürgi, bioaktuell Nr. 8, Okt. 08

Danke für die Kolumne von Cäsar Bürgi im Magazin bioaktuell 8/08! Der Inhalt spricht uns aus dem Herzen! Auf unserem Biobetrieb, den wir nach Demeter-Richtlinien mit Schafhaltung bewirtschaften, führen wir angeregte Diskussionen über diesen Blauzungenimpfzwang und stellen uns dieselben Fragen wie Herr Bürgi. Auch wir möchten gerne, dass sich Bio Suisse, FiBL und auch der Demeter-Verband für eine Aufhebung des Impfobligatoriums einsetzen.

Daniele Raselli und Sybilla Kölbener, Le Prese GR

Stärkender Blick zurück (Nr. 8/08)

Zur Kolumne «100 Prozent mitmachen – oder aufhören?» von Res Bärtschi, bioaktuell Nr. 7, Sept. 08

Danke, Res Bärtschi, für deinen Mut, bei der drohenden Krise, welche durch die neue Regelung des erlaubten Futterzukaufs ausgelöst werden könnte, zurückzuschauen. Wie hat denn Bio eigentlich begonnen? Was waren die Motivationen der Pioniere? So können Krisen zu Chancen werden. Anfangs des letzten Jahrhunderts lief eine Welle der Erneuerung, Spezialisierung, Technisierung und Chemisierung der Landwirtschaft an, die in den 60er Jahren ihren ersten Höhepunkt erreichte. Kluge Bauern und einzelne Wis-senschafter erkannten die Klippen dieser Entwicklung, bevor der Schaden sich gezeigt hat. Sie suchten in der Ganzheitlichkeit, im geschlossenen Betriebskreislauf und im Erkennen der Prozesse im Boden einen nachhaltigeren Weg. Den Bio-Weg (Lebens- Weg). Gegen Ende des Jahrhunderts wurde Bio – also der ganzheitliche, naturgemässe Weg – stark genug, dass die Grossverteiler, die offizielle Agrarpolitik und die landwirtschaftliche Ausbildung diesen Weg nicht mehr ignorieren konnten. Freundlich und fürsorglich nahmen sie sich dem Bio an – und versuchten, Bio vom handgestrickten Körnlipicker-Image weg und hin zur unternehmerischen Landwirtschaft zu führen. Das war auch gut. Aber die Steigerung des Guten führt nicht automatisch zum noch Besseren.

Im gleichen bioaktuell beschreibt Peter Kunz die Problematik der Getreidezucht. Zu was haben denn die Zuchterfolge der letzten 50 Jahre geführt? Zum immer gleichen Phänomen: Am Anfang wurden Ertragssteigerungen enthusiastisch begrüsst, und als sich die Schattenseite dieser Entwicklung zu zeigen begann, war das Konzept in Schulung, Beratung und Forschung schon derart eingeritzt, dass Korrekturbemühungen fast durchwegs als fundamentalistische Nörglerei und Nestbeschmutzung empfunden und bekämpft wurden. Die sich ausbreitende Getreideunverträglichkeit (Zöliakie) bei Konsumenten, die Unmöglichkeit, «zeitgemässe » Milchviehhaltung im Berggebiet ohne Futterzukauf zu betreiben, bis hin zur immer länger werdenden sogenannten Biohilfsstoffliste könnte uns veranlassen, den Slogan «100 Prozent mitmachen oder aufhören» neu zu überdenken.

Vor 60 Jahren, ohne Heubelüftung, mit wenig Siloraum, war es fast unmöglich, die Raufutterernte dann einzubringen, wenn Energie und Protein ausgewogen die höchste Leistung ermöglichen (Ende Rispenschieben). Kaum kam der Löwenzahn in Blüte, versuchte man einige Fuder zu ernten, um das später gemähte, überalterte Heu aufzuwerten. Heute erlauben die Fortschritte der Raufutterernte, innert kurzer Zeit die ganze Ernte einzubringen. Dabei hat sich die Devise eingeschliffen, so jung wie möglich zu mähen, und so erfolgen der erste wie auch alle folgenden Schnitte zu früh. Ein Überangebot an Protein steigert die Milchleistung, lässt aber die Kuh an Energiemangel leiden. Deshalb geht es nicht ohne Mais oder Getreide, was oft zugekauft werden muss. Eine intensive Stickstoffdüngung steigert den negativen Proteineinfluss zusätzlich, auch wenn sie mit Jauche erfolgt.

Trägt man diesen Umständen Rechnung, lässt sich im Grünlandbetrieb problemlos, finanziell erfolgreich und ohne Futterzukauf Milch produzieren. Die Milch hat dann sogar mehr Omega-3-- Fettsäuren, was gesünder ist. 100 Prozent mitmachen beim ganzheitlichen, auf die Natur abgestimmten Biolandbau wird deshalb das Zukunftsmodell sein, weil nur so die Berglandwirtschaft mit ihren wahrhaft multifunktionalen Leistungen ihre Direktzahlungen verdient. Aber wer Bio und 100 Prozent mitmachen will, bei einer Hochleistungszucht und unnatürlichen Massenproduktion, versucht einen Spagat, der ihn früher oder später zerreisst.

Bio verspricht höchste Werte, dank auf die Natur und den geschlossenen Betriebskreislauf ausgerichteter Produktionsmethoden. Die auf den ersten Blick harten Bedingungen der Biorichtlinien können auf dem Weg zur Top-Positionierung der Knospe, und damit zum erfolgreichen Bestehen auf dem Markt eine grosse Chance sein.

Ernst Frischknecht, Tann ZH

Auf der Seite des globalen Unternehmertums (Nr. 7/08)

Zur Haltung von Bio Suisse gegenüber dem Freihandel mit der EU

Die Präsidentin von Bio Suisse erklärt es landauf, landab: Der freie Handel im Agrarbereich sei eine Chance für die mit der Knospe ausgezeichneten Produkte. Wie können wir den Biolandbau an dieses Projekt der Deregulierung anschliessen? Man muss tatsächlich übersehen haben, worum es geht und welche Folgen für die Umwelt und das Umfeld zu erwarten sind.

Was bedeutet das, Freihandel, also die Öffnung der Grenzen? Nennen wir die Dinge beim Namen: Freihandel heisst Deregulierung und Zollabbau an der Grenze. Um die Tragweite einer solchen Politik zu erfassen, müssen wir auch an das soziale Leben denken, an das Zusammenleben in der Gemeinschaft, an die Lebensqualität. Die im Inland hergestellten landwirtschaftlichen und sonstigen Produkte haben hier Arbeit geschaffen, also Einkommen, welches wiederum Steuern generiert hat und so der ganzen Gemeinschaft nützt. Man kann von einer Wiederverteilung sprechen. Wenn nun dieselben Produkte importiert werden, ohne dass Steuern erhoben werden, steckt sich der Importeur den Mehrwert in die Tasche, der sich aus dem Transfer von Produkten aus einer Region mit tiefen Kosten in eine Region mit höheren Kosten ergibt. Diese Erzeugnisse werden nicht nur die lokale Produktion konkurrenzieren (Dumping), der realisierte Profit wird zudem nichts für die Gemeinschaft abwerfen. Dieser Steuerabbau führt zu beträchtlichen Profiten und begünstigt und fördert den Transport von Waren um die ganze Welt – eine Quelle grosser Umweltverschmutzung, aber auch, indirekt, eine der Ursachen für die Nahrungsmittelkrise in den armen Ländern, die Agrarprodukte exportieren. Der Zollabbau fördert die Verlagerung der Produktion. Die Agro- und Nahrungsmittelmultis zögern nicht, fruchtbares Land der Produktion von Grundnahrungsmitteln zu entziehen, um darauf das anzubauen, was die Schäfte unserer Läden überschwemmt.

Deregulieren heisst auch jene Massnahmen abschaffen, welche die heimische Produktion an der Grenze schützen. Diese Massnahmen sind unterschiedlicher Natur, es gibt Kontingente zur Begrenzung der Importmengen, aber zum Beispiel auch Massnahmen zum Schutz unserer Produktionsstandards.

Indem sie entschieden den Freihandel mit der EU unterstützt, hat sich Bio Suisse ins Lager jener begeben, die die Auflösung unserer Gesellschaft betreiben. Deren Politik ist einfach: weniger Staat, weniger Regeln, weniger Gemeinschaft, weniger Steuern und vor allem keinen Protektionismus. Diese Leute messen dem gemeinschaftlichen Leben keinerlei Bedeutung mehr zu, jenen Werten also, auf denen eine Gesellschaft beruht und die unserem Zusammenleben einen Sinn geben. Sie haben vergessen, wie wichtig das soziale und das wirtschaftliche Gewebe sind. Ein Gewebe besteht aus vielen ineinander verwobenen Fäden – wer einen herauszieht, schwächt das Ganze. Die Deregulierung ist dabei, unser soziales Gewebe aufzulösen; wir vereinzeln und kümmern uns nicht mehr um das Schicksal unseres Nachbarn. Eine Gesellschaft, die erkennt, wie wichtig es ist, dieses Gewebe zu bewahren, misst der Gemeinschaft einen höheren Wert bei, sie ist viel gerechter und respektiert die Werte.

Indem sie Riesenprofite begünstigt, hat die Freihandelspolitik den Unternehmen erlaubt, so finanzstark zu werden, dass sie die Demokratie untergraben. Der Film «Monsanto, mit Gift und Genen» zeigt dafür ein gutes Beispiel.

Bio Suisse verteidigt das globale Unternehmertum, aber wo bleibt der Sinn, wenn man sich nur für das Produkt und dessen Inhaltsstoffe interessiert? Wer die Umwelt im weiteren Sinne ausser Acht lässt, macht eine Art Hors-sol-Bio.

Wir, die wir die Richtlinien einhalten und Knospe-Produkte herstellen, wir distanzieren uns von der neoliberalen Politik von Bio Suisse. Wenn der Verbandsvorstand den Kurs nicht ändert, sehen wir uns gezwungen, aus dem Schiff auszusteigen.

Als ich diesen Text schrieb, wusste ich noch nichts vom Bio Suisse Communiqué gegen die Umsetzung der Agrarpolitik 2011, aber das bestärkt mich nur in meiner Haltung.

Im Juni 2007 waren es als erste die Landwirtschaftsorganisationen, die dem Referendum gegen die AP 2011 die Unterstützung verweigerten. Der Bauernverband, Bio Suisse, die Agrarallianz, Herbert Karchs VKMB: Alle haben sie nach Herzenslust scharf auf das Referendum gegen die AP 2011 geschossen.
Heute erheben sie alle, eine nach der andern, ein grosses Geschrei, dass man sie so nie mehr erwischen werde. Zuerst waren es im Februar die Getreidebauern, die mit vielen Transparenten gegen diese Agrarpolitik nach Bern zogen, dann begannen die Vorstände unserer Organisationen (Weinbauern, Gemüseproduzenten etc.) sich über all die Fallgruben klar zu werden, welche in der AP 2011 lauern, und jetzt steigt auch Bio Suisse ein. Ziel der AP 2011 aber ist es, die Schweizer Landwirtschaft auf jenen grossen Markt vorzubereiten, den die WTO verspricht. Und man kann nicht behaupten, Parlament und Bundesrat hätten uns das verschwiegen!

Ich frage mich mittlerweile, ob unsere Organisationen wissen, was sie sagen, ob sie noch fähig sind, eine Analyse vorzunehmen. Im Abstand einiger Monate verkündet Bio Suisse, sie sei für den Freihandel mit der EU, und jetzt, dass sie gegen die Umsetzung der AP 2011 sei … Ich habe Mühe, das zu verstehen. Wie kann man gegen eine Politik sein, welche uns fit machen soll für ein Projekt, das man für gut befindet?

Der Zustand des Planeten erfordert eine Revolution, aber unsere Organisationen wollen bloss ein Gebastel anstellen, für das ich hier die Anleitung gebe: Man nehme ein wenig nachhaltige Entwicklung, eine Prise fairen Handel und füge vor dem Servieren einen Teelöffel Freihandel hinzu, um dem Ganzen etwas Geschmack zu verleihen…
À bon entendeur!

Willy Cretegny, Präsident Bio-Genève
Übersetzung aus dem Französischen: Markus Bär 

Glauben und Gefühlsleben der Genforscher (Nr. 6/08)

Zur Tagung «Wissen und Pflanzen freisetzen » vom 28. Juni an der Forschungsanstalt ART Reckenholz

Zuerst möchte ich mich bei den Forschern und natürlich auch bei Urs Hans bedanken, dass sie diesen Anlass möglich machten. Als Teilnehmer genoss ich die ambivalenten Emotionen und staunte über manches Statement, zum Beispiel über die Aussage eines Forschers: Obwohl nur 10 Prozent der Konsumenten Bio wünschten, sei es trotzdem erlaubt.

Es war geradezu köstlich, mit welcher Hartnäckigkeit die Forscher ihre Arbeit verteidigten. Sie betonten immer wieder, dass die Wissenschaft das Glauben ablehne und alles geprüft werden müsse. So ist es auch verständlich, warum im NFP 59 (nationales Forschungsprogramm) untersucht wird, ob eine Koexistenz von GVO-Kulturen und Biobetrieben möglich ist, obwohl zahlreiche Fakten aus aller Welt bezeugen, dass GVO-verseuchte Pflanzen zur Tagesordnung gehören. Schade, dass Wissenschaftler nicht glauben können. Wer genauer hinsieht, stellt jedoch fest, dass Wissenschaftler sehr wohl glauben können.

Sie nehmen sich lediglich die Freiheit, nur das zu glauben, wozu sie gerade Lust haben. Sie glauben, dass ihr Projekt den Welthunger besiegt. Sie glauben, dass ihre Arbeit legitim ist. Sie glauben, dass sie für ihr Tun und Lassen keine Verantwortung übernehmen müssen, weil sie ja schliesslich von der Politik beauftragt sind, die Pflanzen auf alle denkbaren Weisen zu vergewaltigen. Kein Empfinden, keine Freude und kein Gram des Forschers tragen zum Resultat bei. Jeder Schädling wird als Fakt im Kopf und im Labor analysiert. Doch tritt der Schädling in Form von Vandalen auf, darf der Forscher endlich, ja endlich seinem Gefühl freien Lauf lassen. Ängste und Enttäuschungen überfluten die eisernen Köpfe, die doch nur Gutes für alle wollen.

Aus meiner Sicht müsste gerade hier die Forschungsarbeit erst recht fortgesetzt werden. Wie wirkt sich das Gefühlsleben des Forschers auf die Pflanzen aus? Müssten die Forscher nicht dankbar sein, dass ihre tiefgekühlte Seele sich regte und sich für einen Moment zornig erwärmte? Vielleicht gibt es ja mal einen Forscher, der eine Waage erfindet, mit welcher er Angst und Enttäuschung in Milli-, Mikro- und Nanogramm festhalten kann, denn dem eigenen Bedenken und dem Bedenken des Volkes Gehör zu schenken, ist ja schliesslich unwissenschaftlich.

Donat Capaul, dipl. Biobauer und dipl. Sozialpädagoge, Perrefitte BE  

Moratorium ist ein Werbetrick des Biolandbaus (Nr. 5/08)

Offener Brief an den Bundesrat zur Verlängerung des Gentech-Moratoriums.

Ich bin einer der wenigen Wissenschafter, die sich in der Schweiz noch kritisch mit gentechnisch veränderten Pflanzen beschäftigen, das heisst auch den möglichen Nutzen, und nicht nur potenzielle Risiken, ins Kalkül einbeziehen. Seit nun fast zehn Jahren engagiere ich mich damit auch im öffentlichen Diskurs. Es hat mich erstaunt, wie sich der Bundesrat öffentlich zu gentechnisch veränderten Pflanzen äussert bzw. zum Moratorium und zu seiner Verlängerung. Als ein seiner Verantwortung bewusster Forscher an einer öffentlichen Institution kann ich dazu aus wissenschaftlicher Redlichkeit nicht einfach schweigen.
Die Ablehnung der Gentechnik ist ein Werbetrick des biologischen Landbaus. Dieser Werbegag funktioniert nur, wenn die Gentechnologie als etwas Gefährliches dargestellt wird. Wissenschaftlich sind diese angeblichen Gefahren nicht nachvollziehbar und nicht feststellbar. Gentechnisch veränderte Pflanzen sind die am besten untersuchten Nutzpflanzen, die wir haben. Weltweit stehen sie seit über zehn Jahren erfolgreich auf inzwischen über 110 Millionen Hektaren, und es gibt keinen einzigen belegten Fall einer Beeinträchtigung der Gesundheit oder der Umwelt, die spezifisch auf landwirtschaftliche Anwendung der Gentechnik mit Pflanzen zurückzuführen ist. Tatsächlich könnte die Gentechnik einige der Probleme des biologischen Landbaus lösen. Dazu gehören verbesserte Krankheitsresistenzen für Pflanzenkrankheiten, wie zum Beispiel die Krautund Knollenfäule der Kartoffel, gegen die beträchtliche Mengen des Umweltgiftes Kupfer gespritzt werden. Es kann unter diesen Umständen nur erstaunen, dass der Bundesrat von einem Nationalen Forschungsprogramm erwartet, es müsse herausfinden, «was gefährlich ist» an gentechnisch veränderten Pflanzen. Damit ignoriert die Landesregierung den internationalen Stand der Wissenschaft. Wenn der Bundesrat festhält, die Schweizer Landwirtschaft habe sich mit dem Moratorium gut positioniert, anerkennt er ja im Prinzip, dass das Moratorium ein Marketinginstrument der Bauern ist. Es ist ausschliesslich Reklame und nichts weiter. Es wird nämlich für lange Zeit keine Firma geben, welche die hohen Kosten einer Zulassung aus der kleinen landwirtschaftlichen Nutzfläche der Schweiz decken könnte. Ich erinnere daran, dass die beiden grössten Kulturen, Mais und Weizen, zusammen lediglich knapp 200 000 Hektaren ausmachen. Die einzige öffentliche Arbeitsgruppe, die einen Prototyp unabhängig von der Industrie zur landwirtschaftlichen Anwendung hätte weiterentwickeln können, Pia Malnoes Gruppe in Agroscope Changins, wurde vor einigen Jahren aufgelöst. Es wird also wahrscheinlich mit oder ohne Moratorium für lange Zeit in der Schweiz keinen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen geben. Daher ist das Moratorium bloss eine unnötige Attrappe. Es ist mir unverständlich, warum sich der Bundesrat so einfach für die Werbung eines Interessenverbandes einspannen lässt. Es ist nämlich falsch, dass das Moratorium niemandem schadet. Zwar kann das Moratorium dem industriellen Forschungsplatz Schweiz tatsächlich nicht mehr schaden, weil diese Forschung längst in Länder abgewandert ist, in denen man effizient forschen kann (das heisst nicht etwa gesetzlos oder auf Kosten der Biosicherheit, sondern einfach ohne ein Opfer der Regulierungswut und zum Teil übervorsichtiger Behörden zu werden). Hingegen schadet das Moratorium der öffentlichen Forschung massiv, weil es zu der ablehnenden Stimmung beiträgt, in der es immer schwieriger wird, die entsprechende Expertise aufrechtzuerhalten. Junge Leute studieren ein bestimmtes Fach nicht einfach so, sondern sie suchen auch eine Lebensperspektive. Wenn sie sehen, dass es auf einem Gebiet keine Arbeit geben wird, dann meiden die Klügeren es verständlicherweise als Studienfach. Die Aussage der grünen Nationalrätin Maja Graf, kein Forscher habe die Schweiz verlassen, ist schlicht falsch. Viele junge Forschende im Gebiet der pflanzlichen Biotechnologie haben die Schweiz verlassen. Und es entstehen keine neuen Forschungsgruppen.
Zwar wäre die Freilandforschung mit gentechnisch veränderten Pflanzen theoretisch trotz Moratorium möglich, aber in der Praxis erweist es sich wegen der Überregulierung sowie der aggressiven Opposition einiger Gruppen als äusserst schwierig, auch nur harmlose Kleinversuche im Feld durchzuführen. Pikanterweise kommt die Opposition zum grössten Teil von denselben Gruppen, welche vor der Abstimmung vollmundig ver- sprachen, das Moratorium tangiere die Forschungsfreiheit nicht. Jetzt aber erschweren sie die Durchführung der Versuche nach Kräften. Die Verzögerung der Forschung wiederum dient ihnen dann als Argument für die Verlängerung des Moratoriums. So drehen sich die Forschungsgegner mit ihren Tautologien um sich selbst. Warum spielt der Bundesrat da mit?
Die Koexistenzfragen sind von der naturwissenschaftlichen Seite her geklärt. Es gibt ein Gutachten von Agroscope Reckenholz und eines des Forschungsinstituts für biologischen Landbau, die auf denselben naturwissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, aber, weil sie verschiedene Grenzwerte annehmen, logischerweise zu verschiedenen Schlussfolgerungen kommen. Grenzwerte sind aber keine naturwissenschaftlichen Gegebenheiten, sondern müssen politisch ausgehandelt und entschieden werden. Um diese Entscheidung hinauszuschieben, kam das laufende Nationale Forschungsprogramm als Argument gerade recht. Jetzt zu behaupten, die Forschung werde durch die Verlängerung des Moratoriums entlastet, ist grotesk. Das Gegenteil ist der Fall. Es wird ihr noch mehr Verantwortung aufgebürdet, die keine wissenschaftliche, sondern eine politische wäre. Eine ehrliche öffentliche Diskussion der grünen Gentechnik, ohne pseudowissenschaftliche Argumente, ist das Anliegen der Forschung. Es wäre zu wünschen, dass die Landesregierung dieses Anliegen teilt. Wir unabhängigen Wissenschafter aus der öffentlichen Forschung stehen Ihnen dabei gerne mit unserer Expertise zur Seite.

Christof Sautter, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich

Bäuerliches Bodenrecht: Den Spielraum nutzen! (Nr. 5/08)

Offener Brief an den Regierungsrat des Kantons Bern zur Erhöhung der SAK.

Der Regierungsrat des Kantons Bern hat entschieden, die Gewerbegrenze im Rahmen des bäuerlichen Bodenrechts für Betriebe des Berg- und Hügelgebiets auf 0,8 Standardarbeitskraft (SAK) festzulegen. Damit nutzt er die vom Bund gewährte Möglichkeit der Obergrenze von 0,75 SAK nicht voll aus. Schweizer Bergheimat und Kleinbauern Vereinigung fordern von der Regierung des Kantons Bern, den Spielraum ganz zu nutzen.
Die Heraufsetzung der bestehenden Limite (von 0,55 SAK auf 0,75 SAK) betrifft im Kanton Bern bereits über 1000 Familienbetriebe. Mit dem Entscheid der Kantonsregierung für eine Gewerbegrenze von 0,8 SAK (anstatt, wie es möglich wäre 0,75) werden unnötig rund 200 weitere Betriebe den Status als landwirtschaftliches Gewerbe verlieren und entsprechende Nachteile beim Erbrecht, der Raumplanung und der Besteuerung hinnehmen müssen. Mit rund 1200 Betrieben sind 10 Prozent aller Betriebe im Kanton Bern vom Entscheid betroffen. Diese Betriebe müssen mit erheblichen Einbussen rechnen. Sicher steigen die amtlichen Werte und die Eigenmietwerte, und damit steigt auch die Hürde, um Krankenkassen-Prämienverbilligung oder Stipendien zu bekommen. Ausserdem ist mit einer Erhöhung der Einkommens- und Vermögenssteuer zu rechnen. Für Hofnachfolger verfällt das Recht, den elterlichen Hof für den Ertragswert zu übernehmen. Offen bleiben alle Fragen rund um die Umsetzung dieses Entscheids. Wichtig wären dabei eine längere Übergangszeit oder flankierende Massnahmen für die Betriebe, um einen höheren Nebenverdienst zu finden. Eine sozialverträgliche Umsetzung bedingt Begleitmassnahmen, wenn man gewachsene Strukturen nicht einfach zerstören will.
Wir wollen Nachbarn, nicht Hektaren! Die Zeichen der Zeit (Nahrungsknappheit in vielen Ländern) sprechen dafür, den möglichen Spielraum zum Schutz der Bauernbetriebe zu nutzen. Die Bauernorganisationen rufen auf, über Ernährungssouveränität, mehr regionale Vermarktung, mehr Ökologie und weniger globalen Handel nachzudenken. Die Schweizer Bergheimat fordert den Berner Regierungsrat auf, auf den Beschluss zurückzukommen, um mindestens die Möglichkeiten, die der Bund zulässt, voll auszuschöpfen.

Schweizer Bergheimat, Ulrike Minkner, Geschäftsstelle

Das Anliegen wird unterstützt von Kleinbauern- Vereinigung, Bärner Bio Bure, Bio Suisse und Uniterre

Agrarfreihandel: Ökologie als Verlierer (Nr. 5/08)

Zum Artikel «Klasse statt Masse: Bio Suisse fordert Qualitätsstrategie», bioaktuell Nr. 3, April 08

Zuerst sollten wir uns die Frage stellen: Wer profitiert vom Agrarfreihandel? Wie der Name schon sagt, der Handel!
Auch Bio Suisse profitiert vom Handel! Und was ist mit den Bauern? Wie und warum soll der Bauer profitieren? Markus Arbenz schreibt in seinem Bericht: «Dazu braucht es aber einen Staat, der strategisch im Sinne der landwirtschaftlichen Unternehmer denkt …»
Haben wir das, einen Staat im Rücken, der im Sinne der Landwirtschaft denkt? So wie ich das in letzter Zeit verstanden habe, sind wir Schweizer Bauern für den Staat nur eine Last, die man schön langsam wegrationalisiert!
Der grösste Verlierer aber ist die Ökologie – genau das, was wir im Biolandbau eigentlich fördern wollen!
Der Preisdruck zwingt die Betriebe grösser zu werden. Je grösser der Betrieb, je grösser die Maschinen, desto mehr muss auch bei ungünstigen Bodenverhältnissen gearbeitet werden!
Ökologisch am sinnvollsten ist, biologisch produziert und regional vermarktet! Das ist das einzige, was längerfristig Sinn macht!!

Peter Hilfiker, Strengelbach AG

Dilettantisches Marketing verschenkt Marge (Nr. 5/08)

Zum Thema Milchpreis und Milchstreik

Den mutigen Milchstreik-Bauern sei Dank. Sie haben uns vor Augen geführt, wie erbärmlich schlecht eines der hochwertigsten und gesündesten Lebensmittel, die Milch, hierzulande vermarktet wird. Wer im Laden für Fr. 1.50 einen Liter Milch kauft, glaubt öfter, das sei teuer. Ohne zu murren blättert diese Person für die gleiche Menge eines praktisch wertlosen, gesundheitlich eher problematischen Getränkes aber ein Vielfaches hin, zum Beispiel für Cola Fr. 2.50 oder für Red Bull sogar Fr. 10.– pro Liter Mit einem dilettantischen Marketing und einem unsinnigen Preiskampf wird Marge verschenkt.

Hansuli Huber, Altikon ZH

Agrarfreihandel – für Kleinbauern der Untergang (Nr. 4/08)

Zum Artikel «Klasse statt Masse: Bio Suisse fordert Qualitätsstrategie», bioaktuell Nr. 3, April 08

Diese Grenzöffnung ist für kleine und mittlere Bauern der totale Untergang! Braucht es nur noch Grossbauern im Ausland?
Die Schweizer Landwirtschaft wird kaputtgemacht. Kleine Bauern können noch spazieren gehen, es rentiert nicht mehr. Die Schweiz importiert dann schlechte Lebensmittel mit viel Gift drin. Die Krebsrate steigt, es droht ein langsamer, aber sicherer Weltuntergang. Agrarfreihandel bedeutet Tod und Elend, alles geht kaputt. Die Bauern müssen aufhören, werden arbeitslos. Einige werden vielleicht Amok laufen.

Jakob Näf, Biobauer, Hinterforst SG

Landwirtschaft und Nahrungsmittelknappheit (Nr. 4/08)

Die schrankenlosen Liberalisierer und die gutmeinenden Hilfswerke wollten uns jahrelang weismachen, die Ärmsten der Armen litten darunter, dass die Schweiz nicht bereit sei, ihre Märkte für Nahrungsmittel aus diesen Staaten zu öffnen. Nach Jahrzehnten des Überflusses wurde es hierzulande Mode, die Daseinsberechtigung der einheimischen Landwirtschaft in Frage zu stellen. Von anderswo her könnte man das Essen noch billiger kriegen, dachte sich mancher. Nun sind mit ansteigenden Weltmarktpreisen und Lebensmittelverknappung alle eines Besseren belehrt worden. Das Fördern und Erhalten einer eigenständigen Schweizer Landwirtschaft, die gesunde Lebensmittel aus naturnaher und tierfreundlicher Herkunft erzeugt, ist kein Luxus, sondern Notwendigkeit. Das Gleiche gälte sinnvollerweise für jedes andere Land, einschliesslich der Drittweltländer. Statt diese zu unseren Nahrungsmittelproduzenten machen zu wollen, wie es Liberalisierer und Hilfswerke predigten, müssten sie in erster Linie einmal die eigene Bevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgen. Wer Drittweltländern primär die Rolle von Nahrungsmittelproduzenten für den Rest der Welt zuweist, nimmt ihnen zudem die Chance zur Entwicklung einer modernen Gesellschaft, wie wir sie ganz selbstverständlich für uns in Anspruch nehmen. Er zwingt die dortigen Menschen in eine Agrargesellschaft und damit ein Schicksal, das nicht nur vom Wetter- und Klimarisiko, sondern auch von den Launen der Händler und Konsumenten in den reichen Ländern abhängig ist.

Hansuli Huber, Geschäftsführer Schweizer Tierschutz STS  

Knospe mit Zukunft (Nr. 3/08)

Zum Artikel «Entscheidende Phase im Leitbildprozess», bioaktuell Nr. 2, März 08.

Ich bin seit der Jugend mit dem Biolandbau vertraut, habe jahrelang einen Biogemüsegarten gehabt und bin Mitglied der Produzenten- Konsumenten- Genossenschaft Bern (PKGB), die den Hallerladen betreibt. Als Physiker bin ich seit 19 Jahren an der Normungsarbeit in der Schweiz, beim CEN (Comité européen de normalisation) und ISO beteiligt und habe internationale Normungsarbeitsgruppen geleitet. Als Vorsitzender der Schweizer Normungskommission für Sonnenenergie bei der SNV (Schweiz. Normen-Vereinigung), der Dachorganisation der Normung in der Schweiz, erlebe ich immer wieder, was mit Labels nd der Zertifizierung der Produkte ablaufen kann. Hier die Gedanken, welche das Lesen des Artikels bei mir geweckt hat. Verspielen Sie die Glaubwürdigkeit der Knospe nicht! Was die Vorgänger in vielen Jahren mit sehr vielen Anstrengungen aufgebaut haben, darf auf dem Markt nicht verspielt werden. Die Knospe muss ein glaubwürdiges Zeichen bleiben, das das Vertrauen des Käufers verdient. Dazu braucht es:

  • a) Klare Normen, die die Anforderungen für die Verleihung der Knospe absolut deutlich regeln, und zwar von der Produktion bis zum Laden (ganze Produktions- und Verteilungskette!).
  • b) Strikte, regelmässige, systematische Kontrollen der Einhaltung dieser Normen durch anerkannte Beauftragte.
  • c) Sanktionen beim Verstoss gegen die definierten Regeln.

Fehlt nur ein Glied in dieser Anforderungsliste, fällt die Glaubwürdigkeit, mindestens teilweise. Behalten Sie die Definition der Normen in der Hand! Geben Sie die Oberhand bei der Definition der Normen für die Verleihung der Knospe nicht ab! Die Geldinteressen sind gross, und sie könnten dazu führen, dass die Normen verwässert werden, nur um einem erweiterten Kreis von Produzenten oder Verteilern dank dem «Vorwand Knospe» zu ermöglichen, ihre Produkte teurer zu verkaufen. Wenden Sie bei der Normung den «New Approach» an! «New Approach» ist die Strategie, die die EU seit den 90er Jahren in ihrer Gesetzgebung anwendet. Mit der vorhergehenden Strategie wollte sie jede Einzelheit selber regeln und in ihre Richtlinien einbauen. Damit kam sie aber nicht vom Fleck, weil die Politik nicht geeignet ist, um alle Details auf dem Markt zu regeln. Seitdem der «New Approach» angewendet wird, geht es wesentlich besser. Was ist diese Strategie? Beim «New Approach» haben Staat und Wirtschaft je eine Rolle zu spielen. Der Staat bzw. die EU-Staaten legen Grundsätze fest. Dies sind die Richtlinien des EU-Ministerrates. Für die Umsetzung der Richtlinien beauftragensie die Wirtschaft, vertreten durch das CEN, mit der Definition von Normen, welche dem Stand der Technik entsprechen sollen und von den am Markt beteiligten Firmen und Akteuren zu erarbeiten sind. Auf diese Weise entstehen «harmonisierte Normen», die eine grosse Akzeptanz geniessen und die Spielregeln auf dem Markt definieren. Da die Wirtschaft selbst diese Normen erarbeitet hat, sind diese Dokumente gerade das, was sie braucht: es wird weder zu wenig noch zuviel festgelegt. Auf Schweizer Verhältnisse übersetzt heisst dies für den Biolandbau folgendes:

  • Der Bund soll nach wie vor die Rahmenbedingungen definieren (analog zu den EU-Richtlinien), also die Grundsätze festlegen.
  • Ihre Organisation, Bio Suisse, soll die Normen definieren, die für die Umsetzung der Bundesgrundsätze nötig sind.

Allgemein gesehen gibt es noch ein weiteres Element zu berücksichtigen: der Staat ist die Aufsichtbehörde für die Zertifizierung der Produkte. Nur von ihm akkreditierte Stellen dürfen die Zertifizierung der Produkte durchführen, d.h. die Konformität der Produkte zu den geltenden Normen erklären, wenn dies von den Normen explizit verlangt wird. In einfachen Fällen erklären die Hersteller selbst die Konformität. Überall, wo Gesundheit und Personenschutz im Spiel sind, dürfen nur akkreditierte Stellen die Zertifizierung durchführen. Im Falle des Biolandbaus würde ich empfehlen, den Status der zertifizierenden Stellen ganz genau zu überlegen, um ihnen eine möglichst hohe «Offizialität » und «Unparteilichkeit» zu verleihen. Dies ist für die Glaubwürdigkeit der Knospe fast das wichtigste Element. Kurz zusammenfassend: Ihre Variante 3 scheint mir die beste, vorausgesetzt, dass geeignete Strukturen klar definiert werden können. Darüber hinaus sollten Sie sich sehr gut überlegen, wie Sie Normung und Zertifizierung beim Biolandbau anwenden. Ich empfehle die Anwendung des «New Approach». Das kann das Image des Biolandbaus als «normaler Zweig der Wirtschaft» nur fördern. Denn warum sollte Ihre Branche ein Sonderzüglein fahren, wenn sich dieser Normungs- und Zertifizierungsprozess überall sonst bewährt hat? Übrigens: wenn Sie dies im Rahmen der SNV machen, haben Sie automatisch den Zugang zur Europäischen Normung auf diesem Gebiet. Und wenn Sie in der Schweiz auf diese Weise eine Vorreiterrolle übernehmen, können Sie Ihre Lösung innerhalb des CEN an Europa «verkaufen »! Partnerländer sind immer froh, fixfertige Lösungen zu übernehmen, wenn diese sich bewährt haben. Und für Sie wäre es doch auch gut, Ihre Vorstellungen durchboxen zu können, oder?

Jean-Marc Suter, Bern

Bio als Ganzes stärken (Nr. 3/08)

Bio Grischun befasst sich intensiv mit dem zukünftigen Leitbild der Bio Suisse. Dies unter anderem deshalb, weil Bio schon bald zu Graubünden gehört wie das Sechseläuten zu Zürich oder die Fasnacht zu Basel. 2007 wirtschafteten bereits 56 Prozent aller direktzahlungsberechtigten Betriebe in Graubünden nach den Biorichtlinien.

Von den 1433 Bündner Biobetrieben sind 1291 bei der Bio Suisse organisiert. 142 Betriebe oder 10 Prozent arbeiten nach den Richtlinien der Bundesverordnung, 2006 waren es erst 118 Betriebe. Wir stellen mit Bedauern fest, dass die Knospe langsam, aber stetig an Bedeutung verliert. Bio Grischun ist es denn auch bekannt, dass sich die Bundesbiobetriebe ernsthaft Gedanken machen, sich zu organisieren.

Bio Grischun bereitet aber nicht nur der schwindende Stellenwert der Knospe auf den Betrieben Sorge, sondern auch der schwindende Einfluss der Knospe in der Politik und am Markt.

Politik: Die wirklich einschneidenden Richtlinienentscheide zum Biolandbau werden schon seit Längerem von der EU oder vom Bund gefällt. Die Zeiten, als alleine die Bio Suisse sagen konnte, was Bio ist, sind vorbei. Mit der jetzigen Organisationsform der Bio Suisse können wir vor allem noch Übergangsfristen für Richtlinienänderungen verlängern oder auf der Bioverordnung aufbauend neue Richtlinien schaffen. Die Einflussnahme am Ort des Geschehens (EU-Mitgliedstaaten, Brüssel) ist momentan zu gering. Bio Grischun ist der Auffassung, dass dies geändert werden sollte. Markt: Die Bedeutung der Knospe am Markt schwindet sukzessive. Einige Beispiele:

  • Coop: Die Türe für Nichtknospe- Bioprodukte ist offen, zwar erst einen Spalt weit, aber sie ist offen. Kommt hinzu, dass aus dem Naturaplan-Label nun ein vollwertiges Biolabel geworden ist.
  • Migros: Hat eigenes Biolabel mit tieferen Standards für Importprodukte. Es besteht die Gefahr, dass Migros in Zukunft auch Bundesbioprodukte vermarktet.
  • Manor: Hat ein eignes Biolabel, Knospe wird nicht mitkommuniziert hingegen ist das IP-Suisse-Label sehr präsent.
  • Globus: Bietet Bioprodukte mit der Aufschrift «EU-Bio» an, die Knospe ist also wohl mehr Kür als Pflicht.
  • Spar: Vermarktet erfolgreich Bioprodukte von Bundesbiobetrieben (zum Beispiel vom Puracenter in Lenzerheide GR).
  • Natürli-Milchprodukte aus dem Zürcher Berggebiet: Vermarkten erfolgreich Bioprodukte auch ohne Knospe.
  • Biofachgeschäfte: Setzen stark auf eigene Marke «Echt Bio», die Knospe rückt mehr und mehr in den Hintergrund.
  • Gastronomie: Die Knospe hat es in den 27 Jahren nicht geschafft, richtig Fuss zu fassen.
  • Denner, Aldi, Lidl: Auch für diese Anbieter ist oder wird Bio ein Thema, vermutlich ebenfalls ohne Knospe.

Die Bio Suisse wurde gegründet, um die Biokräfte zu bündeln. Diese Bündelung, welche die Bio Suisse gross und stark gemacht hat, ist nun im Begriff, sich aufzulösen. Bio Grischun ist der klaren Auffassung, dass dies der ganzen Biobewegung schaden würde. Wir denken, dass sich dieses ungemütliche Szenario am ehesten mit einer gut ausgearbeiteten Variante 3 – Trennung von Verband und Marke – abwenden lässt. Eigentlich sollte diese Variante «Zusammenführung und Stärkung der Schweizer Biobewegung» heissen, denn Variante 3 verknüpft die Stärken der Variante 1, also der Bündelung der Biokräfte, mit den Stärken der Variante 2, also der optimalen Positionierung der Knospe am Markt.

Alfons Cotti, Sur GR, Präsident Bio Grischun

Starker stolzer "Biorebell" (Nr. 3/08)

«Biorebellen» stand unter dem Foto von Daniel Wismer (3-facher Preisträger mit Yaks, und Geisterfahrer) und mir in den Bergheimat-Nachrichten Nr.161. Und das nur, weil wir beide uns gewagt hatten, einen Antrag zu stellen, dass die Schweizer Bergheimat als Mitgliedorganisation aus der Bio Suisse austreten soll. – Ja, ich fühle mich irgendwie geehrt und bin ein bisschen stolz, so einen Titel zu bekommen. Auch Sepp Holzer hat so ein Markenzeichen als «Agrar-Rebell».

Vorweg möchte ich festhalten, dass ich absolut nichts gegen das Ur-Bio habe! Bereits 1972 bis 74 bin ich am Plantahof in Landquart als Landwirtschaftschüler mit Bio-, Umwelt- und Klimagedanken etc. aufgefallen. Auch habe ich mit Alpmeistern über solche Themen gesprochen und bin seit 1981 als selbstständiger Biobergbauer mit meiner Frau tätig. Dazu kommen noch drei Kinder, die auch Interesse am Biobauern haben. Meiner Überzeugung blieb ich in all den Jahren treu: Der Mutter Erde Sorge zu tragen, denn nur sie ernährt uns! Wenn also unter Biorebell ein Kämpfer gemeint ist, der sich gegen alles zur Wehr setzt, was im Namen der Bio Suisse gegen jeglichen gesunden Menschenverstand «richtlinisiert» wird, ja, dann verstehe ich es richtig. So frage ich mich, warum EU-Bioheu bei der Knospe akzeptiert ist, Bundes-Bioheu hingegen nicht. So frage ich mich, warum anderseits in der Schweiz ein Knospen tauglicher Salzstein plötzlich nicht mehr erlaubt ist, weil der Verkäufer sich weigert, der Bio Suisse immer höhere Lizenzgebühren zu zahlen.

So frage ich mich, warum die Delegierten demokratisch einer Beitragserhöhung zustimmen, anstatt eine Leistungsorientierte Entlöhnung in der Bio Suisse Geschäftstelle zu verlangen.

So frage ich mich, warum das Mutterhaus der Biobewegung, der Möschberg in Grosshöchstetten, die Knospe nicht mehr führt …

Und wenn die zwei Natel-Antennen auf dem Dach der Bio Suisse Büros mitten in der Stadt Basel auch nichts nützen, um die Signale der «Geisterfahrer» (Knospenbetriebe, die sich von Bio Suisse verabschieden) zu empfangen, ja, dann frage ich mich, ob es nicht naiv ist, blind nur an das Gute der Bio Suisse zu glauben!

Wie kann man Ernährungssouveränität fordern und gleichzeitig von Freihandel träumen, als Exportchance für Knospe- Produkte. Wer ernährt dann die Bio- Konsumenten hier? Wo bleibt die Logik? 80 Prozent der verkauften Bioprodukte in der Schweiz stammen bereits heute aus dem Ausland! Sind es nachher einfach 95 Prozent? Wie soll das aufgehen mit dem CO2 und der grauen Energie?

Am 23.April 08 wird in Olten über das neue Leitbild der Bio Suisse abgestimmt, und die Knospe als Label ist da auf dem besten Weg, eine Automarke zu werden, eine Marke mit totem und verstümmeltem Leben (UHT Milch von Kühen ohne Hörnern!). Die Richtlinien macht dann der Bund mit der EU. Coop, auf deren Pferd Bio Suisse ja sitzt, weiss sich sowieso selber zu helfen.

Es ist verantwortungslos, dem Ur-Bio keine Chance zu geben! Und für das kämpfe ich: Die natürliche Lebensweise des Menschen wieder einzuführen, im Einklang mit der Mutter Erde, die uns letztlich ernährt.In diesem Sinne verstehe ich mich als Biorebell: ehrlich, stark und stolz!

Armin Capaul, Perrefitte BE

WTO und Agrarfreihandel sind elitäre Konstrukte (Nr. 2/08)

Bundesrätin Leuthard und Direktor M. Bötsch vom BLW (Bundesamt für Landwirtschaft), favorisieren ein EU-Agrarfreihandelsabkommen. Der Bauernverband und Tausende von Bauernfamilien stemmen sich gegen dieses Abkommen, das unnötig viele Existenzen vernichtet.
Die SVP fordert in ihrem Pressecommuniqué eine von der EU unabhängige, eigenständige Agrarpolitik, die den verfassungsmässigen Auftrag der Landwirtschaft umsetzt und mindestens den bisherigen Selbstversorgungsgrad sichert. Einen allfälligen Freihandelsvertrag wird die SVP mit einem Referendum bekämpfen.
Die WTO und das geplante EU-Agrarfreihandelsabkommen sind Konstrukte einer elitären Schicht aus dem Polit-, Verwaltungs- und Wirtschafts-Establishment der jeweiligen Länder und sind je länger je mehr zum Scheitern verurteilt. Das Volk und im Speziellen die Landwirte haben mehr als genug von solchen Abkommen und wissen sehr wohl, dass es unsinnig und unnötig ist, Agrargüter in der ganzen Welt herumzukarren. Produkte von der Region für die Region gewinnen immer mehr an Bedeutung. Die Gründe gegen die erwähnten Abkommen sind offensichtlich, die Profiteure sind vorwiegend grosse Industrieund Handelsnationen.

Walter Gisler, Luzern, und Sympathisanten

Fatale Arroganz (Nr. 2/08)

Zum Artikel «Geisterfahrer des Biolandbaus » , bioaktuell Nr. 1. Jan. 08

Im letzten bioaktuell liest man in der Kolumne von Alfred Schädeli, dass er die aus Bio aussteigenden Bauern und Bäuerinnen als Geisterfahrer bezeichnet. Einige Seiten später dann der Leserbrief eines Bauern, dem das Zertifikat wegen eines bürokratischen Versäumnisses entzogen wurde. Welch unterschiedliche Welten! Hinter dem Ausdruck Geisterfahrer steckt meiner Ansicht nach eine fatale Arroganz und eine bequeme Vereinfachung der Tatsachen. Geisterfahrer sind Leute, die andere lebensbedrohlich gefährden. Solche Geisterfahrer mit Bauernfamilien zu vergleichen, die zum Schluss kommen, auf das Biolabel zu verzichten, finde ich mehr als zynisch. Einem solchen Entscheid geht eine intensive Auseinandersetzung voraus. Bauernfamilien riskieren in ihrer Umgebung auch, als Versager dazustehen, es nicht mehr zu schaffen, all die Richtlinien, die sich jährlich verändern, zu vollziehen. Oder die andere Variante: Sie haben genug von sehr komplizierten, oft bürokratischen Richtlinien und bauern genau gleich weiter biologisch, einfach ohne Label.
Aus diesen Gründen kommt mir die Aussage von Alfred Schädeli abgehoben, theoretisch und arrogant entgegen. Zum Leserbrief: Hat je eine Person aus diesem ganzen Bio Suisse Apparat den Bauern persönlich kontaktiert? Spuckte der Computer einfach Mahnung um Mahnung aus, um dann zuletzt auch noch gleich den Zertifikatsentzug auszuwerfen? Ist das die Bio Suisse, die für Nachhaltigkeit und Sorgfalt allem Lebendigen gegenüber einsteht? Ich gehe davon aus, dass ein Betrieb, dessen Kundinnen und Kunden davonlaufen, ganz einfach als Erstes fragen soll: Machen wir etwas falsch? Stattdessen lese ich von neuen, sehr aufwändig erstellten Leitbildern.
Meine Frage: Ist Bio Suisse eigentlich für die Bauern und Bäuerinnen da oder ist es etwa umgekehrt?

Magdalena Schatzmann, Diemtigen

Oh bio, quo vamus? (Nr. 1/08)

Zum Artikel «Delegierte bauen an der Zukunft», bioaktuell Nr. 10, Dez. 07

Mit den drei vorliegenden Modellen, welche in fünfunddreissig Seiten mit grossem Einsatz unseres Vorstandes erarbeitet wurden, wären wir also am Ende unserer Selbstfindung – oder eben: Das neue Leitbild sollte mittels Abstimmung der Delegierten in eine der drei vorgegebenen Bahnen gelenkt werden. Bloss in welche?
Modell 1 verspricht eine breite Biobewegung auf der Ebene von Bundesbio und lässt uns einen Augenblick von einem Bioland Schweiz träumen. Aber wollen wir so undifferenziert Biobauern sein – wie unterscheidet man da einen bewussten, sorgsamen Selbstverarbeiter von einem 100-Hektaren-Monobio, welcher an der Grenze des zumutbaren Biorahmens Produktion und Markt heiligt? Oder darf es Modell 2 sein? Knospe als Marke wie etwa Coca Cola? Sehr elitär, nur das Beste ist gut genug … marktorientiert bis zum neoliberalen Gehtnichtmehr, jedoch in Konkurrenz zu den anderen Biolabels?
Auch der dritte Weg hat so seine Crux: «weder Fisch noch Vogel» als Negativum, oder «das eine tun und das andere nicht lassen», wenn man es positiv wertet. Auf jeden Fall brächte dies noch mehr Verwaltung(skosten), und dies kann doch echt nicht sein, was wir wollen. In diesen unruhigen Zeiten, wo die Landwirtschaft sowohl global, aber auch zunehmend lokal im Netz von multinationalen Partikularinteressenten zappelt, kann ich mich nicht entschliessen, mich einem dieser Modelle anzuschliessen. Die Zukunft unserer Landwirtschaft ist unberechenbar wie noch nie – mit Klimawandel, mit Agrotreibstoffen, welche heute den Ackerfruchtsektor austrocknen und morgen überschwemmen können, mit Welthandel rundherum, sodass im Milchmarkt heute wegen Überproduktion miserable Preise erzielt werden und morgen dank Konsum von Milchderivaten in China ein akuter Mangel an Milch entsteht. Ein ungünstiger Moment, um dezidierte Richtungsänderungen vorzunehmen!
Ich denke, dass wir eher an unsere bisherige Praxis anknüpfen sollten und die wertvollen Erfahrungen, welche wir in dieser Leitbilddiskussion erarbeitet haben, einfliessen lassen müssen. Also Bauern, Mistgabel beiseite legen und über die Bücher. Den Admin tratoren rate ich, neue Wege zu suchen, um der Situation etwas gerechter zu werden.

Für die Knospe-Gruppe der Bergheimat: Markus Lanfranchi, VerdabBIO GR

Vertrauen kommt nicht von grünen «Pünktli» (Nr. 1/08)

Wir haben für unseren Hof und unser Unternehmen die Knospe-Zertifizierung erhalten, und haben uns dabei nicht gefreut. Diese pompösen Papiere (fünf Seiten A4, 150 Gramm schweres Papier und in Farbe) erscheinen wenig vertrauenswürdig. Sie ähneln gar gewissen Pseudo-Diplomen und -Zertifikaten, welche skrupellose Firmen gegen klingende Münze verkaufen, um die Leute zu täuschen.
Wir würden eine Einfachheit und Strenge vorziehen, wie sie der Arbeit der Biobäuerinnen und Biobauern besser anstünde. Doch wir stellen fest, dass die Liebe zur verwalteten Verwaltung auf die Arbeit abzufärben scheint, die wir von einer Zertifizierungsfirma erwarten würden; einer Firma, die uns eher als potenzielle Betrüger denn als Partner sieht. Leserbriefe auf dieser Seite haben solche Empfindungen ja schon früher ausgedrückt. Und jetzt waren wir auch konfrontiert mit dieser legendären «Sturheit der Pünktlischiisser».
In unserer täglichen Arbeit in der Direktvermarktung können wir schon lange feststellen, dass das Vertrauen der Kundschaft in uns definitiv nicht von einem grünen «Pünktli» abhängt, das auf unseren Artikeln prangt. Viel bedeutender ist unsere Beziehung, die wir zu den Produkten haben, die wir verkaufen und für deren Qualität für Leib und Seele wir garantieren. In der Zusammenarbeit zwischen Produzenten und Verwaltung hingegen fehlt das Vertrauen. Und das ist schlimm. Ist es in dem Moment noch vernünfg, Komplize einer selbstherrlichen Bürokratie zu bleiben, die Lichtjahre von unseren Bedürfnissen als Biobauern entfernt ist?

Ruth und Onorio Petralia, Ollon VD

Majestätsbeleidigung (Nr. 1/08)

Ja, ich habe einen Fehltritt begangen. Als Folge diverser Probleme war ich in eine tiefe Depression gefallen. Zur Heilung bieten sich verschiedene Lösungen an: eine Kugel, ein Strick etc. Aber nein: Um wieder aufzutanken eignet sich nichts besser als die Natur. Und wir haben das immense Glück, mit einer Ressource zu arbeiten, die nur wenige Menschen zu schätzen wissen.
Ich stehe jeden Morgen mit Freude auf, um nach meinen Tieren zu sehen, nach der Entwicklung meiner Kulturen und der ganzen Natur.
Aber, während die Krankheit meine Arbeit nicht befiel, übertrug sie sich auf mein Büro. Ich konnte keinen Brief mehr öffnen, kein Formular ausfüllen, nichts mehr ordnen und abheften.
Am Ende wurde mir mein Zertifikat entzogen, denn ich hatte den schwersten Fehler begangen, den man in der Biolandwirtschaft machen kann.
Nein, ich habe keine Pestizide eingesetzt, keine synthetischen Düngemittel, kein chemisch gebeiztes Saatgut, ich habe auch nicht meine Tiere schlecht behandelt. Ich habe das Schlimmste gemacht, was man machen kann: Ich habe ein Dokument nicht innerhalb der mir zugebilligten Frist eingereicht. Die Sanktion kam so schnell wie die Rechnung. Rekurs erhoben habe ich nicht, denn Richtlinien sind Richtlinien …
Ich danke bio.inspecta, wo man sich schon freut, dieses Jahr meinen Betrieb wieder zu kontrollieren – im ersten Umstellungsjahr. Unglücklicherweise für sie werde ich fortfahren, auf dieselbe Weise zu produzieren, aber ohne Direktzahlungen und damit ohne Kontrollen.
Ich werde also nichts mehr zu ihren Biolöhnen beitragen können …
Wir sind nur vorübergehend auf dieser Welt, denken wir doch ein wenig mehr an unsere Kinder.
Ich werde weiterhin mit der Natur leben, lebt ihr doch weiterhin nach dem Kalender.

X (Name der Redaktion bekannt)
Übersetzung aus dem Französischen: Markus Bär

Leserbriefe 2007

Gemeinsam neue Ziele erreichen (Nr. 10/07)

Zu den Leserbriefen von Ernst Brunner und Armin Capaul, bioaktuell Nr. 9, Nov. 07

In meinen Gesprächen mit Ernst Brunner-Sonderegger und Armin Capaul wurde deutlich, dass die bio.inspecta in den vergangenen Monaten teilweise nur ungenügend kommunizierte. Wenn eine Kundin oder ein Kunde in mehreren Anläufen keine Antwort von uns erhält, ist dies nicht akzeptabel. Wir werden daraus lernen und unseren Kunden in Zukunft einen guten Service und umfassende Dienstleistungen anbieten. Im Gespräch mit Armin Capaul konnte geklärt werden, dass die Verrechnung der Zertifizierung 2007 korrekt ist. Armin Capaul akzeptiert die Argumente und Fakten nach dem gemeinsamen Gespräch. Über die Zertifizierung und deren Gültigkeit diskutierten wir intensiv. An der Tatsache, dass die Zertifizierung jährlich durchzuführen ist und wie bisher vom 1. Januar bis zum 31. Dezember gilt, ändert sich nichts. BTA und bio.inspecta haben den Wechsel der Zertifizierungskunden untereinander geregelt. Produzenten, welche ab 2008 von der BTA zertifiziert werden, erhielten von der bio.inspecta ein bis Ende 2007 gültiges Zertifikat. Diesen Kunden liefert die BTA im Dezember kostenlos ein Folgezertifikat für das Jahr 2008. Dieses Vorgehen gilt in Zukunft auch bei Wechseln von der BTA zur bio.inspecta. In diesem Sinne freue ich mich, gemeinsam mit Ihnen zu neuen Zielen im Biolandbau aufzubrechen.

Ueli Steiner, Geschäftsführer bio.inspecta 

Wie seriös ist bio.inspecta? (Nr. 9/07)

Zur Stellungnahme des Geschäftsführers Ueli Steiner: «bio.inspecta ist und bleibt seriös», bioaktuell Nr. 8, Okt. 07

Am 18.7.07 erhielt ich von der bio. inspecta, wie andere BTA-Kunden auch, das ominöse Zertifikat mit Gültigkeit bis 31.12.07. Am 26.7.07 sandte ich dieses an die bio.inspecta zurück mit der Bitte, mir doch ein Zertifikat mit Gültigkeit bis 31.12.08 zuzustellen, da ich ja schon eines hatte bis 31.12.07. Von der bio.inspecta hörte ich nichts, bis ich am 24.8.07 eine Mahnung erhielt. Am 29.8.07 sandte ich diese wieder zurück, diesmal eingeschrieben, mit dem Hinweis, dass ich leider immer noch kein gültiges Zertifikat hätte. Am 28.9.07 erhielt ich dann, nachdem ich wieder nichts von der bio.inspecta hörte, die zweite Mahnung mit dem Vermerk: «Nachdem unsere erste Mahnung unbeantwortet blieb ...» Nun rief ich die auf dieser Mahnung aufgeführte Telefonnummer an. Eine Frau Hajdarpasic erklärte mir, dass sie dafür nicht zuständig sei und ich einen Herrn Frick anrufen solle. Doch nun sind für mich genug Angebote für ein Gespräch oder eine Stellungnahme gemacht. Bis heute, 15.10.07, habe ich von der bio.inspecta nichts mehr gehört. Über die Seriosität dieser Firma soll sich nun jeder selber ein Bild machen. Ich jedenfalls bin froh, dass es nun endlich eine Alternative dazu gibt.

Ernst Brunner-Sonderegger, Bubikon ZH

Wie soll da Ruhe einkehren??? (Nr. 9/07)

Zur Stellungnahme des Geschäftsführers Ueli Steiner: «bio.inspecta ist und bleibt seriös», bioaktuell Nr. 8, Okt. 07

Nachdem ich mich im letzten bio-aktuell in Form eines Lesebriefes geäussert hatte, dachte ich mir, die bio.inspecta überdenke die ganze Angelegenheit nochmals. Die Antwort des neuen Geschäftsführers Ueli Steiner empfand ich als vorschnell und unüberlegt. Inzwischen bekam ich die dritte Mahnung zur Zahlung der Zertifizierungskosten mit der Drohung, wenn ich nicht innerhalb von 10 Tagen zahle, würde uns die Knospe gesperrt. Die Rechnung von 100 Franken habe ich nun bezahlt samt 20 Franken Mahnspesen. Die Knospe ist uns zu wertvoll.
Worum geht es eigentlich? Die BTA kontrolliert etwa 1200 Biobetriebe. Bis Ende dieses Jahres ist die bio.inspecta für deren Zertifizierung zuständig. Vom 1. Januar bis zur nächsten Kontrolle jedoch neu die BTA. Die bio.inspecta hat nun sämtlichen «BTA-Betrieben» die vollen Kosten einer Zertifizierung verrechnet. Die BTA stellt die andere Hälfte des Zertifikates (dem Frieden zuliebe) gratis aus!
Ich weigerte mich, der bio.inspecta die vollen Zertifizierungskosten zu bezahlen. Die bio.inspecta mag ja im Recht sein. Aber ich finde ihr Verhalten amoralisch und gemein. Es hat nichts mit fairem Handel und Bio zu tun, sondern mit kaltblütigem Geschäftsdenken.
Diese Aktion ist nicht die einzige, die sie bietet. Zum Beispiel hortet sie die Adressen von abgesprungenen Kunden, um sie für ihre  Geschäftsinteressen zu missbrauchen. Wenn die bio.inspecta Charakter hätte, so würde sie der BTA die 50 Franken pro Betrieb = total 60’000 Franken, die sie den BTA-kontrollierten Biobäuerinnen und -bauern aus der Tasche gezogen hat, überweisen. Die Kündigungsliste hat sie ja!
Übrigens: 2008 ist die Zertifizierung, falls man bei der bio.inspecta bleibt, gratis, gedeckt unter anderem mit ergattertem Geld von den «BTA-Höfen». 2009 kostet sie wieder mindestens 100 Franken. Bei der BTA kostet die gleiche Leistung 2008 nur 60 Franken, 2009 vermutlich auch.
Das Verhalten der bio.inspecta ist eigentlich ein gefundenes Fressen für den «Kassensturz», den «Beobachter», den «Schweizer Bauer» und so weiter. Bleibt die bio.inspecta stur und ich bekomme innerhalb von 30 Tagen keine positiven Nachrichten, hält mich nichts zurück, diese Medien zu informieren, mit zusätzlichen unerfreulichen Geschichten dieser Firma. Darauf könnt Ihr Euch verlassen, genau so, wie Ihr Euch auf die wiederkehrenden Jahreszeiten verlassen könnt.

Armin Capaul, Bergbauer, Perrefitte BE

Bio Suisse – quo vadis? (Nr. 9/07)

Unser Verband hat eine Leitbilddiskussion gestartet. Wer sind wir, was wollen wir und wie erreichen wir unsere Ziele? Herrscht vielleicht die «grosse Uneinigkeit» innerhalb des Vorstandes und der Geschäftsstelle über den «richtigen Weg» in die Zukunft? Ich glaube, Bio Suisse tat gut daran, diese Diskussion zu lancieren. Das Erkennen der Probleme ist allerdings die unabdingbare Voraussetzung, damit echte Lösungen gefunden werden  können.
Erwarten wir Biobauern nicht ganz einfach zu viel von Bio Suisse? Wahrscheinlich erwartet auch der Vorstand zu viel von sich selbst. Und die umweltbewussten Konsumentinnen und Konsumenten erwarten noch mehr von der guten Bio Suisse.
Der Verband soll Markenpolitik betreiben, den Bekanntheitsgrad der Knospe erhöhen, den Absatz einzelner Produkte organisieren und fördern, natürlich Agrarpolitik betreiben, den Import von Knospe-Produkten kontrollieren und reglementieren und womöglich gleich auch regulieren, das Regelwerk verfeinern und weiterentwickeln (mehr ist ja bekanntlich besser!), die Beziehungen zum Grosshandel pflegen, mit starken Impulsen zur Lösung des Energieproblems unserer Gesellschaft beitragen (neuerdings), die Verarbeiter mit immer weiteren Vorschriften unter Kontrolle halten, die Produktionsmengen dem möglichen Absatz anpassen, den Biolandbau allgemein fördern (hier und überall auf der Welt, ist doch klar, oder?) und gleich auch die Bildung der jungen Bioproduzenten organisieren, Marketing betreiben und natürlich auch eine tolle PR organisieren (ich glaube, es reicht und ich mache einen Punkt).
Es ist schlicht und einfach unmöglich, alle diese Aufgaben befriedigend zu bewältigen. Dabei darf man nicht vergessen, dass eine ganze Reihe der berechtigten Ansprüche sogleich im Widerspruch zueinander stehen.
Beispiel 1: Coop trägt mit einer beachtlichen Lizenzgebühr zur Finanzierung von Bio Suisse bei und ist gleichzeitig wichtigster Abnehmer inländischer Bioprodukte. Die gleiche Coop handelt aber auch gigantische Mengen von Produkten, die nur dank sklavenartiger Ausbeutung der in der Produktion tätigen Menschen und mit dem Einsatz gewaltiger Mengen von allen erdenklichen Pestiziden so wunderbar preiswert angeboten werden können. Wie soll da Bio Suisse den nötigen Druck erzeugen können? Wie soll sie öffentlich gegen pestizidverseuchte Nahrungsmittel vorgehen, ohne gleichzeitig die Existenz zahlreicher inländischer Biobetriebe zu gefährden? Schliesslich ist man ja auf den Goodwill der Grossverteiler angewiesen.
Viele Konsumentinnen und Konsumenten wissen nicht mehr, warum sie den Mehrpreis für Bioprodukte bezahlen sollen. Niemand erklärt ihnen, worin die wahren Vorteile der Bioproduktion bestehen. Man müsste ja implizit die konventionelle Produktion und den Handel mit diesen Produkten kritisieren. Und damit auch die wichtigste Partnerin, nämlich Coop. Bio Suisse, befangen in diesem Dilemma, macht dann eine Markenwerbung, die, die besten Argumente ausblendend, fast ausschliesslich für Sympathie wirbt und daher für die meisten Bioproduzenten – gelinde gesagt – etwas unverständlich ist.
Beispiel 2: Bio Suisse handelt seit vielen Jahren und auf allen Ebenen nach dem Grundprinzip, dass der Markt – oder eben die Biokonsumenten – die Mehrkosten der Bioproduktion entschädigen sollen. Ist dies der Weisheit letzter Schluss? Was bedeutet denn dieses Prinzip genau?
Die wichtigsten Vorteile des biologischen Landbaus sind nebst der Produktion von möglichst unbelasteten Nahrungsmitteln der Schutz der Artenvielfalt im ländlichen Raum, der Schutz der Umwelt durch den Verzicht auf Pestizide und leichtlösliche Dünger und ein geringerer Energieverbrauch. Da praktisch alle Vorteile des Biolandbaus grundsätzlich der ganzen Bevölkerung zugute kommen, stellt sich durchaus die Frage, warum denn die Biokonsumentinnen alle Mehrkosten dieser Produktionsform tragen sollen. Wer sind  denn eigentlich die «Biokonsumenten»? Es handelt sich doch vor allem um Eltern mit kleinen Kindern, die – ganz besonders und zu Recht – um die Gesundheit ihrer Sprösslinge besorgt sind. Allerdings wissen wir aus neuesten Studien, dass genau diese Familien gegenwärtig die grössten finanziellen Probleme haben.
Aus der Sicht der Produzenten drängen sich seit einiger Zeit Zweifel an der Bereitschaft des Marktes, den Mehrwert entschädigen zu wollen, geradezu auf. Vor allem  in der Fleischproduktion träumen die Bioproduzentinnen bestenfalls von angemessenen Preisen. Ausserdem haben die allzu offensichtlichen Vermarktungsprobleme die Biobewegung  buchstäblich zum Stillstand gebracht.
Warum also fordern wir nicht eine Abgeltung der Mehrleistung der Biobetriebe über Direktzahlungen? Weil Bio Suisse unmöglich für bessere Preise auf dem Markt kämpfen und gleichzeitig auf der politischen Ebene das Gegenteil vertreten kann. So ist das!
Beispiel 3: Je komplexer die Vorschriften für die biologische Landwirtschaft gehalten sind, desto weniger sind konventionelle Betriebe bereit, die Umstellung auf Bio in Angriff zu nehmen. In den letzten Jahren haben der Bund und Bio Suisse die Vorschriften für die Biobetriebe laufend verschärft. Zugegeben, dies liegt im Interesse der bestehenden Biobetriebe. Man erreicht die grösstmögliche Glaubwürdigkeit und hält sich die Konkurrenz um die leider dürftigen Marktanteile vom Hals. Gleichzeitig werden damit die Produktionskosten in die Höhe getrieben, was sich dann negativ auf das mögliche Marktwachstum auswirkt. Bio Suisse sollte aber ungeachtet der Marktverhältnisse den Biolandbau fördern, denn sein höherer Zweck besteht darin, die Menschen und die Umwelt möglichst wenig mit Rückständen zu belasten und nicht darin, ein paar wenigen Betrieben (den Biobauern) ein gutes Auskommen zu sichern.
Die vergangenen zwei Jahrzehnte waren zwar recht erfolgreich für den Biogedanken. Aber bitte, können wir uns mit fünf Prozent Bioackerfläche und zehn Prozent Bioviehhaltung in unserem Land zufriedengeben? Niemals, meine ich.
Nur eine veränderte Strategie kann der Biobewegung zu mehr Relevanz verhelfen. Deshalb bin ich von der Notwendigkeit einer Reorganisation der Biobewegung überzeugt.
Wir brauchen selbstverständlich eine Knospe-Organisation, die sich auf die Förderung des Labels konzentriert, am Markt aktiv ist,  Importprodukte kontrolliert und auszeichnet. Ebenso brauchen wir eine Bio Suisse, die den Verarbeitern erklärt, was erlaubt ist und was nicht. Die Biobewegung braucht aber auch eine unabhängige Organisation, die den Konsumenten erklärt, dass die Rückstände in den konventionellen Nahrungsmitteln eine gesundheitliche Zeitbombe sind, die kein Mensch unter Kontrolle hat. Jemand muss doch den Menschen sagen, unter welch menschenverachtenden Umständen gewisse Nahrungsmittel produziert werden. Die Konsumentinnen müssen wissen, dass sie mit ihren Einkäufen in gewissen Fällen eine moderne Sklavenhaltung mitverantworten!
Wir brauchen eine Organisation, die auf politischer Ebene, von Marktfragen unbeschwert, kompetent und zielbewusst für den biologischen Landbau kämpft. Natürlich ist die Gründung, die Finanzierung und der Aufbau einer solchen Organisation eine mühsame Arbeit. Aber eben: Biolandbau ist nicht der Weg des geringsten Widerstands.

Guido Oehen, Sessa TI

Die «Weltwoche» hat ziemlich recht (Nr. 9/07)

Die «Weltwoche» schreibt in ihrer Ausgabe vom 20. September, die Biolandwirtschaft unterscheide sich zu wenig von der konventionellen Landwirtschaft, um etwas Besonderes zu sein. Darin stimme ich der «Weltwoche» ziemlich zu, während ich in den letzten sechs Monaten, in denen ich die Zeitschrift abonniert habe, ihr in 13 Leserbriefen nicht zustimmen konnte, von denen allerdings auch keiner abgedruckt wurde. Diesen zustimmenden Leserbrief schicke ich nun bioaktuell, um zu prüfen, ob (oder: zu beweisen, dass) die Biobewegung geistig beweglicher ist als die «Weltwoche». Der berühmteste Philosoph des 20. Jahrhunderts, Martin Heidegger, soll in einem Vortrag gesagt haben: «Ackerbau ist jetzt eine motorisierte Ernährungsindustrie.» Was der Biolandbau wäre, wenn er wesentlich etwas anderes wäre als diese motorisierte Ernährungsindustrie, hat sich Heidegger auch aufgeschrieben: «Die Hirten wohnen unsichtbar und ausserhalb des Ödlandes der verwüsteten Erde, die nur noch der Sicherung der Herrschaft des Menschen dienen soll. (...) Das unscheinbare Gesetz der Erde wahrt diese in der Genügsamkeit des Aufgehens und Vergehens aller Dinge im zugemessenen Kreis des Möglichen, dem jedes folgt und den doch keines kennt. Die Birke überschreitet nie ihr Mögliches. Das Bienenvolk lebt in seinem Möglichen. Erst der Wille, der sich allwendig in der Technik einrichtet, zerrt die Erde in die Abmündung und Vernutzung und Veränderung des Künstlichen. (...) Eines ist es, die Erde zu nutzen, ein anderes, den Segen der Erde zu empfangen und im Gesetz dieser Empfängnis heimisch zu werden, um das Geheimnis des Seins zu hüten und über die Unverletzlichkeit des Möglichen zu wachen.»
Die letzten 18 Jahre haben uns gezeigt, ohne dass wir das wollten, dass eine Familie mit wenig Land von wenigen Tieren und ohne Maschinen leben kann, ohne etwas zu entbehren, was zur Lebensfreude notwendig ist. Unser Jüngster fragte einmal: «Warum haben wir keine Maschinen?» Da wir mit der Antwort zögerten, gab er sie selber: «Wenn man stark ist, braucht man keine Maschinen.»

Andreas Kreuzer-Müller, Oberwald VS

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 15.03.2022

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 04.01.2018

Möchten Sie die Website zum Home-Bildschirm hinzufügen?
tippen und dann zum Befehl zum Home-Bildschirm hinzufügen nach unten scrollen.