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Drahtwurmregulierung im Biokartoffelanbau

Der Name ist bei ihnen Programm: Drahtwürmer sind zäh und widerstandsfähig. Sie zählen zu den wichtigsten Schädlingen im Kartoffelanbau. Doch warum sind Drahtwürmer eigentlich so schwer zu bekämpfen? Und welche Bekämpfungsmassnahmen führen am ehesten zum Erfolg?

Film Drahtwurmbekämpfung

Giselher Grabenweger, von Agroscope, gibt einen Überblick über die Möglichkeiten zur Bekämpfung via Fruchtfolge und Bodenbearbeitung und stellt eine direkte Bekämpfungsmethode vor, die vielleicht schon bald auf dem Markt sein wird. Das Projekt wird finanziert durch das BLW, die Swisspatat, die VSKP und die Firma Stähler. Der Film wurde am Schweizer Bioackerbautag (09.06.2016) in Brütten ZH produziert. Realisation: Thomas Alföldi, FiBL.

Lebensweise

Mehrere Drahtwurmarten

Obwohl sich anhand der 2-4 mm breiten Frassgängen an der Knolle leicht auf den Übeltäter schliessen lässt, ist die Bestimmung des Schädlings gar nicht so offensichtlich. Denn auf einer Fläche kommen häufig gleich mehrere Drahtwurmarten vor. Meist ist es eine Mischung aus zwei bis drei häufigen Arten, die zwar alle ähnlichen Schäden an den Kulturpflanzen verursachen, sich in ihrer Biologie jedoch wesentlich unterscheiden können. Bekämpfungsmassnahmen zu einem bestimmten Zeitpunkt treffen daher möglicherweise eine Art, während eine andere grösstenteils verschont bleibt.

Bis zu 15 Larvenstadien

Bis sich aus Drahtwürmern ausgewachsene Schnellkäfer entwickeln, vergehen drei bis fünf Jahre, in denen sie bis zu 15 Larvenstadien durchlaufen. In einer Saison findet man deshalb im Ackerboden nicht nur verschiedene Arten, sondern auch Drahtwürmer verschiedenen Alters vor, die unterschiedliche Aktivitätsphasen und Nahrungsvorlieben haben.

Überlebensart

Drahtwümer besitzen die Fähigkeit, sich bei Gefahr in tiefe Bodenschichten zu vergraben. Sobald die Lebensbedingungen in oberflächennahen Schichten ungünstig werden (z.B. wegen Kälte im Winter oder Trockenheit im Sommer), «tauchen» die Tiere in wenigen Tagen in 50 bis 60 Zentimeter Tiefe ab. Ohne Nahrung können sie dort, gleichermassen gut geschützt vor Witterungseinflüssen und Bekämpfungsmassnahmen, problemlos mehrere Monate überdauern. Ebenso schnell kommen sie wieder nach oben, wenn die Bodentemperaturen gegen 10 °C ansteigen, und richten unerwartet an Kulturpflanzen Schaden an. Nach beendeter Winterruhe fliegen die Käfer aus, paaren sich und legen die Eier dicht unter die Bodenoberfläche.

Besonders beliebt sind dichte Bestände wie Wiesen oder verunkrautete Parzellen, die eine hohe Bodenfeuchte aufweisen. Aus den Eiern schlüpft rund 4-6 Wochen später die Larve, die über 3-5 Jahre verschiedene Stadien durchläuft. Im letzten Entwicklungsjahr verpuppt sie sich im Juli/August, schlüpft 3-4 Wochen später. Dann graben sich die geflügelten Käfer in den Boden ein um zu überwintern.

Für die Schäden verantwortlich sind die Larven, die während der zweiten Frassphase im Spätsommer und im Herbst (erste im Frühling) die Knollen anfressen, um an Feuchtigkeit zu kommen. Das ist besonders der Fall bei längerer Trockenheit, wenn die Epidermis der Kartoffeln noch nicht fest ist.
Schäden durch Drahtwürmer treten nebst bei Kartoffeln zum Beispiel auch an Getreide, Mais und Zuckerrüben auf. Oft werden schon die keimenden Pflanzen unterirdisch abgebissen. Bei Getreide fällt der Schaden nicht auf, denn Getreide kann im Gegensatz zu Mais bestocken und auch mit wenigen Trieben noch einen guten Ertrag bilden.

Pilz bringt neue Chance

Bisher gab es keine direkte Bekämpfungsmöglichkeit gegen Drahtwürmer im Biolandbau.

Nach jahrelanger Suche konnte ein heimischer Pilz-Stamm der sogenannten «grünen Muskardine» (Metarhizium anisopliae) isoliert werden, der sich in Laborversuchen als hochwirksam gegen gewisse Drahtwurmarten erwiesen hat. Innert zwei Wochen starben bis zu achtzig Prozent der Drahtwürmer, wenn sie mit den Sporen dieses Pilzstammes infiziert wurden. Die Wirksamkeit des Pilzisolates gegen Drahtwürmer konnte auch im Gewächshaus bestätigt werden.
Eine erfolgreiche Anwendung im Feld ist jedoch noch nicht gewährleistet. Im Rahmen des EU-Projekts Inbiosoil suchen die Wissenschaftler von Agroscope in den nächsten Jahren nach Möglichkeiten, das Überleben des Pilzes in der Ackererde zu verbessern und seine Wirksamkeit gegen Drahtwürmer noch zu erhöhen. Mithilfe moderner Formulierungstechnologien wird versucht, Pilzsporen zu verkapseln, damit sie die maschinelle Applikation und die ungünstigen Lebensbedingungen in trockenen Ackerböden besser überstehen. Zusätzlich werden Kombinationen des Pilzes mit anderen natürlichen Feinden der Drahtwürmer, zum Beispiel mit insektenparasitischen Fadenwürmern (Nematoden), untersucht.

Agroscope entwickelte in Zusammenarbeit mit der HAFL, der Universität Göttingen und mit Unterstützung der Schweizer Kartoffelbranche und dem BLW diese neue biologische Bekämpfungsmöglichkeit.

Im Ausland arbeiten weitere Akteure an einer Lösung nach demselben Prinzip. So wurde von der Firma Bayer das Produkt Velifer entwickelt und von der Firma BIOFA das Produkt Attracap. Velifer wird in die Pflanzfurche gespritzt und enthält Sporen des Pilzes Beauveria bassiana. Attracap besteht aus Kapseln mit Hefen, die CO2 produzieren und damit die Drahtwürmer anlocken, sowie aus Sporen des Pilzes Metarhizium brunneum, welche die Drahtwürmer befallen und abtöten sollen. Es wird als Granulat in die Pflanzfurche gestreut.

Bald ein Produkt auf dem Markt?

Längerfristig zeichnet sich der Einsatz dieses Pilzes als das einzige Bekämpfungsverfahren gegen Drahtwürmer ab, das sowohl im Biolandbau als auch in der Nichtbioproduktion einsetzbar sein könnte. Als erstes Produkt hat Attracap in den vergangenen Jahren in Deutschland eine provisorische Zulassung erhalten und wird auf grösseren Flächen in der Praxis getestet und angewandt. Es wurde 2020 erstmals in der Schweiz per Allgemeinverfügung zugelassen. Das FiBL betreibt ein Monitoring um den Erfolg in der Praxis abzuschätzen.

Vorbeugende Massnahmen

Fruchtfolge

Bis die direkte Bekämpfungsmethode mit Metarhizium praxisreif ist, kann auf indirekte Bekämpfungsmassnahmen zurückgegriffen werden. Denn Drahtwürmer schlägt man am besten mit ihren eigenen Waffen: Mit Zähigkeit und Ausdauer.

Vorbeugende Massnahmen spielen dabei eine wichtige Rolle. Dazu gehört eine sorgfältige Planung der Fruchtfolge. Schnellkäfer legen ihre Eier bevorzugt im Grasland ab.

Anfällige Kulturen wie Kartoffeln dürfen daher nicht nach Wiesenumbruch angebaut werden. Da die Entwicklung der Larven mehrere Jahre dauert, muss der Abstand zwischen diesen Fruchtfolgegliedern möglichst gross gewählt werden. Ab dem 4. Jahr nach dem Wiesenumbruch können Kartoffeln angebaut werden.

Bodenbearbeitung

Mit Bodenbearbeitung können Drahtwurmpopulationen deutlich dezimiert werden. Es ist aber zu beachten, dass die Bodenstruktur geschont wird. Selbst die intensivste Bodenbearbeitung bleibt wirkungslos, wenn sie nicht dann stattfindet, wenn die Drahtwürmer nahe der Oberfläche aktiv sind. Zu erwarten sind solche Aktivitätsphasen zu Saisonbeginn im Frühjahr (März/April) und im Spätsommer (August/September). Junglarven sind empfindlicher als ältere Larvenstadien und daher mit Kulturmassnahmen besser bekämpfbar.

Parzellenwahl

Durch das Legen von Fallen im Frühjahr (sobald die Temperatur zum ersten Mal über mehrere Tage lang 15 °C überschritten hat), können Sie den Acker untersuchen, der im Jahr danach für den Kartoffelanbau bestimmt ist:

  • Sie Legen an etwa 20 Stellen pro Hektare in 10 bis 20 Zentimeter Tiefe je einen Kartonteller mit gequollenen Getreidekörnern aus.
  • Nach etwa 7 Tagen können Sie untersuchen, wie viele Fallen Drahtwürmer hatten und wie viele Drahtwürmer pro Falle gefunden wurden.

Toleranzschwelle

Mit dieser Methode können Sie abschätzen, ob die Drahtwurmpopulation ein besorgniserregendes Ausmass erreicht hat. Als Faustregel gilt:

  • Wenn Sie dutzende Würmer auf der Fläche finden, sollten Sie vom Anbau einer empfindlichen Kultur absehen.
  • Der umgekehrte Schluss ist jedoch nicht zulässig: Keine oder nur einige wenige Drahtwürmer in den Fallen bedeuten nicht, dass auf der Fläche gefahrlos Kartoffeln gebaut werden können.   

Eine in allen Situationen gültige Toleranzschwelle kann auf der Grundlage dieser Fangmethode nicht definiert werden. Aus diesem Grund ist es ratsam, einen Experten eines kantonalen Pflanzenschutzdienstes oder den Ansprechpartner von Agroscope (Kasten) zu konsultieren, um die Fangmethode oder die Interpretation der Ergebnisse zu besprechen.

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 15.04.2020

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