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Aufregung um CMS-Gemüse in deutschem Biobabybrei

Meldung  | 

Ein deutsches TV-Magazin wirft den Babybrei-Herstellern Holle und Hipp die Verwendung von gentechnisch verändertem Gemüse vor. Die Firmen ziehen die Produkte zurück, obwohl sie gemäss behördlichen Vorgaben zulässig wären.

Diese Schlagzeile wollte sich auch die Bild-Zeitung nicht entgehen lassen „Gen-Gemüse in Biobabynahrung entdeckt!“ titelte das Blatt in seiner Online-Ausgabe. Den Anlass für die saftige Schlagzeile lieferte am Montag das Konsumentenmagazin Wiso des ZDF, so etwas wie das Pendant zum „Kassensturz“ im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen.

Eingriff in die Zelle aber nicht in den Kern

„Wiso“ hat im Labor Proben von Biobabynahrung auf Rückstände von gentechnisch verändertem Gemüse untersucht. Laut einem Artikel auf der Webseite des Magazins habe man 37 Proben von Alnatura, Bioland, Holle und Hipp im Labor prüfen lassen. Während Alnatura und Bioland den Test mit reiner Weste bestanden, fanden die TV-Prüfer bei Holle in sämtlichen Proben und bei Hipp in einem knappen Viertel davon Rückstände.

Im Falle von Holle wurde „Wiso“ beim Produkt „Brokkoli mit Vollkornreis“ fündig, genauer beim Broccoli, der offenbar teilweise mit CMS-Saatgut (siehe Erklärung unten) produziert war. CMS steht für Cytoplasmatische männliche Sterilität. Diese wird bei gewissen Kohlgewächsen künstlich erzeugt, um die Erträge und die Uniformität des Gemüses zu verbessern. An sich ist dieser Fund aus gesetzlicher Sicht unproblematisch, weil die Biogesetzgebung in der EU CMS trotz Eingriff in die Zelle nicht verbietet, weil weder Zellkern noch DNA manipuliert werden.

Der zweite Fall in zwei Monaten

Trotzdem ist die Lage für Demeter und Holle (dessen Verpackungen das Demeter-Logo tragen) unangenehm, verbieten doch die Demeter-Richtlinien die Verwendung von CMS-Gemüse, ebenso wie die Regelwerke von Naturland, Bioland und Gäa. Postwendend wurde deshalb das Produkt zurückgezogen, wie beide unabhängig voneinander mitteilten. Für Demeter ist es zudem bereits der zweite derartige Zwischenfall in kurzer Zeit. „Wiso“ hatte bereits im August Untersuchungsergebnisse publiziert, die unter anderem zeigten, dass ein Tiefkühl-Blumenkohl mit Demeter-Logo CMS-Herkunft aufwies.

In der Schweiz nicht verboten

In der Schweiz lässt die Bioverordnung die CMS-Technologie ebenfalls zu. In der Bioszene steht man dem CMS-Gemüse zwar ablehnend gegenüber: Bei der Herstellung der Hybride werde die Artgrenze nicht respektiert, die Integrität der Zelle sei nicht gewährleistet und es drohe – wegen der Pollensteriliät des Saatguts – eine zusätzliche Monopolisierung der Saatgutherstellung, lauten einige der Kritikpunkte. Ein Verbot wird zurzeit von der zuständigen Fachkommission der Bio Suisse trotzdem klar abgelehnt: Es fehle an Alternativen und die Einhaltung des Verbots wäre schwer zu kontrollieren, sagte der Leiter Politik von Bio Suisse, Martin Bosshard, kürzlich gegenüber bioaktuell.     
Bereits verboten hat CMS Demeter Schweiz, wie Susanna Küffer von der Geschäftsstelle erklärt. Allerdings sei es für die biodynamischen Produzenten bis heute nicht ganz einfach, garantiert CMS-freie Setzlinge zu erwerben.

Autor: Adrian Krebs

Weiterführende Informationen

Die TV-Sendung (Webseite ZDF)

Stellungnahme von Demeter (Webseite Demter Deutschland)

Stellungnahme von Holle (Webseite Holle)

<link fileadmin documents ba zeitschrift aktuelle_artikel ba-d-2013-07-cms.pdf download oeffnet in neuem>Artikel zum Thema CMS im bioaktuell 7/13

 

 

Was ist Cytoplasmatische männliche Sterilität (CMS)?

Bei der Herstellung von Hybridsaatgut müssen die Saatgutproduzenten die Selbstbestäubung der Mutterpflanze mit eigenem Pollen verhindern. Sie wollen schliesslich die Mutterpflanze der einen Inzuchtlinie mit einer Vaterpflanze einer anderen Inzuchtlinie bestäuben. Um eine Selbstbefruchtung zu verhindern, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Bei der Hybridmaiszüchtung etwa entfernt man die Staubbeutel mechanisch. In anderen Fällen kommen chemische Mittel zum Einsatz, welche die Pollenbildung unterbinden. Eine weitere Möglichkeit sind sogenannte CMS-Systeme. CMS steht für Cytoplasmatische männliche Sterilität. Eine CMS-Pflanze kann keinen fruchtbaren Pollen bilden, weil bestimmte defekte Gene dies verhindern.

«Cytoplasmatisch» bedeutet, dass sich die Gene für die männliche Sterilität nicht in den Chromosomen im Zellkern befinden, sondern in den Organellen im flüssigen Zellinhalt (Cytoplasma). Deshalb kann die CMS auch nur von der Mutterpflanze auf die Nachkommen vererbt werden. Denn nur über die Eizelle kann Zellplasma von der Elternpflanze auf den Samen gelangen. Die CMS entsteht durch das Zusammenspiel von Kerngenen und Cytoplasma-Genen. Bei einer Reihe von Pflanzen sind CMS-Systeme spontan aufgetreten, etwa bei den Zwiebeln, Karotten oder Sonnenblumen. In diesen Fällen lässt sich die männliche Fruchtbarkeit wieder herstellen, nämlich mit entsprechenden Genen im Zellkern, sogenannten Restorergenen. Wenn man pollensterile CMS Pflanzen mit Pollen einer Vaterpflanze mit dem entsprechenden Restorergen bestäubt, sind die Nachkommen wieder männlich fruchtbar. Bei vielen Pflanzenarten, wie etwa bei den Kohlarten, haben Züchtungsfirmen in den letzten Jahren CMS-Systeme künstlich eingeführt. Die dazu notwendige Technologie heisst Cytoplastenfusion. Dabei wird das CMS-Cytoplasma einer Spenderpflanze mit den Kerngenen der Empfängerpflanze kombiniert. Dazu werden einzelne Zellen isoliert und deren Zellwände abgebaut. Bei den Zellen der Spenderpflanze wird der Zellkern zerstört, zum Beispiel mittels Bestrahlung. Ein elektrischer Impuls lässt die kernlose Spenderzelle mit der Zelle der Empfängerpflanze verschmelzen. Die fusionierte Zelle enthält jetzt Cytoplasmabestandteile von beiden Eltern, aber nur den Zellkern der Zielpflanze. Diese Zelle wird auf Nährmedien zu einer vollständigen Pflanze regeneriert und ist männlich steril. Bei Kohlarten wurde die CMS von Rettich übertragen, bei Chicorée stammt die CMS von der Sonnenblume. Die entsprechenden Restorergene wurden jedoch nicht übertragen. Folglich kann die männliche Fruchtbarkeit dieser CMS-Sorten nicht wieder hergestellt werden. spu (aus bioaktuell 7/13, Seite 16)

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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