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Tag des Regenwurms: Buch zu einem faszinierenden Tier

Meldung  | 

Marcel Bouché, Agronom, pensionierter Forschungsdirektor des französischen Forschungsinstitut INRAE ist ein weltbekannter Regenwurmspezialist, der über 350 wissenschaftliche Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht hat. Sein Buch mit dem Titel «Des vers de terre et des hommes» von 2014 fasst viele faszinierende Informationen über den Regenwurm zusammen. Dieser Artikel stellt einige Inhalte daraus vor.

Der Mensch hat mit der Art der Landbewirtschaftung einen grossen Einfluss auf die Regenwurmpopulation im Boden. Foto: FiBL, Thomas Alföldi

In dem Buch «Des vers de terre et des hommes» fasst der Autor Marcel Bouché viele faszinierende Informationen zum Regenwurm zusammen. Foto: Screenshot

Sein Körperbau macht den Regenwurm zu einer einzigartigen, biologischen Bohrmaschine. Foto: FiBL, Thomas Alföldi

Im Durchschnitt sind sie zehn Zentimeter lang, aber das hängt von der Art und dem Alter der Tiere ab. Weltweit gibt es 7000 Arten, in der Schweiz kommen ungefähr 40 Arten vor. Der Körperbau ist verblüffend einfach: zwei konzentrische Zylinder. Der äußere Zylinder besteht aus Ring- und Längsmuskeln. Der innere Zylinder ist der Darm. Zwischen den Zylindern befindet sich viel Körperflüssigkeit. Das Tier ist von vorne bis hinten in viele Kammern gegliedert. Die Trennwände der Kammern sind mit Schließmuskeln versehen, die eine gezielte Zirkulation der Köperflüssigkeit erlauben.

Diese Tiere sind hervorragende biologische Bohr- und Mischmaschinen. Ein Regenwurm mag unscheinbar sein. Das ändert sich, wenn man bedenkt, dass schätzungsweise drei Millionen von diesen Tieren unter einer Hektare naturnaher Wiese leben und unermüdlich arbeiten.

Die biologische Bohrmaschine

Wie funktionieren diese biologischen Bohrmaschinen? Zuerst drückt das Tier die Köperflüssigkeit mit seinen Muskeln nach hinten. Das Vorderteil wird auf diese Weise spitz wie eine Nadel, die das Tier in eine Bodenspalte einführt. Im nächsten Schritt presst das Tier seine Körperflüssigkeit nach vorne. Sein Durchmesser vergrößert sich und der Boden wird auseinander gedrückt. Die drei Millionen Regenwürmer haben zusammen ein Gewicht von drei Tonnen. Sie erzeugen 4000 Kilometer Gänge in einer Hektare Boden. Die Energie für diese unglaubliche Arbeit ziehen sie aus der organischen Substanz des Bodens. Das Ergebnis ist ein Boden mit einem komplexen Porensystem und einem ausgeglichen Luft-Wasserhaushalt.

Was macht der Mensch?

Auch der Mensch bearbeitet den Boden, leider in vielen Fällen sehr intensiv. Ein maschinell aufgelockerter Boden hat eine geringere Strukturstabilität als die durch den Regenwurm und andere Mikroorganismen erzeugte feinkrümelige Struktur. In intensiv kultivierten Böden kann die Regenwurmpopulation auf 300 Kilogramm schrumpfen. Das bedeutet eine um 90 Prozent geringere Regenwurmbiomasse. Auch die von den Regenwürmern erbrachten Leistungen nehmen damit drastisch ab.

Biologische Bodendurchmischung

Wie funktioniert die biologische Bodendurchmischung? Der Regenwurm frisst Erde. Das ist eine Kuriosität im Tierreich. Zwar fressen alle Tiere pflanzliches oder tierisches Gewebe, vielleicht fressen sie auch etwas Erde, die zufällig an der Nahrung haftet. Für die Regenwürmer aber ist die Erde die Hauptmahlzeit. Nur die organische Substanz davon dient ihnen als Energiequelle und diese macht oft weniger als vier Prozent des Bodens aus.

Das in den Verdauungstrakt eingeführte Erdreich besteht aus mineralischen Bestandteilen, organischer Substanz und Mikroorganismen. Diese Masse wird im Kropf vermischt und vermahlen. Der Kropf ist wie bei den Hühnern mit kleinen Steinchen gefüllt. Im nachfolgenden Darm beginnen die vielfältigen biochemischen Reaktionen. Das ausgeschiedene Material, der Regenwurmkot, ist fein strukturiert, stabil, biologisch aktiv und reich an Nährstoffen. Es bildet die so wertvolle krümelige Ackererde des A-Horizontes der Böden. Studien belegen, dass in naturnahen Wiesen 300 bis 500 Tonnen krümelige Ackererde pro Hektare und Jahr produziert werden.

Diese Tätigkeit üben die Regenwürmer seit Jahrmillionen aus. Man kann sich fragen, wie lange die Strukturstabilität eines Bodens erhalten bleibt, wenn Regenwurmpopulation durch eine intensive Bewirtschaftung stark reduziert wurden. Viele intensiv bewirtschaftete Parzellen haben ihre Krümelstruktur verloren. Der Boden ist kompakt. An seiner Oberfläche bilden sich Krusten. Die Folgen sind ein gestörter Luft-und Wasserhaushalt, eine verminderte Aufnahme und Speicherung der Niederschläge, eine schwache Wurzelentwicklung und ein vermehrtes Erosionsrisiko. Die Landwirtschaft begegnet diesem Verlust an natürlicher Bodenfruchtbarkeit häufig mit einem erhöhten Düngereinsatz.

Weitere nützliche Eigenschaften

Die Liste der guten Taten der Regenwürmer ist noch lange. So befördern die vertikal grabenden Wurmarten bis zu 270 Tonnen Erde an die Bodenoberfläche. Sie kompensieren die bodenabwärts gerichteten Stofftransporte, die durch die Niederschläge und die Gravitation verursacht werden. Die große Biomasse der Würmer beeinflusst ebenfalls den Stickstoffkreislauf. Sie nehmen bis zu 2300 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr auf, der zum Großteil über die Haut ausgeschieden wird und den Pflanzen zur Verfügung steht.

Besonders wichtig ist die Tatsache, dass die Regenwürmer die grösste tierische Biomasse eines fruchtbaren Ökosystems sind. Sie repräsentieren 70 Prozent der Biomasse aller Tiere (z.B. Nematoden, Arthropoden, Wirbeltiere, usw.), die im Boden oder auf dem Boden oder über dem Boden leben.

Die Regenwürmer in unserem Bewusstsein

Im Jahre 1881, ein Jahr vor seinem Tod, hat Charles Darwin seine letzte wissenschaftliche Studie "Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer" publiziert. Daraus stammt folgendes Zitat: " Der Gegenstand des vorliegenden Bandes ist der Anteil, welchen Würmer an der Bildung jener Schicht von Ackererde gehabt haben, welche die ganze Oberfläche der Erde in jedem mäßig feuchten Lande bedeckt. Man könnte den Gegenstand für einen bedeutungslosen halten, doch werden wir sehen, dass er ziemliches Interesse besitzt." Dieses Zitat gewinnt in einer Zeit, in der eine intensive Bewirtschaftung viele Regenwurmpopulationen drastisch reduziert hat, zunehmend an Bedeutung.

Gerhard Hasinger, Agronom im Ruhestand und ehem. Direktor von bio-conseil.ch GmbH

 

Weiterführende Informationen
Dossier Regenwurm (Rubrik Boden, derzeit in Überarbeitung)
Merkblatt: Regenwürmer - Baumeister fruchtbarer Böden (Rubrik Boden, derzeit in Überarbeitung)
Marcel Boché «Des verse de terre et des hommes» (Actes Sud)
Tag des Regenwurms (LID)
An explicit definition of earthworm ecological categories  (Science direct)
Veröffentlichungen von Marcel Bouché, INRAE (research gate)

 

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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