Diese Website unterstützt Internet Explorer 11 nicht mehr. Bitte nutzen Sie zur besseren Ansicht und Bedienbarkeit einen aktuelleren Browser wie z.B. Firefox, Chrome
FiBL
Bio Suisse
Logo
Die Plattform der Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern

Mistkäfer schonen: Die Regulierung innerer Parasiten bei Rindern überdenken

Einige Entwurmungsmittel haben sehr negative Auswirkungen auf kotfressende Insekten. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, die Regulierung innerer Parasiten bei Rindern und die Weidepflege in die eigene landwirtschaftliche Praxis zu integrieren.

Einige der verwendeten Biozide sind nicht ausreichend selektiv. Sie haben negative Auswirkungen auf Nichtzielorganismen (Mistkäfer, Bienen, Schmetterlinge, Wassertiere) und indirekt auf geschützte Arten wie bestimmte Fledermäuse, Vögel oder insektenfressende Eidechsen. Stellen Sie sich den Kuhfladen eines Tieres vor, das mit einem Entwurmungsmittel behandelt wurde, das makrozyklisches Lakton enthält (Eprinex®, Ivomec®, Dectomax®): Unter bestimmten Bedingungen kann ein solcher Fladen mehrere Monate lang intakt bleiben, also nicht zersetzt werden.

Auswirkungen auf die Produktivität der Weide
Die Eliminierung der Mistkäfer durch das Wurmmittel (Anthelminthikum) blockiert die natürliche Zersetzung der Exkremente, schränkt die Nährstoffzufuhr auf der Weide ein und fördert das Auftreten von Geilstellen, Flächen ohne Graswuchs usw. All das beeinträchtigt die Produktivität der Weide.

Intakte Kuhfladen wirken auch als Schutzdach für infektiöse Larven von Magen-Darm-Strongyliden. Diese stammen von erwachsenen Würmern ab, die aufgrund von Resistenzen nicht durch das Entwurmungsmittel getötet wurden.

Regulierung durch Weidemanagement
Da die L3-Larve (das für die Tiere infektiöse Stadium) vom Kuhfladen auf das Gras gelangen muss, um von den Tieren aufgenommen zu werden und ihren Zyklus zu vollenden, muss sie ihr feuchtes, schützendes Nest verlassen.

Diese Larve hat keinen Mund und kann sich nicht ernähren. Sie lebt also von ihren Reserven. Sobald diese aufgebraucht sind, stirbt sie. Wartet man den natürlichen Tod der infektiösen Larven ab, bevor man die kontaminierte Weide erneut bestösst, verhindert man einen Befall. Es ist also keine Entwurmung erforderlich, um den Parasitendruck zu regulieren.

Neun Wochen Wartezeit
Der Haken: Es dauert mindestens 9 Wochen, bis eine ausreichende Sterblichkeit erreicht wird. Eine solche Zeitspanne zwischen zwei aufeinanderfolgenden Beweidungen ist im Hinblick auf das Graswachstum jedoch viel zu lang. Wir müssen also zwischen den zwei Beweidungen Managementmassnahmen einbauen.

Auf Parzellen, die mit Maschinen erreichbar sind, kann ein Schnitt durchgeführt werden. Das Mähen verlängert nicht nur die Weideruhe, sondern ermöglicht es auch dem UV-Licht, in die untere Grasschicht einzudringen. Dadurch können die Larven erreicht werden, die sich grösstenteils in den ersten sechs Zentimetern aufhalten.

Mit einem Mähwerk, das auf eine Höhe von mindestens 7–8 Zentimetern eingestellt ist, um zu verhindern, dass sich Erde im Erntegut ansammelt, können die Larven zwar nicht getötet werden, dafür werden sie aber dem für sie schädlichen Licht ausgesetzt.

Mischbeweidung hilft
Eine zusätzliche Managementmassnahme ist die Beweidung durch andere Tiere, die nicht von denselben Parasiten befallen werden und somit einen Staubsaugereffekt haben – zum Beispiel Equiden, die das Gras tiefer abfressen. Pferde sind ideal, Schafe und/oder Ziegen, aber auch ausgewachsene Rinder, die besser gegen Strongyliden immunisiert sind, stellen jedoch gute Alternativen dar.

Individuell entscheiden
Verschiedene Studien empfehlen die Behandlung von Kühen mit Wurmmitteln, um ihre Milchproduktion zu steigern. Diese Steigerung sei durch die Einsparung von Energie, die sonst für die Aufrechterhaltung der Immunität aufgewendet wird, zugunsten der Milchproduktion zu erklären. Diese zeitlich begrenzte Vorgehensweise wird jedoch durch neue Studien infrage gestellt, die nach der Behandlung keine Produktionssteigerung oder sogar einen Produktionsrückgang feststellten.

Jede Situation ist also sehr individuell zu betrachten. Ein erwachsenes Tier zu behandeln, das nicht unter dem Befall mit internen Parasiten leidet, widerspricht den Grundsätzen des Resistenzmanagements. Die Suche nach neuen Molekülen ist nicht einfach und jede neue Substanz birgt ab dem Zeitpunkt ihrer Verwendung das Risiko, dass Würmer die Behandlung überleben und Resistenzen bilden.

Daher müssen wir diese wichtigen Moleküle um jeden Preis für die Kälber, die sich in ihrer ersten Weidesaison befinden, aufsparen. Im Gegensatz zu erwachsenen Rindern haben diese nämlich noch keine Immunität erworben und können stark infiziert und schwer krank werden.

Wohlüberlegte Behandlung
Falls das Weidemanagement aus praktischen Gründen nicht optimiert werden kann, können Kotuntersuchungen durchgeführt werden, um zu ermitteln, wie stark die Tiere von Magen-Darm-Strongyliden befallen sind. Im Herbst können mithilfe eines Bluttests durch Würmer verursachte Schäden im Labmagen von Kälbern nachgewiesen werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen ermöglichen eine gezielte Behandlung.

Lässt sich eine Behandlung mit Wurmmitteln durch das Weidemanagement nicht vermeiden, ist es zudem sinnvoll, weniger toxische Moleküle (Benzimidazole, Levamisol) zu wählen, um die koprophage Mikrofauna und bestimmte Zweiflügler zu schonen. Die Managementstrategie hängt von der Haltungsform, der Tierart, dem Gelände, der Fütterung, dem Weide-Umtrieb und dem Wetter ab. Sie sollte mit der Tierärztin bzw. dem Tierarzt besprochen werden.

Pamela Staehli und Felix Heckendorn, FiBL

Dieser Artikel ist in der Zeitschrift Agrihebdo Nummer 15 vom 14 April 2023 erschienen.

Weiterführende Informationen

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 28.06.2023

Möchten Sie die Website zum Home-Bildschirm hinzufügen?
tippen und dann zum Befehl zum Home-Bildschirm hinzufügen nach unten scrollen.