100 Prozent Biofütterung - Hintergrund
Bis Ende 2021 durften Bioschweinebetriebe in der Schweiz fünf Prozent konventionelle Komponenten verfüttert werden. Ab 2022 galt die sogenannte 100 Prozent Biofütterung für Mastschweine. Auch in der EU wurde im gleichen Zeitraum bei Mastschweinen umgestellt. Für Jungtiere bis 35 Kilo gilt bis Ende 2030 noch eine Übergangsfrist. Die Umstellung bedeutete in erster Linie ein Verzicht auf Kartoffelprotein, welches ein gutes Aminosäureprofil liefert, aber eben kaum in Bioqualität verfügbar ist. Um das hochwertige Kartoffelprotein zu ersetzen, muss vermehrt Sojapresskuchen eingesetzt werden, vor allem in der Vormast.
In vorausgehenden Versuchen (Projekt Bioschwein 100.0) wie auch während der effektiven Umstellung von 2022 bis 2024 hat sich gezeigt, dass die 100 Prozent Biofütterung im Vergleich zur 95 Prozent Biofütterung folgende Konsequenzen haben kann:
- Die Leistung (Futterverwertung, Tageszunahmen, Mastdauer) reduziert sich.
- Die Konzentration an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) im Schweinefett erhöht sich um rund zwei Prozent.
- Die Stickstoffeffizienz ist tiefer. Es muss insgesamt etwas mehr Rohprotein verfüttert werden, um den Bedarf an essenziellen Aminosäuren zu decken.
Auswirkungen auf die Tiergesundheit wurden in standardisierten Praxisversuchen, auch bei Ferkeln, keine gefunden, allerdings berichteten einige Betriebe nach der Umstellung von vermehrtem Durchfall und Schwanzbeissen.
Zu hohe PUFA-Werte können zu Abzügen im Schlachthof führen
Die Schweiz ist das einzige Land, in welchem die Fettqualität von Schweinen im Schlachthof bestimmt und bewertet wird. Erreicht ein Schlachtposten im Schnitt eine PUFA-Konzentration (mehrfach ungesättigte Fettsäuren) von über 15.5 Prozent werden gestaffelt Abzüge verrechnet. Dies wird für alle Schweine angewandt, unabhängig vom Label. Fett mit einer sehr hohen PUFA-Konzentration ist anfälliger für Oxidation, was zu Ranzigkeit führen kann. Zudem lässt es sich schlechter verarbeiten, da es schmieriger und weicher ist. Ab welcher Konzentration tatsächlich sensorisch Abweichungen oder Probleme in der Verarbeitung auftreten, liess sich in Experimenten bislang nicht feststellen.
PUFA-Konzentration über Fütterung steuern
Da Schweine - wie auch andere Tiere – essenzielle, mehrfach ungesättigte Fettsäuren nicht selbst synthetisieren können, bedeutet das, dass die PUFA im Schweinefett direkt aus dem Futter stammen. Damit lässt sich die PUFA-Konzentration im Fett über die Fütterung steuern.
Pflanzliche Komponenten enthalten grundsätzlich mehr PUFA als tierische Fette. Gerade Presskuchen (Soja, Kürbis, Sonnenblumen, Raps) enthalten mehr Fett, und dadurch auch mehr PUFA, im Vergleich zu Extraktionsschrot, welches aufgrund der Herstellung mit Hexan im Biolandbau nicht erlaubt ist. Tiere mit mehr Fettauflage haben tiefere PUFA-Konzentrationen, da die PUFA verdünnt werden. Weitere Einflussfaktoren auf die Fettqualität sind die Gesundheit (gesunde Tiere haben mehr Fett, und dadurch tiefere PUFA-Konzentrationen) sowie das Management insgesamt.
Aufgrund der Herausforderungen im Bereich Leistung und Fettqualität wurde den Betrieben in der Schweiz eine erneute Übergangsfrist von 2025 bis 2030 für die 100 Prozent Biofütterung gewährt.
Weiterführende Informationen
Vorausgehender Versuch: Projekt Bioschwein 100.0 (Rubrik Projektergebnisse)
Fütterung (Rubrik 100 Prozent Biofütterung)
Gesundheit (Rubrik 100 Prozent Biofütterung)
Leistung (Rubrik 100 Prozent Biofütterung)
Management (Rubrik 100 Prozent Biofütterung)
