Eine stattliche von Besucher*innen hat sich zum Flurgang auf dem Trottenhof in Sulz AG eingefunden. Foto: FiBL, Bernadette Oehen
Es ist ein frischer Sommerabend auf dem Trottenhof der Familie Kohler in Sulz AG. Der vielseitige Betrieb setzt auf intensive Bio-Feldgemüseproduktion, aber Bodenfruchtbarkeit und geschlossene Nährstoffkreisläufe bleiben zentral. Mehr als 30 Personen folgten der Einladung von Hansueli Dierauer FiBL und David Metzger, Bioberatung Liebegg, sich vor Ort ein Bild vom vielseitigen Biobetrieb zu machen
Wasserbüffel im Naturschutzgebiet
Neben Legehennen und einer Mutterkuhherde gehören drei Wasserbüffel zum Betrieb, die als Jungvieh aufgezogen werden. Die zahmen Tiere pflegen eine Naturschutzfläche und helfen dort, Neophyten zu kontrollieren. Ihr ruhiges und neugieriges Wesen begeisterte die Teilnehmenden genauso wie der Schwarm von Uferschwalben, die in der ehemaligen Kiesgrube nisten.
Für den Familienbetrieb steht fest: Gesunder Bodenfruchtbarkeit ist die Basis für gesunde Lebensmittel und gesunde Menschen. Der Mist der Mutterkuhherde und der Legehennen wird bearbeitet und gezielt eingesetzt, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und zu fördern.
Ein Hotspot des Zuckermaisanbaus
Das Freiamt und angrenzende Gebiete gilt als der Hotspot im Zuckermaisanbau, wobei die Bioproduktion hier «die Nase vorne hat». Die Familie Kohler setzt auf die Sorten Early Bird (ertragreich, aber beulenbrandanfällig), Sprinter (bei Krähen dieses Jahr sehr beliebt) und Overland (Favorit des Betriebsleiters).
Mit einer guten Kulturführung und ausreichend Nährstoffen lassen sich Kolben mit gutem Gewicht und vollständigem Körnerbesatz erzielen, die der Markt nachfragt.
Bei den Schädlingen zeigte sich die Lage dieses Jahr relativ entspannt. Die Erdraupen (Raupe verschiedener Eulenfalter) wurden punktuell beobachtet. Sie könnten mit intensiver Bodenbearbeitung vor der Aussaat im Frühling kontrolliert werden, diese Massnahme steht aber im Widerspruch zum Bodenschutz.
Neu auf dem Radar: Die Baumwollkapseleule
Da der Schaden der Erdraupen erst bei älteren Larvenstadien sichtbar wird, wirken Bt-Präparate nicht mehr effizient. Eine Alternative könnten Nematoden eingesetzt werden. Neu auf dem Radar ist die Raupe der Baumwollkapseleule, die jedes Jahr aus dem Süden neu zuwandert.
Mehr als 200 Pflanzen stehen auf ihrem Speiseplan, darunter auch der Zuckermais. Das Schadpotential in des Baumwollkapselwurms in der Landwirtschaft ist hoch und kann sich mit dem Klimawandel noch verstärken. Zur Bekämpfung steht aktuell ein Viruspräparat von Andermatt Biocontrol zur Verfügung. Der Maiszünsler hingegen ist bekannt und kontrollierbar.
Süsskartoffeln – Chancen und Handarbeit
Süsskartoffeln, eine Kultur aus Zentralamerika, werden als Jungpflanzen auf Dämmen kultiviert. Im frühen Stadium können die Bestände stark verunkrauten – deshalb ist auf dem Betrieb eine Lohnjäterei im Einsatz. Der Markt für Süsskartoffeln wächst, doch der Anbau erfordert Vorinvestitionen für Pflanzmaterial und viel Handarbeit bei der Ernte.
«Für Süsskartoffeln gibt es keinen Grenzschutz – wir sind darauf angewiesen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten bewusst Schweizer Bioware wählen», meint der Betriebsleiter Simon Kohler. Ohne gesicherte Vermarktung ist der Anbau von Süsskartoffeln deshalb trotz Marktwachstum ein Risiko.
Spezialkulturen mit Tücken
Der diverse Betrieb baut Kartoffeln für die Verarbeitung an. Hier überzeugt die Sorte Agria durch Ertrag und Qualität. Die Kultur sieht gut aus, doch steckt das letzte Jahr den Kartoffelproduzent*innen noch in den Knochen.
Auch die Bioranden der Sorte Bazzu sind ein schwieriges Thema: «So rot wie die Knolle, so rot auch der Deckungsbeitrag» meint Martin Koller, Leiter der Innoplattform Bio Seeland. So seien ganze, unverarbeitete rentabel, denn die Verarbeitung drückt die Margen.
Sorgen wegen neuen Schädlingen bei Randen
Der Trottenhof hat einen guten Absatzkanal und bleibt bei den Randen, aber es bleibt die Sorge wegen neuen Schädlingen. Sorgen bereiten neue Schädlinge wie der Rübenstängelrüssler und die aus Süddeutschland bekannte Schilf-Glasflügelzikade, die potenziell grosse Schäden verursachen können, bisher aber noch nicht im Schweizer Randenanbau aufgetreten sind.
Neu im Anbau ist Biochicorée, der für einen Marktfahrerproduziert wird. Drei Sorten stehen auf Dämmen und müssen gejätet werden. Das braucht ein geschultes Auge, um Nutzpflanze und Beikraut zu unterscheiden.
Auch Weizen (Sorte Rosatch) hat seinen festen Platz im Betrieb. Der Aufwand ist im Vergleich zum Gemüse gering, der Ertrag zuverlässig – ein wichtiges Standbein, das auch Stroh für die Tierhaltung liefert. «Ich habe ein gutes Gefühl für die Zukunft – aber es gibt Arbeit», fasst Alois Kohler den Flurgang zusammen.
Sorgfalt mit einem intensiven Anbausystem
Der Flurgang zeigte einmal mehr, wie Betriebe individuell Strategien für die Zukunft entwickeln. Hansueli Dierauer stellt fest: «Der Betrieb versucht, marktwirtschaftlich zu produzieren und setzt auf ein intensiveres Anbausystem mit mehr als 2 DGVE pro ha. Trotzdem bleibt die Sorgfalt im Umgang mit Boden und Natur erhalten». Dies, aber auch Wasserbüffel, die Uferschwalben und die Vielfalt auf dem Feld bleiben als inspirierende Eindrücke in Erinnerung.
Bernadette Oehen, FiBL
Weiterführende Informationen
Artikel über Familie Kohler und ihren Betrieb (badenertagblatt.ch)