Diese Website unterstützt Internet Explorer 11 nicht mehr. Bitte nutzen Sie zur besseren Ansicht und Bedienbarkeit einen aktuelleren Browser wie z.B. Firefox, Chrome
FiBL
Bio Suisse
Logo
Die Plattform der Schweizer Biobäuerinnen und Biobauern

GMF, Milch, Gärgülle: Biobauern wehren sich gegen neue Vorschriften

Meldung  | 

Kinderfreundliche Delegiertenversammlung: Die Nordwestschweizerin Esther Zeltner erläutert einen Antrag ihrer Mitgliedorganisation. Foto: Adrian Krebs

Die Delegierten von Bio Suisse haben Vorbehalte gegen neue Vorschriften: Sie wollen vorderhand weder ein Obligatorium für Rauhfutterfokussierte Rindviehfütterung gemäss Bundesprogramm, noch eine Verschärfung der Einsatzmöglichkeiten von Biogasgülle. Ebenso klar abgelehnt wurden allgemeinverbindliche höhere soziale Anforderungen für Angestellte. Angenommen wurde einzig ein Verbot für GVO-haltige Tiermedikamente.

Mehrheitlich folgte die Delegiertenversammlung von Bio Suisse am vergangenen Donnerstag in Olten den Anträgen des Vorstands. Kein Erfolg war dem Führungsgremium hingegen mit dem Antrag beschieden, das neue Bundesprogramm Graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion (GMF) per 2018 für alle Biobauern als verbindlich zu erklären. Präsident Urs Brändli versuchte vergeblich, den Delegierten ein Obligatorium schmackhaft zu machen. Es seien schon heute rund 80 % der Biobauern, welche die Voraussetzungen – minimal 75 % Rauhfutter (Berggebiet 85 %) und den bereits heute in den Richtlinien festgeschriebenen maximal 10% Kraftftfutter – problemlos erfüllen würden, rechnete Brändli vor. Sekundiert wurde er von Res Bärtschi, dem Präsident der Markenkommission Anbau.

„Nicht schneller spielen als die Musik“

Widerstand erwuchs dem Vorhaben in Form von zwei Anträgen aus der Ost- und Nordwestschweiz, die beide eine Zurückstellung des Obligatoriums forderten. Es brauche zuerst eine Diskussion an der Basis, hiess es im Antrag der Vereine Bio Liechtenstein, Bio Ostschweiz und Bio Grischun. Wenn man jetzt schon Fakten schaffe -  „bevor überhaupt die definitive Ausgestaltung von GMF und Erfahrungen in der Umsetzung vorliegen“ - so schränke dies die zu führende Grundsatzdiskussion ein, erklärten die Ostschweizer. Auch aus anderen Landesteilen erwuchs Widerstand: „Man soll nicht schneller spielen als die Musik“, sagte etwas Thomas Herwig von Bio-Jura, der für Entscheidungsfreiheit der Biobauern in Sachen plädierte. Unterstützung erhielt er von Jakob Treichler von BioZug der im Obligatorium eine Benachteiligung der Ackerbauern sieht. Kritisiert wurde namentlich, dass das Mais als wichtiges Fruchfolgeelement im Biolandbau nicht in den Raufutterbereich fällt und deshalb unter Druck käme mit einem GMF-Obligatorium. In der Abstimmung resultierte ein Dreiviertel-Mehr für die Vertagung des Entscheids um ein Jahr. Nun gelte es aber, die Diskussion an die Hand zu nehmen, mahnte Präsident Brändli zum Abschluss des Traktandums.

Vorstand will Milchmarkt unter die Lupe nehmen

„Fairer Handel im Biomilchmarkt“ lautete der Titel eines Antrags der Bärner Bio Bure. Sie verlangten vom Vorstand im Hinblick auf die kommende DV einen Vorschlag, wie die Verwertungskosten der Überschüsse auf sämtliche Bioindustriemilchproduzenten verteilt werden könnte. Es brauche einen solidarisch funktionierenden Biomilchmarkt, erklärte Bruno Wermuth, der Geschäftsführer der Antragsstellerin. Im laufenden Jahr erwarte man eine Mehrproduktion von bis zu 10 Millionen Kilo Biomilch. Urs Brändli erinnerte namens des Vorstands daran, dass die Biomilchproduzenten über lange Zeit damit beschäftigt waren, die Fesseln des konventionellen Marktes zu lockern, etwa bei Genossenschaftsaustritten. Gleichzeitig habe man stets die Kässelipolitik der Schweizer Milchproduzenten und deren Allgemeinverbindlichkeit kritisiert. „Deshalb dürfen wir keinen Schritt zurück machen“, mahnte der Bio Suisse-Präsident. Er stellte einen Gegenantrag, der den Vorstand beauftragt, sich für faire Verhältnisse im Biomilchmarkt einzusetzen und über die Erfolge des Unterfangens an der nächsten DV Rechenschaft abzulegen. Wermuth lobte das schnelle Handeln des Vorstands und zog seinen Antrag zurück, worauf die Delegierten den Gegenantrag guthiessen.

Vorstand soll eine Arbeitsgruppe zum Thema Gärgülle bilden

Die Zentralschweizer Mitgliederorganisationen gelangten mit dem Antrag an die DV, der Vorstand solle den Einsatz von Gärgülle  und Gärgut beschränken. Josef Bircher von Bio Luzern erklärte weshalb: "In industriellen und halbindustriellen Biogasanlagen gelangen mitunter bedenkliche Substrate. Etwa Glycerin und Öle oder Gastro- und Schlachtabfälle." Die Anlagenbetreiber suchten landwirtschaftliche Flächen, um die Gärreste quasi zu entsorgen. Gerade bezüglich organischer Schadstoffe bestünden noch viele offene Fragen, gibt Bircher zu bedenken. "Der Biolandbau darf nicht als Quelle dieser Verschmutzung in Verruf kommen". Zudem entspreche die Düngerwirkung von Gärgülle der von Ammonsalpeter. Ihr Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit sei nicht im Sinn des Biogedankens. Vorstandsmitglied Monika Rytz verwies auf die bereits recht umfangreichen Richtlinien und Einschränkungen zum Einsatz von Gärrresten. "Die Nährstoffversorgung ist ein vielschichtiges Thema", sagte sie. Es sei nicht sinnvoll, nur ein Puzzlestück herauszupicken. Der Vorstand hat deshalb einen Gegenantrag formuliert. Er will eine Arbeitsgruppe einsetzen, welche die offen Fragen zum Thema Gärgülleneinsatz und Nährstoffversorgung im Allgemeinen untersuchen soll. Zu Richtlinienänderungen würde es frühestes per Anfang 2016 kommen. Nach der Diskussion zogen die Zentralschweizer Mitgliederorganisationen ihren Antrag zurück und die Delegierten hiessen den Gegenantrag des Vorstands gut.

Einheitliche Anstellungsbedingungen haben keine Chance

Chancenlos blieb auch ein Antrag von Bio Genève, minimale soziale Anforderungen für Angestellte auf Biobetrieben zu erlassen. Seit letztem Jahr beträgt die Arbeitszeit im Normarbeitsvertrag im Kanton Genf 45 Stunden pro Woche. Wenn die Angestellten von Genfer Landwirten länger arbeiten, müssen ihre Arbeitgeber die Zusatzstunden als Überzeit bezahlen. "Die Genfer Bauern haben somit höhere Lohnkosten als ihre Berufskollegen in anderen Kantonen", erklärt Willy Cretegny, Delegierter von Bio Genève. Dass die Angestellten besser entlöhnt werden sei aber grundsätzlich zu begrüssen. Es gehe nicht an, dass Angestellte in der Landwirtschaft massiv schlechter verdienen als in anderen Sektoren.  Bio Suisse müsse aktiv werden und sich mit dem Thema befassen. Der Konkurrenzdruck, welchen die gegenwärtigen marktpolitischen Verhältnisse zwischen den Anbaugebieten aufbauen, müsse gebrochen werden.  "Die Marokkaner in den Gewächshäusern von Südspanien schuften für 2 Euro die Stunde für die Konkurrenzfähigkeit ihrer Arbeitgeber", führte er aus.

Bio Suisse müsse aufwachen und schweizweit gute Bedingungen für die landwirtschaftlichen Arbeitnehmer auf Biobetrieben schaffen, schliesslich gälten ja die Richtlinien und Auflagen auch in allen Kantonen gleich.  Bio Genève forderte vom Vorstand, minimale Anforderungen für die Schweizer Knospe-Betriebe, insbesondere betreffend maximalen Arbeitszeiten und Lohn, zu erlassen. Der Tenor in der Anschliessenden Diskussion war, dass die übrigen Betriebsleiter sehr gerne bessere Löhne bezahlen würden, aber nur wenn gleichzeitig auch die Preise angeglichen würden. Bio Suisse könne nicht auf eigene Faust an der Lohnschraube drehen, ohne mit den nachgelagerten Stufen die Rahmenbedingungen anzupassen. Der Antrag von Bio Genève war bei der Abstimmung denn auch chancenlos. Auch ein abgeschwächter Gegenvorschlag vom Vorstand, welcher vorsah, dass sich Bio Suisse allgemein für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen soll, wurde von den Delegierten bachab geschickt.

Tiermedizin mit GVO-Inhhaltsstoffen neu verboten

Eine einzige Richtlinienverschärfung fand dann doch noch praktisch diskussionslos die Zustimmung der Delegierten. Der Fall des Verbots von GVO-Medikamenten zeigt, dass es manchmal Geduld braucht, um ein Anliegen durchzubringen. Die Versammlung stimmte einem Antrag des Vorstands zu, der auf einen Vorstoss der Schweizer Bergheimat aus dem Jahr 2012 zurückgeht. Dabei wird aufgrund einer FiBL-Studie nun unterschieden zwischen Medikamenten, welche gentechnisch veränderte Organismen enthalten und neu verboten sind. Weiterhin erlaubt sind dagegen Medikamente, bei deren Herstellung GVO zum Einsatz kommen, im Endprodukt aber nicht mehr enthalten sind. Das Verbot wurde ohne Gegenstimmen gutgeheissen.

Autoren: Adrian Krebs (FiBL) und Markus Spuhler (Bio Suisse)

Weitere DV-Geschäfte siehe separater Artikel:

Zwei Bergler neu im Vorstand der Bio Suisse


Weiterführende Informationen:

Unterlagen zur DV und den diversen Anträgen (Webseite Bio Suisse)

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

Möchten Sie die Website zum Home-Bildschirm hinzufügen?
tippen und dann zum Befehl zum Home-Bildschirm hinzufügen nach unten scrollen.