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Blütenausdünnung

Die Regulierung des Blüten- und Fruchtansatzes ist eine der wichtigsten Pflegemassnahmen zur Beeinflussung der Blütenknospenbildung und der inneren und äusseren Fruchtqualität. Um grosse Ertragsschwankungen zwischen den einzelnen Jahren (Alternanz) zu vermeiden, werden im konventionellen Obstbau die Blüten mit chemischen Mitteln ausgedünnt. Diese Substanzen sind im biologischen Obstbau nicht erlaubt. Im biologischen Obstbau in der Schweiz ist das Kaliumbicarbonatpräparat «Armicarb» das zurzeit einzige zugelassene Ausdünnmittel. Eine Kombination mit einem vorangehenden Einsatz des Fadengeräts kann je nach Sorte und Blühintensität empfehlenswert sein.

Im Biobstbau in den umliegenden Ländern wird zur Blütenausdünnung verbreitet Schwefelkalk (Curatio) in einer erhöhten Menge erfolgreich eingesetzt. In der Schweiz ist Schwefelkalk bislang nur für die Regulierung von Schorf beim Kernobst zugelassen. Mit einer Versuchsbewilligung (https://www.betriebsmittelliste.ch/praxisversuche.html) kann Curatio versuchsweise zur Blütenausdünnung eingesetzt werden.

Fadengerät

Bei der Handausdünnung musste bei stark blühenden Bäumen mit einem sehr hohen Aufwand von oft über 200 Stunden pro Hektare gerechnet werden. Mit der mechanischen Ausdünnung mit dem Fadengerät kann dieser Aufwand auf 1-2 Stunden pro Hektare gesenkt werden. Studien zeigen, dass die Ausdünnwirkung beim Fadengerät nicht auf das Abschlagen der Blüten zurückzuführen ist. Durch das Abschlagen der Blüten und Blattverletzung wird bei den Bäumen ein physiologischer Schock ausgelöst, wodurch vermehrt Ethylen gebildet wird. Dies führt nach ein paar Tagen oder Wochen zu einem erhöhten Fruchtfall.

Der beste Zeitpunkt für den Einsatz des Fadengerätes liegt zwischen dem Rotknospen- bis Ballonstadium und wird idealerweise bei kühler und bedeckter Witterung durchgeführt. Folgt nach dem Fadengeräteinsatz kühle und bedeckte Witterung, wird wegen der reduzierten Assimilationsleistung der Bäume eine bessere physiologische Schockwirkung erzielt. Um zu starke Holz- und Blattschäden zu vermeiden, sollte schonend gefahren werden, d.h. die Drehzahl der Fadenspindel sollte niedrig eingestellt werden und es sollte mit einer hohen Geschwindigkeit um die 10 km/h gefahren werden. Ziel ist eine kurze Verweildauer der Fäden in der Krone.

Vorteile des Fadengeräteinsatzes:

  1. Man erzielt so oder so eine gewisse Ausdünnung erzielt und damit bereits eine Reduktion der Alternanz und der Handarbeitsstunden nach dem Junifruchtfall.
  2. Eine Kombination mit biologischen Ausdünnmitteln (siehe unten) ist später, während der Blüte, durchaus möglich. Die Ausdünnwirkung mit dem Fadengerät alleine ist bei stark blühenden, alternanzanfälligen Sorten in der Regel nicht ausreichend.

Armicarb

Bei der Anwendung von Armicarb zur Blütenausdünnung gilt es, über die Blütezeit möglichst viele offene Blüten zu treffen und diese zu schädigen und somit die Befruchtung dieser Blüten zu verhindern. Dies macht in der Regel, je nach Dauer der Blüte und Blühintensität, zwei bis drei Behandlungen mit Armicarb nötig.

Die 1. Applikation sollte bei Beginn der Blüte, wenn zirka ein Drittel der Blüten geöffnet ist, durchgeführt werden. Eine zweite Applikation kann je nach Dauer der Blüte und dem Aufblühen weiterer Blüten drei bis fünf Tage nach der ersten Behandlung erfolgen. Um eine gute Benetzung der Blütenorgane zu gewährleisten, sollte eine hohe Wassermenge von rund 1000 Liter pro Hektare eingesetzt werden. Die Behandlung sollte nach dem Abtrocknen des Taus am späteren Vormittag erfolgen, zudem sollte bis zwölf Stunden nach der Behandlung kein Regen fallen, sonst besteht ein erhöhtes Risiko für Fruchtberostungen. Das Zuwarten mit der Behandlung bis zur vollständigen Abtrocknung des Taus ist auch deshalb empfehlenswert, weil dadurch die für Feuerbrandinfektionen nötige Nassdauer unterbrochen werden kann. Die Fruchtausdünnung mit Armicarb kann die Vegetationsentwicklung der Bäume leicht verzögern. Behandlungen mit Armicarb zur Blütenausdünnung sollten nicht mit der Rückenspritze oder mit dem Gun durchgeführt werden.    

Empfohlene Konzentrationen von Armicarb zur Blütenausdünnung:

  • Sorten Elstar und Gala: 2 x 15 kg/ha.
  • Sorten Golden Delicious und Maigold: 2 x 20 kg/ha.
  • Bei den Sorten Otava und Topaz besteht eine erhöhte Gefahr von Fruchtberostungen. Diese Sorten deshalb eher zurückhaltend behandeln.
  • Übrige Sorten: 2 x 15 kg/ha, je nach Blühverlauf und Witterung

Kombinierbarkeit von Armicarb mit anderen Produkten: Bei Anwendung von sauer wirkenden Produkten wie Tonerdepräparaten und Blossom-Protect (Aureobasidium) ist vor und nach der Anwendung von Armicarb ein Tag Wartefrist einzuhalten. Die Kombinierbarkeit mit Schwefel ist problemlos.

Wir empfehlen den Obstbetrieben bei der Anwendung von Armicarb zur Blütenausdünnung mit dieser neuen Methode mit einer gewissen Vorsicht eigene Erfahrungen zu sammeln und nicht auf Anhieb alle Anlagen mit voller Dosis zu behandeln.

Begleitung von Praxisversuchen durch das FiBL

Die bisherigen Erfahrungen zur Blütenausdünnung mit Fadengeräten oder Ausdünnmitteln beruhen auf eigenen Versuchserfahrungen durch das FiBL, ein paar wenigen Praxiserfahrungen in der Schweiz sowie auf Erfahrungen aus dem Ausland. In der Biopraxis werden Ausdünnverfahren noch (zu) wenig angewendet. Hauptgründe sind hauptsächlich das fehlende Vertrauen in die Wirksamkeit sowie die Angst vor Nebenwirkungen wie etwa eine zu starke Ausdünnung oder eine Schädigung von Baum und Frucht.

Wir möchten begleitete Praxisversuche zu verschiedenen Ausdünnvarianten durchführen. Ziel der Praxisversuche ist es, dass die Produzenten selber Erfahrungen im Umgang mit den diversen Ausdünnverfahren sammeln können und dass mit einer Vielzahl von Praxiserfahrungen in Zukunft breiter abgestützte Empfehlungen weitergeben werden können. Je mehr Erfahrungen (Mittel, Geräte, Anwendungszeitpunkte, Sorten, Standorte etc.) zusammengetragen werden können, desto präziser können die Empfehlungen gestaltet werden.

Um die Ausdünnwirkung von Ausdünnmitteln oder des Fadengerätes beurteilen zu können, sollte zwingend ein Teil der Bäume (z.B. jeweils die letzten fünf Meter jeder Reihe) unbehandelt gelassen werden. Eine genaue Aufzeichnung des Behandlungszeitpunktes (Datum mit Uhrzeit), Produkt und Konzentration sowie Wassermenge pro Hektare bzw. pro 10‘000 m3 Baumvolumen ist zwingend. Für die Auswertung des Erfolges der Massnahmen können Sie sich gerne an das FiBL wenden.


Weiterführende Informationen

Merkblatt Pflege Niederstammobst (FiBL Downloads & Shop)

 

Letzte Aktualisierung dieser Seite: 10.04.2019

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