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Soja bleibt gesucht, aber der Klimawandel macht den Anbau komplex

Meldung  | 

Die Sojabilanz 2023 fällt stark standortabhängig aus. In der Ostschweiz waren die Bedingungen und die Erträge ordentlich, in der Westschweiz war es zu trocken und im Tessin zu feucht. Das hatte direkte Auswirkungen auf die Erträge.

Sojaflurgang im Sommer 2023 auf dem Thurgauer Arenenberg. Foto: FiBL, Matthias Klaiss

Erträge (in kg/a), Feuchtigkeit (in Prozent TM) und Eiweissgehalte (in Prozent TM) an den diversen Standorten. Tabellen: FiBL, Matthias Klaiss

Verfärbungen können verschiedene Ursachen haben: Stress der Pflanze durch Trockenheit, Hitze oder Kälte, Infektion mit Pilzen und Sojabohnenmosaikviren. Foto: FiBL, Matthias Klaiss

Flurgang auf dem Stiegenhof im zürcherischen Oberembrach. Der Grenzstandort lieferte sehr gute Ergebnisse. Foto: FiBL, Matthias Klaiss

Alle drei Frühlingsmonate brachten der Schweiz verbreitet eine unterdurchschnittliche Sonnenscheindauer und kühle temperaturen. Dazu waren der März und April in vielen Gebieten niederschlagsreich, mit Ausnahme der Alpensüdseite. Im Mai fiel vor allem am zentralen und östlichen Alpennordhang und in Teilen Grau-bündens reichlich Niederschlag.

Schwierige Wetterbedingungen
Die Soja Aussaat im Mai war oft erst sehr spät möglich durch den anhaltenden, wochenlangen Regen. In der Folge trocknete der Boden aufgrund vom anhaltenden Wind an manchen Standorten jedoch schnell wieder ab und war bis zur Aussaat teilweise zu trocken.

Der Juni war dann wiederum sehr trocken, dass auf manchen Sojafeldern das Saatgut nur teilweise oder gar nicht und erst beim nächsten Regen 3 Wochen später Anfang/Mitte Juni aufgelaufen ist.

Der Sommer 2023 war der drittwärmste seit Messbeginn 1864. Es gab zwei ausgeprägte Hitzewellen, eine Mitte Juli und eine sehr ungewöhnlich spät ab Mitte August für zwei Wochen. Trotz teilweise heftiger Gewitter blieben die Niederschlagsmengen meist unterdurchschnittlich und sehr lokal. Die Sonnenscheindauer lag verbreitet über dem Durchschnitt, insbesondere dank sehr sonniger Verhältnisse im Juni.

Von zu trocken bis zu nass
Die CH2018-Klimaszenarien zufolge wird die laufende Erwärmung, unabhängig vom angenommenen Treibhausgasemissionsszenario, noch mehrere Jahrzehnte anhalten. Dies wird zu immer häufigeren und intensiveren Hitzewellen führen. Diese Hitzewellen können auch früher und später im Jahr auftreten. Die späte Hitzewelle in der zweiten Augusthälfte passt perfekt in die modellierten Klimaszenarien.

Im Mittelland waren die Erträge nach Angaben der Mühle Rytz ordentlich, es gab aber ein erhöhtes Vorkommen von braun verfärbten Bohnen. In der Westschweiz, vor allem im Raum Genf kam es durch die grosse Trockenheit und die Hitze zu Mindererträgen und Qualitätseinbussen. Im Tessin war das Sojajahr hingegen zu nass, was sich wiederum negativ auf Ertrag und Qualität auswirkte.

Streifenversuche auf fünf Biobetrieben
Im Rahmen des Projekts EVASION (Agroscope, DSP und FiBL in Zusammenarbeit mit Bio Suisse, Kantonaler Beratung und Biobauern) wurden auf fünf Biobetrieben Streifenversuche angelegt: In Salenstein TG, Oberembrach ZH (auf 650 m als Grenzstandort), Gränichen AG, Grange Verney VD und Thonex GE.

Sechs verschiedene Sojasorten aus den Agroscope / FiBL Exaktversuchen wurden ausgesät (darunter die beiden neuen Agroscope Züchtungen Talisse und Arnold), um sie an Beratungsveranstaltungen zu zeigen, die Standorteignung zu demonstrieren und den Sojaanbau und seine Chancen und Herausforderungen zu thematisieren. Jedoch können aus diesen Versuchen nur sehr bedingt Aussagen über Sorten im Sinne einer Sortenprüfung gemacht werden.

Schnelle Bodenbedeckung als Ziel
Gleichermassen wurde in diesem Rahmen seit 2019 das Agroscope Sortenprüfungsversuchsnetz um zwei Biostandorte (Senarclens VD und Grandcour VD) und verschiedene vielversprechende Zuchtlinien von Agroscope erweitert, diese Zuchtlinien haben unter anderem Sorten zum Ziel, die eine besonders schnelle Bodenbedeckung aufweisen.

Herausforderungen in den Streifen-Versuchen:

  • Aufgrund starker Verunkrautung mit Hirse und Gänsefussgewächsen konnten die Erträge an den Standorten Salenstein und Gränichen nicht erhoben werden.
  • Am Standort Mapraz GE wurde der Sojabestand substanziell von Tauben gleich nach dem Aufgang dezimiert. Weiterhin wurde der lichte Bestand später in der Saison von Ackerwinde überwuchert. Auch ein vermehrtes Aufkommen von Wanzen, die die Schoten bzw. Bohnen geschädigt haben, wurde beobachtet.

Später Drusch in der Westschweiz
Am Standort Grange Verney wurde erst im Oktober gedroschen, die Feuchtigkeitswerte (weisen darauf hin, dass der optimale Erntezeitpunkt  (bei Futtersoja 11-13 % laut Swissgranum Annahmebedingungen) schon überschritten war (s.Tabelle 2).

Die Sommertrockenheit mit der zusätzlichen Hitzewelle im August führte dazu, dass die Sojapflanzen an vielen Standorten enorm schnell abgereift sind. Unter solchen Umständen kann es durchaus vorkommen, dass man bereits Ende August mit einer Soja Ernte rechnen muss. Wird ein erntereifes Sojafeld für weitere Tage, ja Wochen reif im Feld stehen gelassen, kann es je nach Wetterverlauf irgendwann dazu kommen, dass die Pflanzen ihre Hülsen öffnen.

Homogene Abreife auf einem Feld ist selten
Ein Feld reift selten ganz homogen ab, wichtig ist es sich eine Übersicht im Feld zu machen, vom Feldrand, können nur wenige restliche Blätter die Reifeeinschätzung stark beinflussen. Besonders bei einer stressbedingten Abreife, können die Stengel und einige Blätter grün bleiben und über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die Hülsen und somit das Feld bereits zur Ernte bereit ist. 

In der Züchtung wird darauf geachtet, dass die Sorten eine hohe Hülsenfestigkeit haben. Die Züchter verstehen unter einer Toleranz gegen das Hülsenplatzen, eine Festigkeit nach Abreife der Pflanzen von 1-2 Wochen, je nach Wetterbdingungen kann sich diese Zeitspanne jedoch stark verkürzen. So sind die Erträge zwischen 15.4 und 31.8 dt/ha am Standort Grange Verney mit Vorsicht zu interpretieren.

Grenzstandort war im letzten Sommer optimal
Am Standort Oberembrach auf 650 m waren die Bedingungen, wie sich an einem Durchschnittsertrag von 35 dt und Erträgen zwischen 30.3 (Aurelina) und 39.9 dt/ha (Adelfia) erahnen lässt, jedoch optimal. Die Verunkrautung war dank der Anschaffung eines modernen Hackgerätes und gutem Management kein Thema.

Aus den Sortenprüfungen von Agroscope lassen sich folgende Aussagen ableiten (Ergebnisse s. Weiterführende Informationen):

  • Abaca: frühe Sorte, Reifegruppe 000,  sie war nicht im Agroscope Versuch
  • Adelfia: Eine der ertragreichste 000/00 Sorte im Versuch, 28 dt/ha (Durchschnitt von 4 Standorte im Jahr 2023). In 3 Jahresschnitt, 36 dt/ha. Wird neuer Standard der Reifegruppe 000/00 in Agroscope Versuch. Mit 41.1 % TM ist der Proteingehalt gut.
  • Arnold: frühe Sorte, Reifegruppe 000, sehr guter Ertrag für die frühreife Kategorie 000, Die Sorte zeichnet sich durch ein kleines TKG und mittlere Proteinwerte aus.
  • Aurelina: mittelspäte Sorte, Reifegruppe 00, sehr gute Proteingehalte im 00 Bereich, in 3 Jahres Ertrag 31 dt/ha, besser als Protéix, schlechter als Talisse und Adelfia
  • Obélix: frühreif, Reifegruppe 000 Sorte, 33 dt/ha, grosse Samen, durchschnittlicher Proteingehalt, stabile frühreife Sorte, rasche Jugendentwicklung.
  • Talisse: mittelspät, Reifegruppe 00, Speisesoja, heller Nabel,  im 3 jährigen Versuchen, bessere Erträge als Aurelina, gleich wie Adelfia. Proteingehalt war durchschnittlich. Talisse ist sehr wüchsig und zeichnet sich durch eine gute Bodenbedeckung aus.

Schwierige Bedingungen durch Wetterextreme
Bei Hitzesommern wie 22/23 ist es möglich, dass bereits ab Mitte August geerntet werden muss. Und wenn man die Druschreife feststellt, muss es mitunter schnell gehen. Kein Feld ist absolut homogen, es ist ein Kompromiss nötig, um ein Feld für erntebereit zu erklären. Aber grundsätzlich lohnt es sich nicht, zu warten, bis das Feld so dürr aussieht wie ein Weizenfeld.

Grüne Stängel: Das Green Stem Syndrom
Hitzestress kann auch das «Green Stem Syndrom» auslösen. Die Hülsen sind reif, die Stängel bleiben jedoch grün.. Dieser Effekt verleitet auch um zu lange mit dem Dreschen abzuwarten. Dies wird im Ausland oft bonitiert als «Strohreife».

Auch in der Schweiz wurde dieses Jahr von verschiedenen Landwirten dieser Effekt beobachtet und führte teils dazu, dass die Soja mit einem viel zu tiefen Wassergehalt von weniger als 11 % geerntet wurden. Dadurch neigen die Bohnen zum Auseinanderbrechenm, was im Falle vom Anbau von Speisesoja zumindest den Ertrag schmälert oder die Ernte weniger lange haltbar macht.

Verfärbungen: Braune Bohnen wegen Trockenheit?
Die in diesem Jahr häufiger beobachtete Verfärbung der Bohnen sind möglicherweise Auswirkungen von Stress durch Hitze und Trockenheit. Nach Aussagen der Mühle Rytz beeinträchtigen die Verfärbungen jedoch nicht die Rohstoffqualität von Speisesoja, offensichtlich sind die Verfärbungen nur an der Schale und haben keinen Einfluss auf die Produktqualität des Tofus.

Jedoch erschweren sie massgeblich eine Reinigung mit dem Farbausleser, der nicht mehr zwischen Bohnen und Verunreinigung unterscheiden kann und die Bohnen aussortiert. Ernten mit hohen Anteilen können daher deklassiert werden.

Die Verfärbungen können verschiedene Ursachen haben: Stress der Pflanze durch Trockenheit, Hitze oder Kälte, Infektion mit Pilzen und Sojabohnenmosaikviren.

Abtrocknen statt abreifen führt zu grünen Bohnen
Weiterhin kann es bei Hitzestress dazu kommen, dass die Bohnen abtrocknen anstatt abzureifen. Das führt zu grünen Körnern und ist vor allem bei Speisesoja problematisch und kann zu Deklassierungen oder teurer Nachreinigung führen.

Zur Sortenwahl ist zu sagen, dass die Reife einer Reifegruppe sehr stark vom Mikrostandort abhängen kann.

Sehr gesucht und mit erfreulichen Preisen
Futtersoja ist weiterhin sehr gesucht. Auch Umsteller können produzieren und bekommen den Biopreis, der sich momentan auf 168 Fr./dt beläuft.

Speisesoja, für die erfreuliche Produzentenpreise von 220-235 Fr./dt bezahlt werden, wird ausschliesslich im Rahmen von Anbauverträgen angebaut, die Sorten werden je nach Abnehmer vorgeschrieben. Dafür gibt es eine Warteliste, jedoch ist die Tendenz zur Aufnahme neuer Produzenten leicht positiv. 

Interessenten sollten sich bis Ende dieses Jahrs noch melden bei Mühle Rytz, Fenaco, Mühle Lehmann oder Grüninger Mühle. Der Anbau wird dann geplant, gegebenenfalls gibt es im Frühjahr immer noch Last Minute Möglichkeiten einen Vertrag mit einem Abnehmer abzuschliessen.

Matthias Klaiss und Marina Wendling, FiBL
Tiziana Vonlanthen, Agroscope
Christoph Barendregt, DSP

Weiterführende Informationen

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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