48 Prozent der Biohöfe in der Schweiz, also knapp die Hälfte, werden von Betriebsleitenden geführt, die über 50 Jahre alt sind. Diese Zahl stammt aus der Landwirtschaftlichen Strukturerhebung 2024, die das Bundesamt für Statistik (BFS) im Mai 2025 veröffentlicht hat (s. Link unten).
60 bis 64-Jährige sind besonders gut vertreten
Mit rund 15 Prozent sind besonders die 60-64-Jährigen gut vertreten; sie stehen kurz vor der Pensionierung. Die Gruppe der 55-59-Jährigen macht weitere 17 Prozent aus und wird in den kommenden Jahren ebenfalls mit dem Thema Pensionierung und Hofnachfolge konfrontiert sein.
«Wie die Vergangenheit gezeigt hat, werden beim Erreichen des Pensionsalters und wenn es an einer innerfamiliären Nachfolge fehlt, Bauernhöfe oft aufgegeben. Dabei würde es an ausserfamiliären Interessierten nicht fehlen»», sagt Carole Gauch, Bereichsleiterin Politik bei der Kleinbauern-Vereinigung. Würden die konventionellen Höfe auch einbezogen, läge der Anteil der über 50-jährigen Betriebsleitenden sogar bei 57 Prozent.
7000 Pensionierungen bis 2030
Die Schweizer Landwirtschaft ist also stark von Überalterung geprägt. Gemäss einer aktuellen Studie von Agroscope erreichen in der Schweiz in den nächsten fünf Jahren rund 7000 Betriebsleitende die Altersgrenze von 65 Jahren. Sie gehen in Pension und verlieren das Anrecht, Direktzahlungen zu beziehen. «Das sind 17 Prozent der Familienbetriebe», erläutert der Autor der Studie, Alexander Zorn.
Der Agrarwissenschaftler sieht drei Hauptgründe für diese Trends: Landwirtinnen und Landwirte würden ihren Hof immer später über- oder aufgeben. Ihnen stünde zweitens ein sinkender Anteil Neueinsteiger gegenüber. Drittens würden Höfe öfters an eine nur wenige Jahre jüngere Person abgetreten, häufig an die Partnerin. Alexander Zorn bilanziert: «Hofübernahmen sollten frühzeitig geplant werden, und die Betroffenen sollten sich bei Fachstellen beraten lassen.»
Betriebsleitende von Bergbetrieben sind jünger…
Wird eine Hofübergabe nicht rechtzeitig angegangen, kann dies das Hofsterben beschleunigen. Allein 2024 wurden 644 Höfe aufgegeben, rund zwei Betriebe pro Tag. Die verbleibenden aber haben ihre Flächen ausgedehnt. Die bewirtschaftete Nutzfläche pro Betrieb betrug 2024 im Durchschnitt 22,1 Hektaren (ha), 0,3 ha mehr als 2023. Insgesamt ist seit dem Jahr 2000 ein Drittel aller Höfe verschwunden, wogegen sich die Durchschnittsfläche pro Betrieb in dieser Zeit fast verdoppelt hat.
Analysiert man die Altersstruktur nach Regionen, fällt etwas auf: In den Berggebieten sind die Betriebsleitenden im Schnitt jünger als auf den Höfen im Flachland. Und es gibt dort deutlich mehr Biohöfe als in der übrigen Schweiz. Die kleinteiligen Bergbetriebe sind geprägt von der Wiederkäuerhaltung, während im Mittelland zahlreiche grosse Höfe mit Gemüse-, Getreide- und Futterbau vorzufinden sind. Entsprechend gestaltet sich das Alter der Hofleitenden. Alexander Zorn: «Im Berggebiet sind die Betriebsleitenden am jüngsten. Die Betriebstypen Ackerbau und Spezialkulturen in der Talzone weisen die ältesten Betriebsleitenden auf.»
… und bewirtschaften ihre Häfe öfters mit Biomethoden
Barbara Küttel, Co-Verantwortliche Politik bei Bio Suisse, führt aus: «In den Bergzonen finden wir überproportional viele Biohöfe.» Im Schweizer Durchschnitt ist gemäss Bio Suisse knapp jeder fünfte Hof (17,4 Prozent) ein Biohof. In den höheren Bergzonen liegt dieser Wert zwischen 19 Prozent (Bergzone II) und 41 Prozent (Bergzone IV).
Der hohe Bio-Anteil in den Bergen hängt laut der Bio-Suisse-Expertin mit der Markt-Nachfrage und dem Aufwand für die Umstellung zusammen. «Eine graslandorientierte Bewirtschaftung im Berggebiet macht den Umstieg einfacher, sofern keine grossen Investitionen in Stallinfrastrukturen notwendig sind.» Ausserdem gebe es Kantone wie Graubünden, in denen Bio etabliert sei, etwa auch in den Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen. Wogegen in anderen Landesteilen die Nachfrage durch Abnehmer noch kleiner sei.
Leitungswechsel als Öko-Chance
Carole Gauch von der Kleinbauern-Vereinigung führt ein weiteres Argument ins Feld: die Betriebsgrösse. «Wird für einen Grossbetrieb im Mittelland eine ausserfamiliäre Nachfolge gesucht, ist das für die meisten Interessenten finanziell fast nicht zu stemmen.»
Insgesamt aber könne ein Wechsel in der Betriebsleitung auch eine Chance sein: «Übernehmen etwas jüngere Bäuerinnen und Bauern die Hofführung, sind sie oft stärker an einer ökologischen Bewirtschaftung interessiert als die Vorgänger.» Es könne dann zu einer Umstellung kommen, wobei nicht immer die Knospe das Ziel sei, sondern auch Bundesbio oder die Integrierte Produktion (IP).
«Kleine und mittelgrosse Betriebe sind essenziell»
Kleine und mittlere Höfe sterben, grosse werden noch grösser – dies bezeichnet Carole Gauch als «Wachse-oder-weiche-Phänomen». Für eine vielfältige und resiliente Landwirtschaft, die eine sichere Versorgung gewährleistet, seien kleine und mittelgrosse Betriebe jedoch essenziell, so die Kleinbauern-Vertreterin.
Interessant sei auch, dass Kleinstbetriebe keinen Rückgang aufwiesen. Umgekehrt sei es besonders herausfordernd, für einen Hof eine gute Nachfolge zu finden, wenn eine innerfamiliäre Lösung fehle. «Dann wird der Betrieb oft aufgegeben», so Carole Gauch. «Dabei suchen zahlreiche ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte ohne Familienbetrieb nach einem geeigneten Hof.»
Abhilfe schaffen Plattformen wie hofuebergabe.ch und hofnachfolge.ch. Erstere stammt von der Kleinbauern-Vereinigung und wird von vielen Partnern unterstützt, darunter auch von FiBL und Bio Suisse. «Pro Woche melden sich ein bis zwei Hofabgebende und zwei bis drei Hofsuchende bei der Anlaufstelle», sagt Carole Gauch. Diese Zahlen verdeutlichten, «dass motivierter Nachwuchs eigentlich vorhanden wäre».
Starthilfe vom Bund bis Alter 40
Hemmnisse für Hofnachfolgen, die auch den Bedürfnissen der Kleinbetriebe gerecht würden, sieht Carole Gauch in den Agrargesetzen. Leider gewähre der Bund in seiner Strukturverbesserungsverordnung (SVV) Starthilfen für neue Betriebsleitende nur bis zum 35. Altersjahr. Aber: Gemäss der erwähnten Studie von Agroscope sind Hofnachfolgende bei einer Übernahme im Durchschnitt 36,7 Jahre alt. Sie verpassen also die Altersgrenze von 35 Jahren knapp. Kommt es zu einer Neugründung eines Betriebs, sind die Involvierten im Mittel sogar 42 Jahre alt.
Carole Gauch erklärt dies wie folgt: «Die Generation der Baby-Boomer erreicht nun das Rentenalter, was die ganze Gesellschaft betrifft, nicht nur die Landwirtschaft.» Der Entscheid, den Einstieg in die Landwirtschaft zu wagen, erfolge oft in reiferem Alter. Auch weil man sich finanziell stark binden und erhebliche finanzielle Ressourcen einsetzen müsse. Nicht umsonst würden landwirtschaftliche Starthilfen in der EU oft bis zum 40. Altersjahr gewährt. «Wir fordern den Bund auf, sich dieser Lösung anzuschliessen», so Carole Gauch. Kilian Baumann, Präsident der Kleinbauern-Vereinigung und Berner Nationalrat (Grüne) hat im Sommer eine entsprechende Motion ins Parlament gebracht.
Direktzahlungen plafonieren
Eine weitere Forderung der Kleinbauern-Vereinigung zielt auf die Betriebsgrösse ab. Mit einer Direktzahlungsobergrenze pro Betrieb soll ein Anreiz weniger bestehen, dass Bauernhöfe immer grösser werden und dann – weil sie entsprechend kapitalintensiv sind – kaum mehr übergeben werden können. Wo konkret diese Guillotine angesetzt würde, kann Carole Gauch noch nicht sagen: «Dazu laufen derzeit Beratungen», meint sie. Bei früheren Diskussionen zu diesem Thema, etwa im Rahmen der Agrarpolitik 2022+, wurden Summen von zirka 150'000 Franken genannt.
Auch Alexander Zorn von Agroscope sieht Handlungsbedarf angesichts der Überalterung. Die Zahl der Neu- und Quereinsteiger in die Landwirtschaft sei in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen und habe sich «auf einem tiefen Niveau eingependelt».
Auch die Entlöhnung spielt eine Rolle
Von Bedeutung wird auch sein, wie die Umgehung der Altersgrenze (65 Jahre) für den Bezug von Direktzahlungen durch Übergabe an nicht viel jüngere Partner künftig gehandhabt wird. Auch die Entlöhnung spielt eine Rolle, damit Hofübernahmen für eine jüngere Generation attraktiver werden. Denn: So gut sich feststellen lässt, dass die Landwirtschaft in der Schweiz überaltert ist, so klar lässt sich auch festhalten, dass die Saläre in der Branche oft sehr knapp ausfallen.
Beat Grossrieder (der Autor hat bis Mitte 2025 für das FiBL gearbeitet), leicht aktualisiert von akr.
Weiterführende Informationen
Landwirtschaftlichen Strukturerhebung 2024 (bfs.admin.ch)
Studie von Agroscope: Die Schweizer Landwirtschaft altert – was bedeutet das für die Zukunft? (agrarforschungschweiz.ch)
Schwerpunkt Betriebsübergabe im Magazin Bioaktuell 7/24 (bioaktuell.ch)
Vermittlungsstelle der Stiftung zur Erhaltung des bäuerlichen Familienbetriebs (hofnachfolge.ch)
Vermittlungsplattform der Kleinbauern-Vereinigung (hofuebergabe.ch)
Der Vorstoss von Kilian Baumann zur Erhöhung der Altersgrenze für Starthilfe (parlament.ch)