Die Familie der Knöterichgewächse umfasst weltweit etwa 1200 Arten. 47 sind in der Schweiz heimisch, davon wachsen einige häufig im Grasland, manchmal auch zu häufig. Insbesondere der Breitblättrige Ampfer (Rumex obtusifolius), die «Blacke», ist dort unerwünscht und verursacht auf Biobetrieben bei der mechanischen Bekämpfung regelmässig einen erheblichen Zusatzaufwand. Viele Arten werden jedoch von Wiederkäuern und anderen Nutztieren auch auf der Weide gefressen. Gezielt futterbaulich genutzt werden die Knöterichgewächse bislang aber kaum.
Sekundäre Pflanzenstoffe mit Wirkung
Knötericharten wie Buchweizen (Fagopyrum esculentum) und Vogelknöterich (Polygonum aviculare) enthalten sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide oder Gallotannine. «Diese Stoffe können antioxidativ, antimikrobiell und entzündungshemmend wirken», erklärt Michael Walkenhorst, Co-Leiter des Departements für Nutztierwissenschaften am FiBL.
Einige Arten enthalten allerdings auch antinutritive Stoffe wie Phytinsäure, die die Mineralstoffaufnahme hemmen kann, oder das phototoxische Fagopyrin, das in Kombination mit Sonnenlicht zu Reizungen führen kann. Die Wirkung hängt laut Michael Walkenhorst auch stark vom Pflanzenteil und dem Nutzungszeitpunkt ab.
Wenn Futter zur Medizin wird
In verschiedenen veterinärmedizinischen Texten und historischen Lehrbüchern finden sich Hinweise auf den tiermedizinischen Einsatz von Knöterichgewächsen. Die allgemein unbeliebte Blacke beispielsweise wird auch für diverse Anwendungen eingesetzt, in der Schweiz traditionell z.B. zur Behandlung von Durchfallerkrankungen bei Ferkeln und Kälbern (die Blackenwurzel) und zur Hautpflege (die oberirdischen Teile). Andere Quellen verweisen auch auf ihren Einsatz bei Euter- oder Atemwegserkrankungen.
Eine Studie des FiBL wertete 174 wissenschaftliche Publikationen aus, für die Experimente mit Wildkräutern im Labor und am Tier durchgeführt worden waren. «Wir haben bei 33 Knötericharten Informationen zu pharmazeutischen Wirkungen oder Fütterungsparametern gefunden», sagt Walkenhorst, der gemeinsam mit Florian Leiber die pharmazeutische Masterarbeit von Zafide Türk betreut hat, auf der die Studie basiert.
Buchweizen, Ampfer & Co.
Die verschiedenen Arten zeigten folgenden Wirkungen:
- Buchweizen (Fagopyrum esculentum) zeigte beispielsweise bei Geflügel Potential für eine Verbesserung der Futteraufnahme und der Stickstoffverwertung sowie der Milchqualität bei Kühen.
- Vogelknöterich (Polygonum aviculare) war vielversprechend als antimikrobielles und entzündungshemmendes Präparat oder Futtermittel. Es verbesserte die Leistung und förderte die Pansenfunktion bei Schafen.
- Schlangenknöterich (Polygonum bistorta) konnte im Rinderpansen Methanemissionen reduzieren und führte zu gesteigerter Leistung von Mastpoulets.
- Breitblättriger Ampfer (Rumex obtusifolius) zeigte Potenzial zur Vermeidung von Blähungen und förderte die Umwandlung von Nährstoffen im Pansen von Kühen. Auch Sauerampferarten wie Rumex acetosa und R. acetosella wirkten antimikrobiell und entzündungshemmend.
Mehr Gesundheit – weniger Emissionen
Die Ergebnisse zeigen, dass einige Knötericharten Eigenschaften aufweisen, die zur Vorbeugung und Behandlung von Tierkrankheiten nützlich sein können. Ausserdem können sie zur Steigerung der Leistung und der Produktqualität und sowie zur Reduktion von Emissionen beitragen.
«Ihr gezielter Einsatz bietet neue Perspektiven für eine nachhaltige Tierhaltung, auch im Sinne des One-Health-Ansatzes», so das Fazit von Michael Walkenhorst. Dieser Ansatz verbindet Tier-, Umwelt- und menschliche Gesundheit. Eine vielfältige, gesunde Fütterung kann dabei helfen, Krankheiten vorzubeugen und die Widerstandskraft von Tieren zu stärken – dabei haben Knöterichgewächse offensichtlich Potential.
Corinne Obrist, FiBL
Weiterführende Informationen
Einsatz von Arzneipflanzen für Nutztiere aufgrund bäuerlichen Wissens (Rubrik Tierhaltung)
Tiergesundheit (Rubrik Tierhaltung)