Überzeugt davon, dass die Olive – ebenso wie Mandel oder Granatapfel – für die Schweiz eine Kultur mit Zukunft darstellt, begleitet das FiBL ein Projekt zur Entwicklung des Olivenanbaus in der Schweiz. Treibende Kraft hinter dem Projekt ist der Waadtländer Landwirt Frank Siffert (siehe Interview unten). Unterstützt wird er von Bio Vaud und der Direktion für Landwirtschaft und Weinbau des Kantons Waadt. Gemeinsam wollen sie eine eigene Schweizer Olivenbranche aufbauen – von der Pflanzung bis zur Vermarktung. Vor wenigen Wochen wurde dafür der Dachverband ASPO gegründet.
Das FiBL als wissenschaftlicher Partner
Das FiBL begleitet das Vorhaben als wissenschaftlicher Partner. «Im ersten Projektjahr möchten wir eine Übersicht der verschiedenen Olivenbäume in der Schweiz erstellen», erklärt Robin Sonnard, Obstbauspezialist am FiBL Westschweiz. Zu diesem Zweck wurde im Herbst mit einer Erfassung der Olivenbäume begonnen. Jede und jeder, der Olivenbäume besitzt – ob privat oder professionell, bio oder konventionell – kann mitmachen und Olivenzweige einschicken.
DNA-Analysen zur Kartierung der Sortenvielfalt
Aus den eingesandten Zweigen und Blättern wird die DNA analysiert. Die Proben gehen an ein Partnerlabor des französisches Institut National de la Recherche Agronomique (INRAE), das über eine internationale Datenbank verfügt. So lässt sich feststellen, welche Sorten am besten zu den unterschiedlichen Böden und Klimazonen der Schweiz passen.
«Grosses agronomisches Potenzial»
Die Erkenntnisse aus dieser genetischen Kartierung sollen helfen, Sortenlisten zu erstellen und die Entstehung dieses neuen Produktionszweiges technisch und wissenschaftlich zu begleiten – von der Pflanzung über die Pflege bis zur Ernte und Verarbeitung. «Die Olivenproduktion erfordert viel Fachwissen», sagt Sonnard. «Erntezeitpunkt, Ertrag, Ölgehalt, Geschmack – all das wollen wir erforschen und unser Wissen weitergeben.» Er ist überzeugt: «Die Olive hat in der Schweiz ein großes agronomisches Potenzial. Angesichts des Klimawandels könnte unser Land tatsächlich zu einem neuen Akteur in dieser Branche werden.»
«Es werden mehr als zehntausend Olivenbäume gepflanzt!»
Interview mit Frank Siffert, Landwirt und Weinbauer in Bonvillars (VD), der rund dreissig Olivenproduzent*innen zusammengebracht und die ASPO gegründet hat.
Was ist das Ziel dieser neuen Struktur?
Frank Siffert: Wir wollen die gesamte Wertschöpfungskette der Olive in der Schweiz aufbauen – von der Produktion über die Verarbeitung bis zur Vermarktung und Förderung. Der Olivenbaum steht in der Westschweiz an einem Wendepunkt. Immer mehr Produzenten interessieren sich dafür, weil die Pflanze gut zum sich ändernden Klima passt. Derzeit gibt es in der Schweiz rund 15 000 Olivenbäume, davon 10 000 im Tessin und etwa 5000 in der Romandie. Doch allein in der Westschweiz haben 32 Betriebe bereits gepflanzt oder werden bis im Winter neue Bäume setzen – insgesamt über 10 000 Stück. Das verschafft uns Gewicht in den Gesprächen mit den Kantonen und dem Bund.
Welche Vorteile bietet der Olivenanbau?
Der Olivenbaum ist pflegeleichte, robust, und stellt nur wenige Ansprüche. Zudem ist er vielseitig verwertbar: Die Früchte eignen sich als Tafeloliven oder für hochwertiges Öl. Aus den Pressrückständen kann man Whisky, Kosmetika oder Seife herstellen – sogar in zweiter oder dritter Pressung. Und wer möchte, kann den Baum nach einigen Jahren ausgraben und als Zierpflanze im Topf verkaufen.
Wozu dient die aktuelle Sortenerhebung in der Schweiz?
Wir müssen wissen, welche Olivensorten hier wachsen und wie sie sich verhalten. Nur so können wir die neue Branche auf solide agronomische Grundlagen stellen. Es gibt bereits beeindruckende Beispiele: In Branson oberhalb von Fully (VS) steht ein Olivenbaum auf 700 Metern Höhe, der frosthart, selbstfruchtbar ist und bis zu 200 Kilogramm Oliven pro Ernte liefert. Wenn wir seine genetische Herkunft kennen, wissen wir besser, welche Sorten wo am besten gedeihen – und können so den Erfolg maximieren.
Wer kann bei dieser nationalen Erhebung mitmachen?
Alle, die Olivenbäume im Freiland besitzen – egal ob im Garten, auf dem Hof oder im Weinberg. Ob man die Sorte kennt oder nicht, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur: Die Bäume müssen vor dem kalten Winter 2012 gepflanzt worden sein, nicht eingepackt werden und regelmässig Früchte tragen. Teilnehmende füllen ein Formular aus und schicken es zusammen mit einem Zweig an uns. Die DNA wird dann in Zusammenarbeit mit dem FiBL und dem INRAE in Frankreich analysiert.
Wird die Pflanzung von Olivenbäumen derzeit von der öffentlichen Hand unterstützt?
Ja, im Kanton Waadt werden Olivenbäume mit einer Kronenhöhe ab 1,20 Metern als Hochstammbäume anerkannt und sind damit subventionsberechtigt. Zudem unterstützt die Direktion für Landwirtschaft und Weinbau (DGAV) unser Projekt zur Sortenkartierung und zum Aufbau der Produktionskette mit einem dreijährigen Förderbudget. Jetzt geht es darum, weitere Behörden zu überzeugen, damit sich diese neue Kultur bestmöglich entwickeln kann.
Claire Berbain, FiBL
Weiterführende Informationen
Sie besitzen Olivenbäume?
Machen Sie mit bei der Kartierung der Olivensorten! Hier gehts zum Formular.
Kontakt Frank Siffert, Präsident der ASPO
BioVaud (biovaud.ch)