Die Milchviehhaltung ist auf vielen Biobetrieben immer noch der wichtigste Betriebszweig. Eine erfolgreiche Produktion setzt Kenntnisse in einer Vielfalt von Bereichen sowie ein ganzheitliches Management voraus. Der Kurs Rinderpraktiker*in Milch bietet die Möglichkeit, innerhalb eines Jahres die verschiedenen Produktionsbereiche in der Milchviehhaltung gezielt zu vertiefen und praxisnah weiterzuentwickeln.
Wir haben Kursleiterin und -organisatorin Rennie Eppenstein vom Departement für Nutztierwissenschaften am FiBL gefragt, welche Inhalte an den zehn Kurstagen zu erwarten sind. Sie hat uns im Gespräch auch erläutert, wie die aufeinander aufbauenden Module Zusammenhänge sichtbar machen und ein vertieftes Verständnis für ganzheitliche Rinderhaltung erzeugen sollen.
Rennie Eppenstein, der Kurs Rinderpraktiker*in wird jetzt ja zum ersten Mal durchgeführt, wie seid ihr daraufgekommen?
Rennie Eppenstein: Die Idee kommt vom Kurs Bodenpraktiker*in. Der wurde vom FiBL bereits zweimal organisiert. Aus dem heraus ist die Idee entstanden, auch für Rindviehhalter*innen einen solchen Kurs zu machen. Im ersten Jahr fokussieren wir auf Milchvieh, in weiteren Jahren wird es dann weitere Kurse mit Mastfokus geben. Die Idee ist, dass man gezielt Biobetriebe dabei begleitet, die ganzheitlichen Aspekte der Tierhaltung zu fassen, ins Detail zu gehen und Themen aufzugreifen, die ausserhalb des Biolandbaus oft nicht aufgegriffen werden. Es ist ein Intensivkurs für biologische Betriebe, die ein bisschen weiter gehen wollen.
Also können nur Biobetriebe teilnehmen?
Nein, der Kurs richtet sich an alle Betriebe und eine ganzheitliche Tierhaltung nützt auch allen Arten von Betrieben. Wir gehen aber davon aus, dass das Interesse an den Inhalten bei Biobetrieben am grössten ist. Das Ziel ist es, dass Teilnehmende ein System aufbauen können, das nachhaltig ist. Sie sollen zum Beispiel erkennen können, was der Zusammenhang zwischen Bodenfruchtbarkeit und Eutergesundheit ist, oder zwischen Fütterung und Lahmheit. Umstellbetriebe können einen Teil ihrer Ausbildungstage bei uns absolvieren.
Gibt es eine Obergrenze bei den Teilnehmenden?
Wir streben maximal 20 Personen an. Die Idee ist, dass wir an den zehn Kurstagen intensiv zusammenarbeiten und gegenseitige Betriebsbesuche unternehmen. An einigen Kurstagen haben wir den Ort noch nicht festgelegt. Da können wir flexibel reagieren, wenn ein Betrieb in einem Bereich hohe Ziele hat, zum Beispiel Verbesserung der Kälberaufzucht, kann der Kurs dort stattfinden. Einige Kurstage finden auch auf Betrieben statt, die gute Praxisbeispiele bieten, aber sonst beim Kurs nicht dabei sind.
Was sind die wichtigsten Inhalte kurz zusammengefasst?
Der Kurs ist mit zehn Kurstagen über das ganze Jahr verteilt. Die ersten sechs Daten stehen bereits fest. Wir fangen an mit Kälberaufzucht und Züchtung, danach ziehen sich Futterbau, Rationsgestaltung und Weidemanagement bis in den Juni. Nach der Sommerpause fahren wir fort mit Tiergesundheit, moderner Technik sowie Betriebswirtschaft. Es ist ganz wichtig, dass das ganze auch finanziell stimmt für die Betriebe.
Örtlich finden die Kurstage ja vorwiegend in der Ostschweiz statt, warum gerade in dieser Region?
Ja, genau, noch konkreter Thurgau. Wir machen den Kurs zusammen mit dem Bildungszentrum Arenenberg, wo auch zwei Kurstage stattfinden. Die Idee ist, dass wir mit den Betrieben, die wir besuchen auch in der Nähe bleiben. Aber in kommenden Jahren wollen wir das auch in anderen Regionen durchführen. Es ist zudem nicht vorgeschrieben, dass Teilnehmende aus dem Kanton Thurgau kommen müssen. Die Thurgauer Landwirt*innen haben aber den Vorteil, dass sie vom Arenenberg 500 Franken Reduktion auf die Kurskosten von 1900 Franken erhalten.
Was ist da alles inbegriffen?
Alles, vom ganzen Programm über die Kaffeepausen bis zur sonstigen Verpflegung. Auch ein Kurstag in Salez und auf einem Praxisbetrieb in Liechtenstein, sowie eine optionale Exkursion im Sommer und ein abschliessender Workshop im Dezember sind damit bezahlt.
Was sind die Lernziele für die Teilnehmenden?
Das Ziel ist, das die Teilnehmenden wissen, was eine ganzheitliche Rinderhaltung bedeutet und dass sie ihr System, also das ganze Ökosystem zu dem auch der Mensch gehört besser verstehen und gestalten können.
Gibt es neben dem Arenenberg noch weitere Partner*innen?
Bisher nicht, aber wir arbeiten noch daran, weitere Partnerorganisationen ins Boot zu holen.
Gibt es am Schluss ein Diplom?
Das ist eine gute Frage, die wir uns noch gar nicht gestellt haben. Aber, warum nicht?!
Interview: Adrian Krebs, FiBL
Weiterführende Informationen
Flyer mit Kursprogramm Rinderpraktiker*in (bioaktuell.ch)
Anmeldelink für den Kurs (bioaktuell.ch)
