Ein grauer Donnerstag Ende Oktober: nicht der ideale Tag für einen Betriebsbesuch, würde man meinen. Ellen Richter und Thilo Camprad, Betriebsleitende auf dem Hof Falbringen, schaffen es dennoch, ihren Betrieb am Stadtrand von Biel an diesem Nachmittag von seiner besten Seite zu zeigen. Rund 50 Interessierte nutzen die Gelegenheit, hier mehr über nachhaltige Landwirtschaft, handwerkliche Lebensmittelproduktion und den achtsamen Umgang mit natürlichen Ressourcen zu erfahren
Arbeit mit Schulklassen
Eine Besonderheit ist die Arbeit mit Schulklassen: Kinder und Jugendliche können auf dem Hof, der nach Demeter Richtlinien bewirtschaftet wird, Landwirtschaft hautnah erleben. Sie kommen in Berührung mit den Tieren, den Pflanzen und dem Boden, die Hände sollen schmutzig werden. Sie begegnen im Tun ihrer lebendigen Umwelt und sich selbst und lernen den respektvollen Umgang damit. Dabei erfahren sie, wie Kreislaufwirtschaft in der Praxis funktioniert. Der Schulbauernhof dient damit nicht nur der Bildung, sondern auch der Bewusstseinsbildung für nachhaltige Ernährung und Umweltverantwortung. Es kommen jeden Tag Schulklassen, etwa 6000 Kinder jedes Jahr.
Bodenfruchtbarkeit erhalten und fördern
Ein weiterer Schwerpunkt der Betriebsleitung (und der Führung an diesem Tag) war der Umgang mit dem Boden. Es wurde aufgezeigt, wie durch Fruchtfolge, Kompostwirtschaft und biodynamische Präparate die Bodenfruchtbarkeit erhalten und gefördert wird. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, wie wertvoll die Kühe im Hoforganismus sind, und dank der Umwandlung von nicht ackerfähigem Grünland in wertvollen Mist, Bodenhumusgehalte von 6% erreicht werden. Gerade wird auf dem Hof ein neuer Kuhstall gebaut, der nur dank Spenden realisiert werden kann.
Wendehals im Kirschbaum
Es wurde aufgezeigt das der Bauernhof Falbringen von Hecken und Wald eingefasst ist, es viele Natursteinmauern und Hochstammobstbäume gepflegt werden, was zu einer hohen ökologischen Qualität bei Pflanzen und Tieren führt. So brütete vor einigen Jahren wieder ein Wendehals in einem alten Kirschbaum und die Reptilien Vielfalt wird von Fachleuten bewundert.
Bäckerei mit hofeigenem Getreide
Anschliessend führte der Rundgang zur Bäckerei. An vier Tagen die Woche wird hier gebacken. Das Getreide stammt vom Hof und von einem benachbarten Demeter Bauern. Vollkornmehl wird direkt auf dem Hof in einer Zentrofan-Mühle, helles Mehl in einer kleinen Mühle in der Umgebung schonend gemahlen. Ein wichtiges Prinzip sind die langen Teigführungen von mindestens zwölf Stunden. Das Resultat ist Brot für Restaurants und Läden in Biel und für den Samstags-Markt in der Bieler Altstadt.
Vielfältige und lebendige Agrarökologie
Die Veranstaltung zeigte, wie vielfältig und lebendig Agrarökologie sein kann – und wie eng Landwirtschaft, Bildung, Handwerk und Umweltbewusstsein miteinander verbunden werden können. Als letzte von 80 Veranstaltungen in drei Sprachregionen rundete sie einen vielfältigen Monat der Agrarökologie ab. «Sehr gefreut hat uns nicht nur die Vielfalt an Themen, Akteur*innen und Veranstaltungsarten, sondern auch die dieses Jahr besonders präsenten internationalen Bezüge im Programm.», schreiben die Organisator*innen vom Verein Agroecology works! So waren auch bei der Abschlussveranstaltung auf dem Hof Falbringen Gäste aus Neuseeland und Äthiopien dabei.
Rike Teuber, FiBL / Ellen Richter, Hof Falbringen
Weiterführende Informationen
Website des Betriebs (falbringen.ch)
Webseite der Tage der Agrarökologie (agroecologyworks.ch)
Betriebsspiegel:
LN: 7,5 Hektaren (Gemüsebau, Getreide, Kartoffeln, Kürbis, Kunstwiese, Dauergrünland)
Tierhaltung: 4 Mutterkühe, 20 Hühner, 6 Ziegen, 3 Mastschweine, 2 Pferde, 2 Esel, 2 Gänse, 6 Laufenten, 12 Kaninchen
Betriebsleiter: Ellen Richter und Thilo Camprad, Angestellte: 230 Stellenprozent fest Angestellte, 2 Zivildienststellen, Markthilfen
