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Paludikultur am FiBL: Wenn Landwirtschaft und Wasser zusammenspielen

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In Zeiten zunehmender Trockenheit und dem Verlust natürlicher Wasserspeicher wird die nachhaltige Nutzung und Wiedervernässung von Moor- und Feuchtflächen immer drängender. Die Paludikultur-Tagung am FiBL rückte das Thema ins Zentrum.

Paludikultur umfasst den Anbau von Reis, verschiedenen Grasartigen, Spezialkulturen wie Fieberklee oder Torfmoose, Futtergrasmischungen oder Bäumen. Foto: FiBL, Corinne Obrist

Die Paludikultur-Tagung wollte alle relevanten Akteure zusammenbringen und den Austausch fördern. Foto: WWF, Marine Decrey

«Gerade im Wasserkanton Aargau ist der Handlungsbedarf offensichtlich», erklärte FiBL Biodiversitätsberaterin Theres Rutz die Eignung des Standortes Frick für die Tagung von Agroscope, WWF und FiBL. Laut Norbert Kräuchi, Leiter der Abteilung Landschaft und Gewässer hat der Wasserhaushalt des Kantons Aargau seine Resilienz verloren. Heute fliessen rund drei Prozent des Niederschlags direkt von Dächern in die Kanalisation – lokal bis zu neun Prozent.

Der Schwund natürlicher Wasserspeicher und der veränderte Wasserhaushalt stellen die Landwirtschaft vor wachsende Herausforderungen. Das Aargauer Parlament beschloss bis 2060 eine Fläche von 1000 Hektaren wieder zu vernässen – davon 280 Hektaren im Landwirtschaftsgebiet, auf freiwilliger Basis.

Forschung zur Paludikultur

Edward Mitchell von der Universität Neuenburg stellte das Forschungsprogramm «Future Peat» vor, das drängenden Fragen zur nachhaltigen Nutzung von intakten bis stark degradierten Moorböden nachgeht. Das Projekt möchte die Themen landwirtschaftliche Produktivität, Grundwasserschutz, Reduktion von Treibhausgasen und Förderung der Biodiversität zusammenbringen.

Erfahrungen aus Bayern und Norddeutschland

Pilotprojekte aus der Schweiz und über die Grenzen hinaus schlugen den Bogen zur Praxis. Annette Freibauer präsentiere Erfahrungen aus Bayern, wo rund 130 000 ha Moorböden landwirtschaftlich genutzt werden - rund zehn Mal mehr als die Gesamtfläche organischer Böden in der Schweiz. Entwässerung führt auch dort zu massiven hydrologischen Problemen und Torfschwund. Erfolgreich angewendete Alternativen sind Streuwiesen und Nasswiesen mit angepassten Gräsern oder Weidehaltung mit robusten Rinderrassen, die Trittschäden vermeiden. Einige Betriebe setzen auf Nischenprodukte wie Rohrglanzgras oder Wasserbüffelhaltung.

Freibauer betonte, dass staatliche Förderung allein nicht genügt, um Paludikulturen zu etablieren. Es brauche ergänzend Beratung, Marktentwicklung und passende rechtliche Rahmenbedingungen. Rund 20 Prozent der Moorflächen Bayerns werden bereits naturnah bewirtschaftet – ein Vorbild auch für die Schweiz.

Im Norden Deutschlands ist man noch einen Schritt weiter. Clemens Kleinspehn von der Universität Greifswald stellte die PaludiAllianz vor – ein Netzwerk aus 17 Unternehmen aus Papier-, Bau- und Verpackungsindustrie, das Paludikulturen marktfähig machen will. Erste Produkte wie Verpackungen aus Rohrglanzgras zeigen, dass Biomasse aus Paludikultur industriell nutzbar ist. Er betonte, wie entscheidend funktionierende Wertschöpfungsketten sind, die Angebot, Verarbeitung und Absatz koordinieren. Eine geplante «Paludi-Börse» soll künftig Landwirte, Forschung und Industrie besser vernetzen.

Schweizer Paludikultur-Projekte

Konkrete Beispiele aus der Schweiz sind die Wasserbüffel im Berner Seeland, die Schilf kurzhalten und so diverse Lebensräume schaffen, der Nassreisanbau im Aargau, wo Bauern mit zentimetergenauer Flutung experimentieren und die gezielte Vernässung in der Region Yverdon. Kooperation und Mut seien die zentralen Erfolgsfaktoren, so der Reisbauer Lukas Neuhaus. Sein Beispiel zeige, dass es möglich ist, mit der Direktvermarktung einer Paludikultur ein wirtschaftlich tragfähiges Standbein aufzubauen.

Zusammenspiel von Landwirtschaft, Naturschutz und Politik

Das Interesse an Paludikultur ist gross, doch die Hürden ebenso. Verschiedene Beispiele aus den Kantonen Zürich und Zug verdeutlichen, wie schwierig die Umsetzung sein kann. Es fehlen Förderinstrumente, Zuständigkeiten, Strategien, Beratungspersonen und funktionierende Wertschöpfungsketten. «Damit Paludikultur-Projekte eine Zukunft haben, müssen Landwirtschaft, Raumplanung und Naturschutz koordiniert handeln», so Michael Gehrig von der Abteilung Natur und Landschaft des Kanton Zugs. Matthias Müller, Leiter Landwirtschaft Aargau betonte, dass es zentral ist, die Landwirtschaft für das Thema zu gewinnen und einzubinden, Chancen zu zeigen und faire Entschädigungen zu schaffen.

Zum Abschluss hob Olivier Ejderyan vom FiBL hervor, wie wichtig jetzt eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Politik ist. Unterschiedliche Interessen seien kein Hindernis, sondern eine Chance für Innovation und kreative Lösungen.

Ein gemeinsames Merkblatt von Agroscope, WWF und FiBL zum Thema Paludikultur erscheint Ende Jahr.

Theres Rutz, Bernadette Oehen, FiBL

Weiterführende Informationen

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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