Beispiel für ein Agrarökosystem mit Elementen des syntropischen Landbaus aus einem europäischen, kontinentalen Klima. Quelle: Jacobi 2025
Organische Substanz in den Boden bringen
Syntropische Landwirtschaft orientiert sich an natürlichen Ökosystemen – insbesondere an der Sukzession im Wald. Das bedeutet: Auf einer Fläche wachsen bewusst gestaltete Pflanzengemeinschaften aus schnellwachsenden Pionierarten, mittelfristig tragenden Sträuchern und langfristig ertragreichen Bäumen nebeneinander.
Durch gezieltes Schneiden, Mulchen und das permanente Bedecken des Bodens entsteht ein Kreislauf, der organische Substanz aufbaut, Wasser zurückhält und die Biodiversität fördert. Das Ziel: ein multifunktionales, produktives System, das auf externe Inputs weitgehend verzichten kann und in dem sich Licht, Wasser und Nährstoffe optimal verteilen.
Erstmals europäischer Kontext einbezogen
Ein interdisziplinäres Forschungsteam um Johanna Jacobi von der ETH Zürich mit Beteiligung des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) hat kürzlich eine Übersichtsstudie zu syntropischen Systemen vorgelegt. Ausgewertet wurden 67 wissenschaftliche Studien, vorwiegend aus den Tropen. Erstmals wurden jedoch auch Bezüge zum europäischen Raum hergestellt (siehe Grafik).
Vorteile für Biodiversität und Nahrungsvielfalt
Aufgrund der Komplexität und langen Entwicklung der Systeme ist die wissenschaftliche Untersuchung einzelner Aspekte (Einfluss der Pflanzengemeinschaften auf Biodiversität, Wasserhaushalt und Klima) eine Herausforderung. Die ausgewerteten Studien konnten in den Tropen positive Effekte von syntropischen Systemen auf die Agrobiodiversität sowie die Vielfalt und Qualität der produzierten Nahrungsmittel feststellen. Ausserdem können solche Systeme einen Beitrag zur Speicherung von Kohlenstoff, zum Aufbau der Bodenfruchtbarkeit, zur Klimaresilienz und zur Pflanzengesundheit leisten.
Hohe Anfangskosten sinken langfristig
Auch wirtschaftlich bietet der Ansatz Chancen: Während die Erträge sogenannter «cash crops», also Marktfrüchte für den Export teils geringer ausfielen als in anderen Produktionssystemen, war das Gesamtsystem produktiver. In mehreren Untersuchungen war das Einkommen höher, weil Nebenprodukte wie Kräuter, Pilze oder Holz vermarktet werden konnten. Die anfänglich höheren Kosten für Setzlinge, Mulchmaterial und Aufbauarbeit sanken langfristig meist, da weniger externe Inputs wie Dünger, Pestizide oder Saatgut nötig waren. Der Arbeitsaufwand war allerdings oft hoch, insbesondere zu Beginn.
Noch mangelt es an Finanzierung, Wissen und Technik
Obwohl es in Mitteleuropa bereits einige Betriebe gibt, die syntropische Methoden anwenden, ist die Datenlage bisher dürftig.
Herausfordernd für die Skalierung syntropischer Systeme sind vor allem deren Komplexität und der lange Zeithorizont, in welchem sie sich entwickeln. In Europa sind insbesondere Faktoren wie Arbeitskosten, -verfügbarkeit sowie die Anfangsfinanzierung herausfordernd. Zudem fehlt für spezifische Tätigkeiten wie die Pflege in dichten Reihen mit mehreren Schichten die entsprechende Technik. Bisher mangelt es auch an der Verbreitung des Wissens über angepasste Pflanzenkombinationen und die Systempflege im europäischen Kontext.
Hier können zusätzliche Forschung und ein Blick auf traditionelle, aber auch moderne Beispiele helfen. Als ein Beispiel nennt die Studie einen syntropischen Kastanienhain im Tessin, wo schon heute Shiitake-Pilze, Nüsse und Beeren produziert werden (siehe Abbildung).
Corinne Obrist, FiBL
Weiterführende Informationen
Hier geht's zur Studie (auf englisch, thelancet.com)
Agroforst (Rubrik Pflanzenbau)