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Trotz Klimawandel, Konsumlaunen und Wolf: «Ich bin zufrieden»

Meldung  | 

Vergangene Woche hat in Clermont-Ferrand die grösste Rindviehmesse Frankreichs stattgefunden. Mit dabei waren auch Vertreter*innen der regionalen Biolandwirtschaft. Sie vermarkten vielfach einen Grossteil der Produkte direkt und schlagen sich mit ähnlichen Problemen herum, wie die Berufskolleg*innen hierzulande.

Getroffen an Frankreichs grösster Viehmesse (v.l.): Coralie Di Bartolomeo, Jordan Magnet und Nathanaël Jacquart. Fotos und Montage: Adrian Krebs

Nathanaël Jacquart ist Landwirt im Departement Puy-de-Dôme. Er produziert Gemüse, Früchte und Nüsse, daneben hält er einige Fleischschafe. Foto: Adrian Krebs

Jordan Magnet ist Landwirt in Soyans und präsidiert die Biokommission in der regionalen Landwirtschaftskammer. Er hält diverse Tierarten und hat Probleme mit dem Wolf. Foto: Adrian Krebs

Coralie Di Bartolomeo ist Koordinatorin für die Weiterentwicklung des Biolandbaus in der regionalen Landwirtschaftskammer Auvergne-Rhône Alpes. Foto: Adrian Krebs

Frankreich ist ein straff organisiertes Land. Das gilt auch für die Landwirtschaft, die stark dominiert wird von den regionalen und departementalen Landwirtschaftskammern. Die Biolandwirtschaft ist ebenfalls Teil dieser Strukturen. Am Sommet de l'élevage, dem französischen Gipfeltreffen der nachhaltigen französischen Fleisch- und Milchproduktion haben wir uns am Stand der regionalen Biolandwirt*innen und Biolandwirte ein bisschen umgehört.

Spitzenplatz für Region Auvergne-Rhône-Alpes

Die Region Auvergne-Rhône-Alpes ist im nationalen Vergleich auf einem biologischen Spitzenplatz, 16,6 Prozent der Betriebe und 10,8 Prozent der Fläche sind biologisch bewirtschaftet. Das entspricht je Rang drei im nationalen Vergleich. Die 8403 Betriebe entsprechen 14 Prozent der rund 60 000 französischen Biohöfe. Die Fläche hat in den Jahren 2023 und 2024 erstmals leicht abgenommen, sie liegt aber immer noch bei gut 309 000 Hektaren (im Schnitt 36,8 Hektaren pro Betrieb).

Anlässlich der Messe in Clermont-Ferrand haben wir zwei Bioproduzenten und eine Agronomin nach ihren grössten Herausforderungen befragt. 

Nathanaël Jacquart, der Gemüsler

  • Landwirt in Luzillat (Departement Puy-de-Dôme) auf 350 Metern über Meer
  • Fünf Hektaren Gemüse, zwei Hektaren Früchte und Nüsse, zehn Fleischschafe
  • Drei Angestellte aus Frankreich (je 100 Prozent)
  • Zwei Drittel Direktverkauf, unter anderem auf den Märkten von Clermont-Ferrand und Riom, ein Drittel in sogenannten AMAP (Association pour le maintien d'une agriculture paysanne), das sind Zusammenschlüsse von Landwirt*innen und Konsument*innen zur Erhöhung der Wertschöpfung, oft mit eigenen Läden.

«Mein grösstes Problem ist der Klimawandel. Wir haben nur wenig Wasser. Mein jährlicher Bedarf sind 6000-7000 Kubikmeter. Ich habe einen Grundwasser-Brunnen, von dem ich 3000-4000 Kubik beziehen kann, weitere 3000 Kubik liefert mir ein Becken, das ich gebaut habe. Seit vier bis fünf Jahren passen wir uns auch im Anbau an. Wir produzieren mehr Frühjahrskulturen und verzichten auf gewisse Kohlarten, im Sommer machen wir kaum mehr Salat. Auf zwei Hektaren verfügen wir über Tröpfchenbewässerung, eine weitere Hektare ist mit Schattennetzen überzogen. Was uns das Leben erschwert, sind neue Schädlinge, darunter immer mehr Erdflöhe. Wir produzieren auch immer mehr unter Netzen. Grundsätzlich bin ich aber ein zufriedener Bauer.»

Jordan Magnet, der Tierhalter

  • Landwirt in Soyans (Département Drôme) auf 400 Metern über Meer
  • Präsident der Biokommission der Landwirtschaftskammern der Region Auvergne-Rhône-Alpes
  • 60 Schweine, davon vier Mohren, 100 Voralpen-Milchschafe, 240 Legehennen
  • 40 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche mit Gemüse, Linsen, Kichererbsen, Bockshornklee, Futterweizen, Gerste, Mais, Luzerne (auch für Ernährung als Sprossen)
  • 90 Prozent Direktvermarktung, zwei Märkte wöchentlich in Crest und La Touche, Laden der AMAP, Restaurant auf dem Betrieb, eine sogenannte Ferm'Auberge. Bedingung für die Zulassung: mindestens 51 Prozent der Produkte müssen vom eigenen Betrieb stammen.

«Meine grössten Herausforderungen sind erstens die beschränkten Investitionsmöglichkeiten. Für einen Kleinbetrieb wie meinen ist es sehr schwierig, mich mit geeignetem Material auszustatten, alles ist für Grossbetriebe dimensioniert und unglaublich teuer, so etwa Traktoren und sämtliche Anbaugeräte. Wenn ich dort mithalten möchte, müsste ich über etwa 20 Jahre abschreiben. 
Ein Riesenproblem ist für mich als Tierhalter zudem der Wolf. Obwohl wir keine gebirgige Region sind, ist er in unserem Département weit verbreitet. Die Jagd ist sehr streng begrenzt. Es gibt eine nationale Quote und die Abschüsse dürfen nur durch spezialisierte Brigaden erfolgen, allerdings nur nach mindestens zwei Attacken. Ich habe eine Hirtin, die Vollzeit für mich arbeitet. Ihre Arbeit wird zu 80 Prozent vom Staat finanziert. Dazu kommen Hunde, ich habe Kangals, allerdings fürchten sich die Nachbarn vor ihnen, dabei sind sie 50 Kilo Liebe (schmunzelt). Ich vermarkte grösstenteils direkt. Jetzt plane ich mit drei Kollegen eine Metzgerei, so können wir die ganze Wertschöpfungskette abdecken. Im Restaurant koche ich selbst, die Palette ist breit, von Fleisch mit Kartoffeln bis zu Gerichten mit Kichererbsen und Linsen. Ich will alle glücklich machen.»

Coralie Di Bartolomeo, die Koordinatorin

  • Agronomin
  • Beauftragte für die Koordination der regionalen Entwicklung des Biolandbaus in der regionalen Landwirtschaftskammer Auvergne-Rhône Alpes.
  • Die Region enthält zwölf Departemente und elf departementale Landwirtschaftskammern. Total gibt es in Frankreich 13 Regionen und 101 Departemente.

«Meine Hauptaufgabe ist die Vernetzung der elf Kammern in Sachen Bio und die Kontaktaufnahme mit externen Partner*innen. Unser grösstes Projekt ist der regionale Entwicklungsplan für die Biolandwirtschaft. Er ist für fünf Jahre mit gut zwei Millionen Euro jährlich dotiert. Dieser Plan ermöglicht es uns, gemeinsam mit vier Partnerorganisationen, die bestehenden Biobetriebe bei der Vermarktung und bei der wirtschaftlichen Entwicklung zu unterstützen. Wichtig sind uns auch die Absatzkanäle, die wir zu verbessern suchen. 
Unsere grösste Herausforderung ist die Anpassung an die Erwartungen der Konsument*innen. Diese ändern sich schnell und häufig, das ist wirklich kompliziert. Wir hatten nach Covid einen starken Einbruch der Nachfrage, Bio gilt als teuer und die Leute wollten sparen. Wer die Bauern und Bäuerinnen unterstützen will, setzt hier mehrheitlich auf Regionalität und erst in zweiter Linie auf Bio. Deshalb war die Umstellung von neuen Betrieben in den letzten zwei, drei Jahren auch nicht unser prioritäres Ziel. Es ist im Gegenteil so, dass die Betriebszahl stagniert, nicht wenige haben die Umstellung wegen der Marktsituation rückgängig gemacht. Dieses Jahr gibt es jetzt endlich eine Trendwende. Gerade die Direktvermarktung konnte stark zulegen, nämlich um über acht Prozent. Im Detailhandel ist der Zuwachs geringer, auch weil die Biosortimente verkleinert worden sind.»

Adrian Krebs, FiBL

Weiterführende Informationen

Zahlen zur Land- und Ernährungswirtschaft der Region Auvergne-Rhône-Alpes (draaf.auvergne-rhone-alpes.agriculture.gouv.fr)
Landwirtschaftskammer Auvergne-Rhône-Alpes (aura.chambres-agriculture.fr) 

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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