Am Klimagipfel auf dem Plantahof in Landquart hat bioaktuell.ch mit zwei Akteuren gesprochen, die den direkten Austausch leben: Sabina und Marcel Heinrich vom Biohof Las Sorts, und Rebecca Clopath, Naturköchin und Biobäuerin. Ihre Einblicke zeigen, wie Landwirtschaft und Gastronomie enger zusammenwachsen können.
Sabina und Marcel Henrich, Biohof Las Sorts
Der Biohof Las Sorts in Filisur, Graubünden ist ein Pilotbetrieben für Klimagasreduktion. Familie Heinrich bewirtschaftet den Hof nach biologischen Prinzipien und legt grossen Wert auf Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit. Neben der Direktvermarktung beliefern sie ausgewählte Restaurants. Für Sabina und Marcel Heinrich sind dabei Wertschätzung und Transparenz über die Herkunft der Lebensmittel zentral.
Sabina und Marcel Heinrich, wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Gastronomie?
Die Zusammenarbeit bestand bereits vor unserer Übernahme, wir haben sie dann weiter ausgebaut. Deutlich intensiviert hat sie sich mit Freddy Christandl, der zuerst ein Kunde war und seit über 20 Jahren als erfahrener Gastronom bei uns im Team ist. Heute macht die Gastronomie rund 50% unserer Abnehmer aus.
Was waren und sind für Sie die grössten Herausforderungen beim Aufbau dieser Partnerschaften?
Die grösste Herausforderung war und ist die Logistik: kleine Liefermengen für Restaurants mit begrenzten Lagerräumen und lange Wege in unserem weitläufigen Kanton. Wir kamen auf die Idee des Kartoffeltaxi: Pendler*innen brachten unsere Bergkartoffeln auf den Arbeitsweg direkt zu den Kunden. Leider schlossen sich keine weiteren Landwirtschaftsbetriebe an. Inzwischen nutzen wir bestehende Logistiknetzwerke. Die flexible, kleinteilige Logistik bleibt jedoch eine Herausforderung.
Was bieten sie den Gastronomiebetrieben?
Der hektische Alltag von Gastronom*innen verlangt effiziente und unkomplizierte Abläufe. Durch Professionalisierung und eine klare Aufgabentrennung – wir verantworten den agronomischen Bereich, Freddy den kulinarisch-gastronomischen – können wir heute ein umfassendes Gesamtpaket anbieten: von Beratung und Bestellbegleitung über Lieferung bis hin zu Hintergrundgeschichten und Rezeptideen.
Welche Erwartungen haben Sie an Gastronom*innen als Abnehmende?
Wir möchten, dass unsere Produkte mit Wertschätzung behandelt werden. Gegenseitiger Respekt, Vertrauen und eine offene Kommunikation bei Problemen sind entscheidend für langfristige und verlässliche Partnerschaften.
Wie gehen Sie mit der Anforderung um, dass Restaurants verlässliche Mengen und Planbarkeit brauchen?
Die Planbarkeit sichern wir durch wöchentliche Reservationen, was konstante Liefermengen für die Gastronomie gewährleistet. Fredy unterstützt die Gastronomen bei der Mengenplanung und sorgt für eine reibungslose Logistik.
Wie sieht eine für alle Seiten faire Preisgestaltung aus?
Eine faire Preisgestaltung beginnt damit, die landwirtschaftlichen Kosten genau zu kennen und die eigene Gewinnmarge selbstbewusst zu vertreten. So lässt sich ein Preis finden, der für den*die Landwirt*in wirtschaftlich und für die Gastronom*innen nachvollziehbar ist.
Welche Rolle spielt die Kommunikation zwischen Hof und Küche?
Wir kennen die meisten Gastronom*innen persönlich – viele haben unseren Hof bereits besucht und einige arbeiten sogar hin und wieder bei uns auf dem Hof mit. Dieser direkte Austausch stärkt das gegenseitige Verständnis und schafft Vertrauen, dabei sind auch echte Freundschaften entstanden.
Welchen Tipps haben Sie für andere Landwirt*innen, die direkt mit Gastronom*innen zusammenarbeiten wollen?
Es ist eine bereichernde Erfahrung, die Geduld und Flexibilität erfordert. Seid offen für Feedback, baut langfristige Beziehungen auf und bleibt authentisch. Leidenschaft für eure Produkte und partnerschaftliche Zusammenarbeit führt oft zu mehr als nur Geschäftsbeziehungen.
Rebecca Clopath, Naturköchin und Bäuerin
Rebecca Clopath verbindet in Lohn, Graubünden die Welten der Naturküche und der Biolandwirtschaft. In ihrem Lokal setzt sie konsequent auf regionale, saisonale und nachhaltige Produkte. Ihre Philosophie: Kochen bedeutet, die Natur zu verstehen und mit ihr zu arbeiten, nicht gegen sie. Sie ist eine Vorreiterin für eine neue Generation von Gastronom*innen, die Verantwortung für die gesamte Wertschöpfungskette übernehmen.
Rebecca Clopath wie hilft Ihnen die Doppelrolle als Köchin und Biobäuerin bei der Gestaltung Ihrer Speisekarte?
Wir haben keine feste Speisekarte, sondern arbeiten spontan. Das Menü richtet sich danach, was es im Garten zu ernten gibt, was unsere Produzent*innen liefern und was wir schon eingemacht haben.
Wie prägt die Zusammenarbeit mit regionalen Produzent*innen Ihren Alltag?
Es ist inspirierend, vor Ort zu sehen, was sie anbauen und ausprobieren. Allerdings ist der Aufwand hoch, da wir alle Bestellungen einzeln aufgeben und selbst abholen.
Was sind die grössten Herausforderungen für Sie als Köchin bei der direkten Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft?
Ich geniesse den Austausch sehr, aber die Landwirtschaft ist oft nicht gewöhnt ist, mit der Gastronomie zusammenzuarbeiten. Es fehlt an vielen Schnittstellen, die zu einem grossen Mehraufwand führen.
Was braucht es, damit klimafreundliche, regionale Lieferketten zum Standard in der Gastronomie werden?
Es braucht Schulungen für Gastronom*innen und Landwirt*innen und Lösungen wie einen Umschlagplatz für die speditive und spontane Bestellung nachhaltiger Produkte. Den Aufwand des Abholens ist für viele zu hoch. Die Wahrnehmung, dass die Arbeit mit lokalen und biologischen Lebensmitteln zu teuer ist, ist verbreitet. Ich bin der Meinung, dass sich Warenkosten durch Wissen über Verarbeitung gut abfedern lassen.
Wie tragen kurze Lieferketten in Ihrer Küche zum Klimaschutz bei?
Dadurch, dass wir viel wild sammeln und mit Produzent*innen aus der Region arbeiten, brauchen wir sicher wenig Ressourcen für den Transport. Mehr Gastrobetriebe könnten durch gemeinsame Routen die Effizienz weiter steigern.
Wie stärkt ein Projekt wie der «Genuss-Pavaler» die Zusammenarbeit zwischen Köch*innen, Produzent*innen und Kosument*innen?
Solche Projekte wecken ein Gefühl dafür, dass wir weiterkommen, wenn wir gemeinsam arbeiten. Wir brauchen mehr Kollaboration, auch wenn die heutigen Strukturen nicht darauf ausgelegt sind. Jeder Genusspalaver und jedes Forum für klimaneutrale Landwirtschaft leisten einen Beitrag für mehr Gemeinschaft.
Was würden Sie anderen Gastronom*innen raten, die regional und saisonal arbeiten möchten?
Schritt für Schritt – startet mal mit einem regionalen oder biologischen Monatsprodukt. So kann man sich langsam einarbeiten und ohne Stress herausfinden, wo man seine Lebensmittel beziehen kann.
Welche Erwartungen haben Sie an den Klimagipfel im Plantahof?
Es freut mich, dass wir an eine zukunftsfähige Landwirtschaft glauben und unseren Planeten lebenswert behalten möchten. Ein Forum wie dieses kann Bewusstsein schaffen und Wissen vermitteln, wie wir gemeinsam weiterkommen.
Interview: Lauren Dietemann, FiBL
Weiterführende Informationen
Hof Las Sorts (lassorts.ch)
Freddy Christandl (christandl.ch)
Rebecca Clopath (rebecca-clopath.ch)
Klimagipfel Graubünden (klimagipfel.org)
