Der Schweizer Tierschutz (STS) hat unruhige Zeiten hinter sich. «Als oberstes Organ stellte die Delegiertenversammlung mit 170 Teilnehmenden am vergangenen Samstag in Olten die Weichen für die Zukunft des STS», heisst es in einer Mitteilung des Verbands von heute Mittwoch. Diese hat die Präsidentin Nicole Ruch abgewählt und den bisherigen Vizepräsident Piero Mazzoleni zum Nachfolger gewählt.
Neuer Präsident erwartet Probleme
Als Erstes wandte sich Mazzoleni in einer Mail an die 80 Mitarbeitenden des STS: «Ich bin mir bewusst, dass die beiden letzten Jahre auch für Sie keine einfache Zeit bedeuteten. Trotz allen Widrigkeiten und Unannehmlichkeiten sind Sie auf Ihren Posten geblieben. Dafür möchte ich Ihnen allen im Namen des Zentralvorstands danken», heisst es darin. Die kommenden Monate würden nicht die einfachsten sein, schrieb Mazzoleni weiter, «und es stehen Probleme an, die gelöst werden müssen. Aber es ist keine Frage, dass wir das alles gemeinsam in Ordnung bringen werden.»
Forderung der Sektionen
Verschiedene Sektionen hatten nach den anhaltenden Turbulenzen in den letzten Monaten gefordert, die Präsidentin mit sofortiger Wirkung abzuberufen. Nach «eingehenden Diskussionen» im Gremium – wurde der Antrag angenommen. In der Folge seien auch Vizepräsident Thierry de Mestral sowie Vorstandsmitglied Stella Pogorzelski per sofort zurückgetreten.
«Ich akzeptiere diesen demokratisch gefällten Entscheid, auch wenn ich das Ergebnis sehr bedaure», lässt sich Nicole Ruch in der Mitteilung des STS zitieren. Der bisherige Vizepräsident Piero Mazzoleni übernehme nun interimistisch das Präsidium.
Auch die Kritikerin und der Kritiker abgewählt
Die Delegiertenversammlung hat zudem Vorstandsmitglied Martina Munz nicht wiedergewählt sowie Michel Roux aus dem Zentralvorstand abberufen. Wiedergewählt wurden Hanspeter Berger, Lolita Morena, Bettina Neuenschwander und Sandrine Stuck Grosclaude. Neu in den Zentralvorstand wählten die Delegierten laut der Mitteilung Vincent Fevre, Hans Gonella, Peter V. Kunz, Laurent Schaffter, Eva Suhner und Stefan Werner.
Hoffnung auf Peter V. Kunz
Nun hofft man bei Kritikerinnen und Kritikern der bisherigen Führung offenbar, dass Peter V. Kunz der neue Präsident wird. Der Wirtschaftsrechts-Professor Kunz hat sich in Tierschutzkreisen mit dem 2023 publizierten Buch «Tierrecht der Schweiz» einen Namen gemacht.
Der STS hat eine komplexe Struktur mit 71 regionalen Sektionen und einem breiten Tätigkeitsfeld von Haustierschutz bis Schlachthofaudits. Finanziert ist der Verband einerseits durch umfangreiche Spenden, andererseits durch seine Dienstleistungen, die der STS Dutzenden von Organisationen anbietet, darunter auch die Bio Suisse (für Tiertransportkontrollen und Schlachthofaudits).
Der Präsidentin wurden (unter anderem von den abgewählten Vorstandmitgliedern) Fehler in der Geschäftsführung und intransparentes Gebaren beim Umgang mit den Spendengeldern vorgeworfen.
Negativempfehlung der Zewo
Nun hofft man beim STS auf eine baldige Rückkehr in ruhigere Fahrwasser. Die Turbulenzen haben nämlich nicht nur zu sinkender Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt sondern auch zu einer Negativempfehlung der Zertifizierungsorganisation Zewo geführt. Diese rät aufgrund der fehlenden Transparenz im Finanzbereich von Spenden an den STS ab.
«Mit dem neuen Zentralvorstand soll und wird der STS wieder zu dem werden, was er früher war», versichert Präsident Piero Mazzoleni laut der Mitteilung. Vor allem müsse das in den vergangenen Monaten verloren gegangene Vertrauen in der Öffentlichkeit wiederhergestellt werden.
Transparenz verbessern
Laut Mazzoleni werde der neue Zentralvorstand rasch die notwendigen Beschlüsse fassen, um allfällige Altlasten definitiv zu bereinigen. Zudem würden Massnahmen ergriffen, um noch mehr Transparenz im Finanzbereich zu gewährleisten und den allgemeinen Standards für Nonprofit-Organisationen zu entsprechen.
pd/Adrian Krebs, FiBL
