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«Wir konnten einen Fuss in die internationale Forschung setzen»

Meldung  | 

Lebensmittel-Fachfrau Ursula Kretzschmar hat das FiBL Ende Juli verlassen und beginnt am 15. September an der HAFL als Leiterin des Fachbereichs «Food Science & Management». Vor kurzem haben wir sie zum Abschiedsinterview getroffen.

«Durch die hohe Nachfrage hat man wohl die Grundwerte ein bisschen verloren», sagt Lebensmitttelfachfrau Ursula Kretzschmar.

Frau Kretzschmar, Sie waren nun viereinhalb Jahre am FiBL tätig und davor schon von 2004 bis 2012. Was sind Ihre Highlights im Rückblick?
Ursula Kretzschmar: Toll ist sicher, dass wir es geschafft haben, im Bereich Lebensmittelverarbeitung einen Fuss in die nationale und europäische Forschung zu bringen und so immer wieder praxisorientierte nationale wie auch internationale Projekte machen konnten, obwohl das FiBL ja landwirtschaftsorientiert ist. Ein Highlight war für mich sicher auch, dass ich in die EGTOP, die EU-Expertengruppe für biologische Erzeugung , gewählt worden bin und dort meine Erfahrung einbringen kann. In diesem Gremium werde ich weiterhin bleiben.

Sie waren ja auch in der Lehre aktiv?
Ja, es hat mich gefreut, dass wir das Thema ökologische Verarbeitung in die Lehre bringen konnten, es gibt bereits zum dritten Mal ein entsprechendes Modul an der HAFL. Zuvor war ich auch an der ZHAW und in verschiedenen Ländern als Gastdozentin tätig. Das schöne ist, dass wir das Thema schonende Verarbeitung platzieren und junge Leute sensibilisieren konnten. Den Austausch mit dem Nachwuchs finde ich super. Und ganz generell freut mich, dass das Thema mit der Transformationsdiskussion in der Ernährung mehr Gewicht erhält. Da haben wir eine grosse Stärke am FiBL, dass wir bereits länger transdisziplinär arbeiten und die ganze Wertschöpfungskette abdecken.

Was sind die grössten Baustellen in Sachen schonende Verarbeitung?
Durch die hohe Nachfrage hat man wohl die Grundwerte ein bisschen verloren. Wir haben im Bio unterdessen viele so genannte «Me too»-Produkte, also Nachahmerprodukte, die nicht unbedingt auf  Nachhaltigkeit in der ganzen Wertschöpfungsketteachten.

Also eine Verwässerung?
Ja das würde ich schon sagen. Das sieht man ja auch bei der Saisonalität. Wir haben die Konsument*innen daran gewöhnt, dass es auch bei Bio das ganze Jahr alles gibt. Da sind wir etwas von den Grundwerten abgekommen und es braucht ein Umdenken.

Wer müsste da Gegensteuer geben?
Man muss schon sagen, Bio Suisse und Demeter übernehmen grosse Verantwortung, indem sie die strengsten und detailliertesten Verarbeitungsrichtlinien haben und in die Diskussion mit dem Handel geht. Dass Coop jetzt mit Bio365 ein neues Label lanciert zeigt ja auch, dass der Handel  die Diskussionen nicht immer so intensiv führen will.

Man sieht ja auch bei den Labels eine gewisse Verwässerung, so etwa bei den Discountern…
Da müssen wir sehr vorsichtig sein. Es gibt Handelslabel, die in gewissen Bereichen sogar strenger sind als Bio Suisse. Hier würde ich nicht von Verwässerung sprechen. Diese Handelslabel sind ja auch entstanden, weil Bio Suisse ihre Distributionspolitik so ausgerichtet hat, dass Discounter die Knospe nicht verwenden können.

War das ein Fehler?
Für die Biobewegung in der Schweiz und im Speziellen für die Transparenz und Erkennbarkeit für die Konsument*nnen, was Bio inklusive der Verarbeitung bedeutet, sehe ich dies als Fehler. Man hat ja vor 40 Jahren gesagt: Wir brauchen gemeinsam ein starkes Label, die Knospe. Man hat sich zusammengetan und sich dafür stark gemacht, dass es nach Bioverordnung kein Label gibt. In der Konsequenz sollte man allen Gelegenheit geben, das gemeinsame Label zu brauchen.

Läuft der Markt aus Ihrer Sicht in eine positive Richtung oder geht es Richtung Stagnation?
In vielen Ländern ist der Konsum stark zurückgegangen und trotzdem konnten wir in der Schweiz die Umsätze noch steigern, das ist schon erstaunlich. Aber das zeigt ja auch, dass hier die Mehrwerte gesehen werden und dass bei den Konsument*innen das Vertrauen gegenüber Bio hoch ist. Medial ist es ein wichtiges Thema und solange das so ist, sind wir auf dem richtigen Weg, auch wenn es ab und zu mal eine negative Botschaft gibt.

Sie waren jetzt an einer Schlüsselposition, quasi Miss Bioverarbeitung. Warum gehen Sie jetzt zur HAFL?
Es sind verschiedene Aspekte. Einerseits freue ich mich, dass ich mit meinem rund 60-köpfigen Team direkt Dinge umzusetzen kann, weil wir mit Labor und Pilot Plants, also Verarbeitungsanlagen im Kleinformat, die nötige Infrastruktur und mehr Industrienähe haben. Das andere ist die Kombination aus Lehre und Forschung. Weil sich Bio so gut etabliert hat, ist es wichtig, dass die Leute nicht erst beim Berufseintritt mit nachhaltiger Ernährung und Verarbeitung in Berührung kommen. Plus habe ich natürlich total Freude, wieder einen Bereich leiten zu können, mit dem Team in dieser spannenden Zeit in der Bildung wie auch in der Forschung etwas im Wandel zu einer nachhaltigen Ernährung bewirken zu können und für die Industrie ein guter Dienstleister zu sein.

Wird es  in Ihrem Bereich eine Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen HAFL und FiBL geben?
Ja, davon gehe ich aus. Die Zusammenarbeit besteht ja bereits. Das Gute ist ja am FiBL, dass wir mit Ivraina Brändle und Ludivine Nicod sowohl in Frick  wie auch in Lausanne  gute Verantwortliche zum Thema haben. Deren Position dürfte mit zusätzlichen Stellen noch weiter gestärkt werden, das ist sehr wichtig.

Haben Sie noch einen Tipp für die Weiterentwicklung des FiBL?
Mut zur Lücke und statt ungebremstem Wachstum das Bestehende konsolidieren sowie einen Fokus auf Themen legen, die langfristig eine Nachfrage haben.

Wann kommen Sie wieder zurück ans FiBL?
(Lacht). Eher nicht mehr, dreimal wäre etwas übertrieben.

Adrian Krebs, FiBL

Weiterführende Informationen

Website der FiBL Arbeitsgruppe Verarbeitung (fibl.org)

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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