Was war der Auslöser für das Projekt Pardessym?
Obstanlagen sind aufgrund ihrer extremen Spezialisierung – auch im biologischen Landbau – fragile Agrarökosysteme, die extrem abhängig von Betriebsmitteln und Wasser sind. In Südfrankreich sehen wir steigende Risiken durch Krankheiten und Klimaschwankungen. Das Projekt Pardessym will den Weg der Agroforstwirtschaft erkunden, um Obstanlagen zu «diversifizieren» und sie widerstandsfähiger und robuster zu machen.
Was bedeutet das konkret?
Das Projekt orientiert sich am Konzept der syntropischen Landwirtschaft, die von Ernst Götsch in Brasilien ins Leben gerufen wurde und darauf abzielt, die Funktionsweise von Wäldern nachzuahmen, um produktive und autonome Agrarökosysteme zu schaffen. Konkret stufen wir im Projekt verschiedene Ebenen in einer Obstanlage ab und integrieren Pflanzenschichten zwischen Obstbäumen – etwa hochstämmige Bäume, Sträucher, Büsche oder krautige Pflanzen, welche die Biodiversität, die Bodenfruchtbarkeit, die Pflanzengesundheit und die Widerstandsfähigkeit des Systems gegenüber klimatischen Extremen verbessern können. Die von Evelyne Leterme im Conservatoire Végétal d'Aquitaine entworfenen Obstbaumhecken, die aus einer Sammlung traditioneller Anbaumethoden hervorgegangen sind, sind eine weitere echte Inspirationsquelle. Das Projekt Biodiverger der Domaine Marcelin im Waadtland, der kreisförmige Obstgarten von Gotheron in der Drôme oder die Apfelbäume in der mediterranen Agroforstwirtschaft von Restinclières in der Nähe von Montpellier (F) sind weitere «Kollegenprojekte», welche unser Projekt inspiriert haben.
Bedeutet die Komplexität des Systems nicht zwangsläufig einen höheren Arbeitsaufwand und höhere Produktionskosten?
Eines der Ziele des Projekts ist es, zusätzliche Arbeitsspitzen zu vermeiden. Der Arbeitsaufwand muss überschaubar bleiben. Die ideale Obstanlage muss auch ein angenehmes, anregendes Arbeitsumfeld sein, das den Menschen, die dort täglich arbeiten, eine bessere Lebensqualität bietet. Im Rahmen des Pardessym-Projekts dokumentieren wir daher die Arbeitszeit in all diesen Anlagen, um die technisch-wirtschaftlichen Leistungen zu bewerten. Dazu erfassen wir auch die Aspekte, die mit dem Wachstum und der Gesundheit der Pflanzen zusammenhängen.
Wie viele Landwirte sind konkret an dem Projekt beteiligt?
Wir haben 12 Landwirte und 17 Experten für drei Hauptprojekte im Drôme-Tal mobilisiert, um Obstanlagen mit verschiedenen agroforstwirtschaftlichen Gradienten anzulegen: Sträucher in Reihen, Hecken in «Patches» verteilt über die Parzelle und so weiter. Durch die Kombination von Experimenten in Pilotobstgärten und speziellen Forschungsvorrichtungen versucht das Projekt Pardessym, nachhaltige, wassersparende und reproduzierbare Modelle zu entwickeln und gleichzeitig den Wissensaustausch zwischen der Landwirtschaft, der Technik sowie der Wissenschaft zu fördern.
Die Untersuchung des Bodens nimmt im Projekt einen zentralen Platz ein. Weshalb?
Die Wechselwirkungen zwischen Wurzeln und Bodenfunktionen sowie die Auswirkungen der Beschattung auf die Photosynthese oder auch die Wirtschaftlichkeit solcher Systeme sind tatsächlich Teil des Forschungsprogramms. Aus unserer Sicht ist der Boden nicht nur ein lebloses Substrat. Er erbringt unzählige Leistungen, darunter die Bereitstellung von Nährstoffen, die Regulierung des Wasserkreislaufs und die Versorgung mit Biomasse und Mineralstoffen. Daher ist es interessant, seine physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften zu untersuchen, um die Relevanz eines vielfältigen und geschichteten Obstgartens zu bewerten.
Interview: Claire Berbain, FiBL
Weiterführende Informationen
Das Pardessym-Projekt (FiBL Projektdatenbank)
Obstbau (Rubrik Pflanzenbau)
Agroforst (Rubrik Pflanzenbau)
