Menschen, die sich im Gummiboot auf der Limmat treiben lassen, ahnen oft nicht, wo sie gerade sind, wenn sie auf der Fahr landen. Wenn Priorin Irene Gassmann die leicht bekleideten Bötler darauf aufmerksam macht, dass sie sich auf dem Gelände eines Frauenklosters befinden, entstehen oft aufschlussreiche Gespräche. «Solche zufälligen Begegnungen zeigen, wie weit Stadt und Kloster, oder Stadt und Landwirtschaft auseinander liegen können», meint Priorin Gassman und betont, wie wichtig Kommunikation im richtigen Moment ist.
Eine aussterbende Rarität?
Das Benediktinerinnenkloster Fahr, eine aargauische Enklave im Kanton Zürich, existiert seit 1130. Von 1944 bis 2013 führten die Ordensfrauen eine Bäuerinnenschule mit Internat und arbeiteten aktiv auf dem Landwirtschaftsbetrieb mit. Heute ist der Betrieb verpachtet und auf dem Klostergelände leben noch 15 Schwestern. Nachwuchs ist keiner in Sicht.
Die Nachfrage nach einer «Klosterzeit» sei gross, meint Irene Gassmann, für ein Leben im Kloster würde sich jedoch kaum mehr jemand entscheiden. «Das gesellschaftliche Bild von Klosterfrauen ist stehen geblieben», so Gassmann, «wir müssen uns fragen, wie ein gemeinschaftliches, kontemplatives Leben künftig aussehen könnte.»
Zwischen Erlebnis und Einkehr
Ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft konnte durch die Partnerschaft mit der Fahr Erlebnis AG gemacht werden. Diese betreibt Gastronomie und Hofladen auf dem Klosterareal. Nicolas Baer, Mitgründer der Fahr Erlebnis AG, möchte Natur und Landwirtschaft rund um das Kloster für die urbanen Besuchenden erlebbar machen. Geplant sind die Wiedereröffnung des Restaurants, neue Wanderwege und ein grosser Spielplatz.
All das geschehe in enger Abstimmung mit Pächter Andreas Benz, der den Landwirtschaftsbetrieb führt. «Zum Glück gehört Benz zu den Mitbegründern der Fahr Erlebnis AG und brennt für das Projekt», meint Baer. Das mache es einfacher, die Bedürfnisse der produzierenden Landwirtschaft und des erlebnisfreudigen Publikums zusammen zu denken. «Aber es wird eine Herausforderung, die Balance zwischen Nahrungsmittelproduktion, klösterlicher Ruhe und urbaner Neugier zu finden», so Baer.
Landwirtschaft vermitteln
Der LID, der zur Delegiertenversammlung auf der Fahr eingeladen hatte, hat sich zum Ziel gesetzt, genau solche Brücken zwischen Land und Stadt zu schlagen. 2024 war für die Organisation ein bewegtes Jahr: Nach einem holprigen Wechsel übernahm Jonas Ingold die Geschäftsführung. Es konnten aber auch Rekorde erzielt werden: über 66'000 Schülerinnen und Schüler besuchten das Angebot Schule auf dem Bauernhof – so viele wie noch nie.
2025 steht für den LID, zu dessen Mitgliedern auch das FiBL gehört, unter dem Motto «Landwirtschaft verstehen, miteinander stärken». Die Delegiertenversammlung im Kloster Fahr hat gezeigt: dabei helfen offene Türen und Gesprächsbereitschaft.
Corinne Obrist, FiBL
Weiterführende Informationen
Landwirtschaftlicher Informationsdienst (lid.ch)
Kloster Fahr (kloster-fahr.ch)
Fahr Erlebnis AG (fahr-erlebnis.ch)
Direktvermarktung (Rubrik Markt)