Gastgeber Urs Feuz führt die Teilnehmenden über seinen vielseitigen Betrieb, den er zusammen mit seiner Frau Marlies bewirtschaftet und demnächst in die Hände der nächsten Generation übergibt. Neben Mutterkühen, Legehennen und Ackerbau setzt die Familie seit über 30 Jahren auf biodiversitätsfördernde Massnahmen.
Was einst mit der Ansaat der ersten Ökowiese und dem Setzen einzelner Bäume begann, hat sich heute zu einem vielfältigen System entwickelt. «Früher war hier alles grün oder Acker», erinnert sich Urs Feuz, «heute erfreuen sich Besucher*innen am Blühen und Summen.»
Blütenmeer und Medizin
Dominic Eisenring vom BBZN zeigt anhand einer über 30 Jahre alten Blumenwiese, welchen Wert solche Flächen haben – ökologisch wie auch für die Tiergesundheit. Die artenreiche Fromentalwiese enthält Blüten wie Margerite und Flockenblume und ist Lebensraum für eine Vielzahl von Insekten.
Neben ihrem Beitrag zur Artenvielfalt punkten solche Wiesen auch in der Fütterung, denn kräuterreiche Bestände enthalten wertvolle Inhaltsstoffe. «Diese pflanzliche Medizin hilft zur Vorbeugung von Euter- oder Klauenproblemen oder zur Erhöhung der Resistenz gegen Infektionskrankheiten», so Eisenring.
Wichtig ist, dass der Standort geeignet ist, damit sich eine Blumenwiese etablieren und langfristig halten kann. Steinige, nährstoffarme, leichte Standorte in sonnigen Lagen sind ideal. Ist der Bestand bereits gut, kann mit gezielter Pflege versucht werden, eine Blumenwiese zu erreichen. Ansonsten ist eine Ansaat mit vorgängiger Bodenbearbeitung nötig, reine Übersaaten reichen nicht aus.
Lebensadern der Landschaft
Marius Fischer von Bienen Schweiz erklärt, was artenreiche Hecken zur Förderung der über 600 Wildbienenarten in der Schweiz beitragen: «Sie liefern den Bestäubern nämlich auch dann Nektar und Pollen, wenn die Wiesen gemäht sind.» Ausserdem dienen hohle Stängel oder offene Bodenstellen als Nistplätze.
Neben der Bestäubungsleistung können Hecken durch die Bundesbeiträge das landwirtschaftliche Einkommen diversifizieren und Holz für die Kompostierung oder Schnitzelheizungen liefern. Die Pflegearbeiten fallen ins Winterhalbjahr, sie dürfen vom 1. Oktober bis zum 28. Februar durchgeführt werden.
Wichtig ist, bei der Planung auf den Schattenwurf und die Bewirtschaftungsrichtung zu achten, damit keine Ertragseinbussen im Acker entstehen und nicht im Krautsaum gewendet werden muss. Durch regelmässige, selektive Pflege wird sichergestellt, dass die Hecke nicht verwaldet und so unter den Schutz des Waldgesetzes fällt.
Rückzugsraum für Nützlinge
Für Theres Rutz vom FiBL sind Buntbrachen das Element, das in Ackerbauregionen enorme Wirkung entfaltet. Die mehrjährigen, artenreiche Blühflächen bieten Rückzugsraum und Überwinterungsmöglichkeit für viele Kleinlebewesen in Acker- und Grenzgebieten. «Nützlinge wie die Schwebfliege, deren Larven grosse Mengen Blattläuse fressen, finden hier Nistplätze sowie Nektar und Pollen für die adulten Tiere», mein Rutz.
Doch die Etablierung einer Buntbrache ist anspruchsvoll: Standortwahl und Saatbettbereitung sind entscheidend. Nach der Aussaat braucht es Geduld, denn viele Licht- und Wärmekeimer brauchen einige Wochen zum Keimen. In dieser Zeit können sie von spontanen Arten überholt werden. Schliesst sich deren Bestand, kann ein Säuberungsschnitt helfen. Bei der Kontrolle führt ein zu hoher Anteil von Ackerkratzdisteln oder Blacken nämlich zum Ausschluss. Bei der Rückführung in die Fruchtfolge eignen sich Kunstwiese, Mais oder Getreide als Folgekultur.
Aus rein finanzieller Sicht lohnt sich die Buntbrache für Biobetriebe kaum, denn mit Kulturen wie Weizen können auf Ackerflächen höhere Deckungsbeiträge erreicht werden. Aber der ökologische Wert der Buntbrache ist unschätzbar und sie braucht wenig Pflegeaufwand und bietet Sicherheit, wenn der Absatz von Ackerkulturen schwierig ist.
Herausforderung Neophyten
Ein wiederkehrendes Thema an allen Stationen des Anlasses ist der Umgang mit invasiven Neophyten. Ob in Hecken, Buntbrachen oder Blumenwiesen – gebietsfremde Arten wie das Einjähige Berufkraut, die Goldrute oder der Japanische Staudenknöterich können die einheimische Flora verdrängen und stellen durch ihr Ausbreitungspotential eine Bedrohung für die Biodiversität dar.
Durch mechanisches Ausreissen bei ersten Vorkommen, regelmässige Kontrollgänge und Markieren betroffener Stellen können die invasiven Problempflanzen bekämpft werden. Wichtig ist dabei, Neophyten nicht etwa auf dem Kompost oder im Wald, sondern im Kehricht zu entsorgen. Denn die Pflanzen reifen nach und haben deshalb ein enormes Ausbreitungspotenzial.
ProBio: Austausch im Fokus
Der Biodiversitäts-Fachanlass ist Teil des ProBio-Projekts von Bio Suisse, das den Wissensaustausch unter Bäuerinnen und Bauern fördert. «Ziel ist es, Landwirt*innen miteinander zu vernetzen, Erfahrungswerte weiterzugeben und gemeinsam Lösungen zu entwickeln», erklärt Sarah Bulliard von Bio Suisse. In mittlerweile über 40 Arbeitskreisen werden Themen wie Biodiversität, Tierhaltung oder Ackerbau in moderierten Gruppen vertieft. Der Austausch ist kostenlos und offen für alle Biobetriebe – auch für die, die selbst eine Gruppe gründen möchten.
Corinne Obrist, FiBL
Weiterführende Informationen
Informationsplattform Biodiversität Agrinatur (agrinatur.ch)
Invasive Neophyten (infoflora.ch)
ProBio (probio.bioaktuell.ch)