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Resistent, tolerant, lecker: Kartoffeln müssen vielen Ansprüchen genügen

Meldung  | 

Von der Selektion bis zur Degustation: Beim Kartoffel-Höck auf dem Tännlihof in Andelfingen, ZH drehte sich alles um robuste Kartoffeln. Organisiert von FiBL, Bio Suisse, Strickhof und Agroscope, bot der Anlass Einblicke in Anbau, virusresistolerante und krautfäuleresistente Sorten und den Markt.

Die Kartoffelsorten Anais, Twinner und Acoustic unterscheiden sich in ihrer Robustheit, Lagerfähigkeit und Hitzetoleranz. Foto: FiBL, Corinne Obrist

Tobias Gelencsér (FiBL) und Patrice de Werra (Agroscope) berichten über die Krautfäuleresistenz und Virustoleranz verschiedener Kartoffelsorten. Foto: FiBL, Corinne Obrist

Übersicht über die Krautfäuleresistenz (Farbe) und Virentoleranz (blauer Kasten) verschiedener Kartoffelsorten. Foto: FiBL, Corinne Obrist

«Bis eine Kartoffelsorte auf dem Teller landet, ist es ein langer Weg», betont Sonja Basler vom Strickhof bei der Begrüssung auf dem Tännlihof. Eine gute Kartoffelsorte müsse gegen Krautfäule und Viren bestehen, lagerfähig sein und den Anforderungen von Verarbeitung und Handel genügen – oft ein Balanceakt mit Kompromissen.

Frühe Knollen mit viel Herzblut

Gastgeber Heinz Höneisen hat sich auf den Anbau von Frühkartoffeln spezialisiert. Der Tännlihof liegt in einer Mulde umgeben von der Thur, die für die sandig-lehmigen Böden verantwortlich ist – ideale Bedingungen für die Frühkartoffeln. Doch der Anbau erfordere höchste Sorgfalt, vom Vorkeimen über das händische Setzen mit der Bandmaschine bis zur Ernte. «Man muss Kartoffeln wirklich gernhaben», so Höneisen:

Dieses Jahr seien die Bedingungen ideal gewesen für eine gute Entwicklung der Kartoffeln: «Wir hatten kühle Nächte und zu Beginn war es trocken.» Nun aber sei der Krautfäuledruck riesig. Deshalb hat Höneisen bereits mit dem Abflammen begonnen. So kann er die Krautfäule unterdrücken, ohne das Wachstum ganz zu stoppen.

Anais, Twinner und Acoustic im Test

Tobias Gelencsér vom FiBL stellt die drei Sorten Anais, Twinner und Acoustic vor. Anais, eine sehr frühe Sorte, die in der Schweiz kaum verbreitet ist, stellte sich als anfällig für Krautfäule heraus. Tobias Gelencsér betont die Wichtigkeit, gerade bei Frühkartoffeln auf krautfäuleresistente Sorten zu setzen: «Frühkartoffeln sind meist der Ursprung von Sekundärinfektionen im Lager.»

Twinner und Acoustic werden bereits auf der Biosortenliste geführt und punkten bei der Robustheit. Die beiden sind etwa zwei Wochen später erntereif als Anais. Acoustic profitiert von einer Bewässerung und weist einen eher tiefen Stärkegehalt auf. Sie ist jedoch schlecht lagerfähig und virusanfällig, weshalb der Züchter bereits mit der Vermehrung aufgehört hat. In der Schweiz wird die Sorte aber momentan noch vermehrt. Twinner ist hitzeempfindlich und darum nur als Frühkartoffel geeignet. Die Sorte mag höhere Stickstoffgaben und ist durch den höheren Stärkegehalt eher mehlig-, beziehungsweise weichkochend.

Tücken der Pflanzgutvermehrung

Während im Anbau die Krautfäule das Hauptproblem ist, steht bei der Vermehrung von Pflanzgut die Virusanfälligkeit im Zentrum. Patrice de Werra von Agroscope erklärt: «Blattläuse übertragen Viren, die den Stoffwechsel der Pflanze so verändern, dass sie die Energie für ihre eigene Vermehrung nutzen können.» Pflanze und Knollen bleiben klein und es entstehen hohe Ertragsverluste.

Zertifiziertes Pflanzgut darf maximal zehn Prozent Virusbefall aufweisen. Laut de Werra wird es immer schwieriger, virusfreie Pflanzkartoffeln zu produzieren, denn der Klimawandel begünstigt die Blattläuse. Deshalb ist er auf der Suche nach virustoleranten Sorten, die trotz Befall kaum an Ertrag einbüssen. «Die Kartoffelsorte der Zukunft kombiniert Virentoleranz und Krautfäuleresistenz», so de Werra.

Angesprochen auf die neuen gentechnischen Methoden meint de Werra: «Im Bezug auf die Krautfäuleresistenz sind schnelle Fortschritte denkbar.» Die Sorte Erika beispielsweise bräuchte zwei zusätzliche Resistenzgene, um eine stabile Resistenz zu erreichen. Andere Eigenschaften, wie Hitzetoleranz liessen sich aufgrund ihrer Komplexität nicht durch das Hinzufügen einzelner Gene lösen. De Werra gibt jedoch zu bedenken, dass sich solche Eingriffe momentan nicht nachweisen lassen und eine Trennung von gentechnisch veränderten und unveränderten Sorten kaum mehr möglich wäre.

Marktsituation: Anbaufläche wächst, Pflanzgut knapp

Ilona Stoffel von Bio Suisse liefert Zahlen zum Markt. Die Anbaufläche von Biokartoffeln steigt weiterhin: Momentan liegt der Bioanteil bei 10,2 Prozent der Kartoffelanbaufläche, während 22,7 Prozent des Umsatzes im Detailhandel für den Frischkonsum mit biologischen Kartoffeln erzielt wird. In einem normalen Erntejahr könne die Nachfrage gedeckt werden, weshalb Stoffel den Produzierenden empfiehlt, sich mit den Abnehmenden zu koordinieren. Für die Ernte 2025 sei das Preisband noch nicht fixiert, man rechne aber mit stabilen Preisen trotz hohem Preisdruck im Detailhandel.

Eine Herausforderung sei die Versorgung mit Biopflanzkartoffeln: Normalerweise können rund 60 Prozent des Biobedarfs gedeckt werden, wegen der schlechten Witterung im letzten Jahr momentan jedoch bedeutend weniger. Deshalb muss konventionelles Pflanzgut bezogen werden, auf das eine Lenkungsabgabe anfällt. «Die Abgaben fliessen zu 100 Prozent zurück in die Produktion – in die Verbilligungen von Biopflanzgut, die Förderung der Pflanzgutvermehrung oder Sortenversuche», so Stoffel.

Abschluss mit Geschmack: Welche Sorten überzeugen?

Zum Abschluss ruft Heinz Höneisen die Teilnehmenden zum Degustieren auf. Höneisen hat im Rahmen eines Projektes von Bio Zürich und Schaffhausen fünf neue, krautfäuleresistente Sorten im Anbau getestet. Diese können die Anwesenden geschmacklich bewerten. Twinner ist der eindeutige Gewinner der Verkostung, gefolgt von Annabelle und Acoustic. Neben allen Ansprüchen in der Vermehrung, im Anbau, im Handel und der Verarbeitung, müssen sich die robusten Sorten schliesslich auch auf dem Teller bewähren.

Corinne Obrist, FiBL

Weiterführende Informationen

Sortensuche Kartoffeln (Rubrik 
Biokartoffelsortenprüfung (Rubrik Ackerbau)
Biokartoffeln (Rubrik Markt)

Hinweis: Dies ist eine tagesaktuelle Meldung. Sie wird nicht aktualisiert.

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