Seit Herbst 2023 setzen mehrere Winzer*innen in der Romandie Kunekune-Schweine – eine aus Neuseeland stammende Rasse – für die ökologische Beweidung ihrer Rebberge ein. Die kleinen Schweine wurden in Weinbergen im Wallis, Chablais, Lavaux und in der La Côte eingesetzt. Die erste Weinsaison 2024 lieferte viele Erkenntnisse über das Potenzial dieser überaus sympathischen, aber bislang noch wenig effizienten Tiere.
Gezüchtet in einem Betrieb im Kanton St. Gallen, weisen die Kunekune-Schweine mehrere interessante Eigenschaften auf, welche sie für die Pflege der Vegetation in den Reben prädestinieren. Im Gegensatz zu Schafen kann man die robusten Schweine beispielsweise während der gesamten Rebsaison in den Weinbergen halten.
Die Bewirtschaftung von Rebbergen ist herausfordernd: Es gilt, Lösungen zur Pflege der Vegetation zu finden, die nur eingeschränkt oder gar nicht mechanisiert werden können. Hier kommen die Kunekune-Schweine ins Spiel: Die überaus zutraulichen und sozialen Tiere ernähren sich überwiegend pflanzlich. Ihre kurze Schnauze verhindert zudem übermässiges Wühlen und Umgraben des Bodens. Durch ihre geringe Körpergrösse und die Unfähigkeit, den Kopf weit nach oben zu heben, wiegen sich Rebenblätter und Trauben vor Frass in Sicherheit. Letztlich reduziert ihr moderates Gewicht die Bodenverdichtung, und ihr ruhiges, standorttreues Verhalten begünstigt die Integration in die Weinberge.
Vorsicht bei grosser Hitze
Erste Rückmeldungen der Winzer*innen zeigen aber auch, dass die Integration der Kunekune-Schweine in den Rebberg tägliche Betreuung, logistische Anpassungen und einen nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand erfordert. Es müssen funktionierende Elektrozäune installiert werden, ein Schutz vor Unwetter und starker Hitze – diese Rasse ist besonders hitzeempfindlich – sowie ein dauerhafter Zugang zu Wasser.
Bei ihrer Ankunft auf den Weingütern waren die jungen, vier Monate alten Schweine kaum grösser als ein Rugbyball. Nach einigen Monaten zeigten sich jedoch je nach Standort und Fütterungspraxis deutliche Unterschiede im Wachstum. Schweine, die ausschliesslich mit Gras gefüttert wurden, entwickelten sich langsamer, während Tiere, die zusätzlich mit Futterergänzungen oder Leckerbissen versorgt wurden, teilweise unter Übergewicht litten und auf Diät gesetzt werden mussten. Das überrascht kaum, wenn man weiss, dass «Kunekune» in der Sprache der Maori «fett und rund» bedeutet.
Gesellige und liebenswerte Tiere
Auch das Verhalten der Kunekune-Schweine variiert je nach Weingut. Einige der Tiere folgen ihrem «Frauchen» oder «Herrchen» tagsüber sogar ohne feste Einzäunung, während sie sich auf anderen Betrieben bei jeder Gelegenheit davonmachen – was ihre Haltung deutlich verkompliziert. Manche Schweine beschränken sich darauf, das Gras in den Reben zu fressen, während andere intensiver den Boden umgraben. Offenbar beeinflussen sowohl die Grösse der Weideflächen als auch die Fütterung dieses Verhalten.
Die Wirksamkeit der Schweine in ihrer Rolle als Landschaftsgärtner*innen war insbesondere während der Herbst- und Wintermonate vielversprechend. Während der Hauptwachstumszeit des Grases war die Pflege jedoch unzureichend. Die geringe Besatzdichte – meist nur zwei bis drei noch junge Tiere pro Betrieb – hatte ebenfalls Einfluss auf die Ergebnisse. Zuletzt verringern das gemächliche Tempo der Kunekune und ihre Neigung zu langen Ruhephasen ihre Effizienz in der Vegetationspflege zusätzlich. Angesichts dieser Erkenntnisse planen mehrere Weingüter ab 2025 eine gemeinsame Zucht durch die kollektive Haltung eines Ebers, um die Bestände zu vergrössern.
Eine weitere Beobachtung: Die Schweine zeigen erstaunlichen Einfallsreichtum, um an die begehrten Blätter und Trauben zu gelangen – beispielsweise klettern sie übereinander oder setzen sich wie ein Hund hin, um höher zu reichen. Ihre Integration in Becherreben oder niedrig gezogene Anlagen gestaltet sich daher schwierig. Es erscheint also sinnvoll, sie während der Reifephase der Trauben vorsichtshalber aus den Parzellen zu entfernen.
Grosses Sympathiepotenzial
Trotz der nicht nur positiven bisherigen Erkenntnisse betonen die Winzer*innen ihre enge Bindung zu diesen sehr sozialen und zutraulichen Tieren, die mittlerweile zu den neuen Haustieren der Weingüter geworden sind. Der kommunikative Aspekt des Projekts wird als äusserst positiv wahrgenommen: Die Kunekune-Schweine wecken das Interesse der Konsument*innen, fördern den Austausch bei Kellerführungen und sorgen für eine positive Sichtbarkeit der Betriebe in den sozialen Netzwerken.
Auch die Schweizer Medien haben über dieses originelle und bisher einmalige Projekt breit berichtet. Dieser indirekte, aber sehr erfreuliche Effekt trägt wesentlich dazu bei, dass sich die Winzer*innen weiterhin für das Projekt begeistern.
Das gesamte Projekt wird eng vom FiBL begleitet, unter anderem durch eine Tierärztin des Instituts, mit Unterstützung von BioVaud und Bio Suisse. Während die emotionale Verbindung zwischen den Kunekune-Schweinen und den Winzer*innen unbestritten ist, bleibt der agronomische und wirtschaftliche Nutzen ihres Einsatzes in der ökologischen Beweidung noch zu belegen.
David Marchand, FiBL
Dieser Beitrag erschien im französischsprachigen Magazin «Agri – Hebdomadaire Professionnel Agricole de la Suisse Romande», Mai 2025.
Weiterführende Informationen
Zum Magazin Agri (agrihebdo.ch)
Schweine (Rubrik Tierhaltung)
Rebbau (Rubrik Pflanzenbau)
Zum FiBL Weingut (fibl.org)