Zu nahezu jedem Biobetrieb gehört ein Hausgarten. Oftmals besitzt dieser, den ersten Eindruck der Betriebsphilosophie vermittelnd, einen hohen Stellenwert. Bei dessen Bewirtschaftung und Pflege müssen die Biorichtlinien grundsätzlich eingehalten werden.
Der Hausgarten kennt eigene Regeln
Es dürfen im Hausgarten nur Hilfsstoffe der Betriebsmittelliste eingesetzt werden. An dieser Stelle muss die Verwendungspflicht konformer Schneckenkörner ausdrücklich erwähnt werden. Die Kontrolle beschränkt sich auf den korrekten Einsatz von Hilfsstoffen. Setzlinge und Saatgut aus nicht biologischer Produktion werden toleriert. Wenn das Verfügungsrecht über den Hausgarten an Dritte übertragen wird (Eltern) und nur zu deren Selbstversorgung dient, wird die Verletzung der Richtlinien toleriert. Dieser entlastende Passus in den Bio Suisse Richtlinien verhindert einen schief hängenden Haussegen unter den Vertreter*innen der verschiedenen Generationen.
Die Tomate darf in den Topf
Die häufigste Frage rund um den Anbau für Selbstversorgungszwecke im Hausgarten bezieht sich hingegen auf den Anbau auf befestigtem Boden, oftmals von Tomaten. Hobbygärtnerische Aktivitäten in Töpfen oder sonstigen Behältnissen ohne Durchwurzelungsmöglichkeit in den gewachsenen Mutterboden sind für die Selbstversorgung erlaubt. Dieses Zugeständnis eröffnet die Möglichkeit, Wärmeliebhaber und Regenhasser unter dem schützenden Vordach einer Südwand reifen zu lassen. Professionelle Anbaumethoden sind, mit wenigen Ausnahmen, nur mit Durchwurzelungsmöglichkeit der Pflanzen in den Mutterboden gestattet.
Biotiere dürfen auf nicht biologischen Sömmerungsflächen weilen
Die Vorgaben rund um die Abwesenheit der Tiere vom Heimbetrieb sind in den Bio Suisse Richtlinien in 14 verschiedenen Konstellationen akribisch beschrieben (Bio Suisse Richtlinien 4.4.5). Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, alle zu erläutern. Ganz grundsätzlich lässt sich aber die Aussage machen, dass die Tiere eines Biobetriebes auf einer nicht biologischen Sömmerungsfläche, welche den Artikeln 26 bis 34 der Direktzahlungsverordnung (DZV) entspricht, den Sommer verbringen dürfen. Die Tiere verlieren ihren Biostatus durch den Aufenthalt auf einer nicht biologischen Alp oder Sömmerungsfläche nicht.
Dann sind Milchprodukte und Fleisch nicht Bio
Die Milch und das Fleisch der Biotiere darf während dieses Aufenthaltes auf den nicht biologischen Sömmerungsflächen nicht biologisch vermarktet werden. Bestehende Wartefristen werden während des Aufenthaltes auf einer konventionellen Sömmerungsfläche eingefroren. Sobald laktierende Tiere wieder auf dem Biobetrieb sind, kann die Milch ab dem ersten Tag in den Biokanal geliefert werden. Wenn ein Tier geschlachtet werden soll oder muss, ist es wichtig, dieses zuerst auf dem Heimbetrieb anzumelden. Wird der Tierverkehrsschein mit der Tierverkehrsdatenbank (TVD) des nicht biologischen Sömmerungsbetriebes ausgestellt, muss das Fleisch des Tieres konventionell vermarktet werden.
Verfügbarkeitsstufe entscheidend für Saatgut
Da die Ernte zahlreicher Ackerkulturen zeitnah ansteht, lohnt es sich, ein paar Worte über das Saatgut von Zwischenfutter und Gründüngungen zu verlieren. Wer seine abgeernteten Äcker bis zur Bestellung der nächsten Hauptkultur sinnvollerweise wieder begrünen möchte, sollte sich mit dem Verfügbarkeitsstatus des gewünschten Bodenbedeckers beschäftigen. Die Online-Sortenliste des FiBL wie auch die OrganicXseeds Datenbank ist für diesen Zweck die Quelle, in welcher die Verfügbarkeitsstufen von Saatgut überprüft werden können.
Der grösste Teil der für den Bodenschutz geeigneten (Zwischen-)Kulturen befindet sich in der Stufe 2. Dies bedeutet, dass eine biologische Herkunft des Saatgutes die Regel darstellt. Nur mit einer Ausnahmebewilligung der FiBL Saatgutstelle kann als Notlösung auf einen Einsatz nicht biologischer Samen zurückgegriffen werden. Für Saatgut welches sich in der Verfügbarkeitsstufe 1 (Bio ist Pflicht) befindet, kann die Saatgutstelle nur in absoluten Ausnahmefällen (z.B. für Forschungszwecke) die Absolution zum Einsatz von nicht biologischem Saatgut erteilen. In diesen Fällen sollte man Überlegungen zu adäquaten Alternativkulturen anstellen.
Teuer: Einsatz von falschem Saatgut und Vermehrungsmaterial
Die Verwendung von nicht konformem Saatgut und Vermehrungsmaterial löst kostspielige Direktzahlungskürzungen aus und generiert eine nicht unbedeutende Anzahl Sanktionspunkte für die Bioanerkennung. Oftmals muss die Zertifizierungsstelle die Ernte zusätzlich mit einer Vermarktungsauflage oder Sperre belegen.
Zum Schluss
In der Hoffnung, das Erntejahr 2025 entwickelt sich weiterhin erfreulich, nehmen die Kontrollstellen die zweite Halbzeit der Kontrollsaison in Angriff. Die Interaktion zwischen den Betrieben und Bioinspecta ist äusserst lebendig. Mit den Erfahrungswerten der Auditoren und Auditorinnen lassen sich Fehler vermeiden, welche einen direkten monetären Schaden anrichten und vermeidbaren Ärger auslösen.
Andreas Müller, Bioinspecta
Weiterführende Informationen
Hotline der Bioinspecta (Mo-Fr 8-12 Uhr und 13-17 Uhr) für anstehende Fragen zum Regelwerk
Sortenlisten (Rubrik Pflanzenbau)
Bioregelwerk (Rubrik Grundlagen)
Saatgutdatenbank (Organic X-Seeds)
Serie Kontrollerlebnisse (Rubrik Grundlagen)