Jann Deflorin und Aline Tüfer (mit Tochter Maily) sind das neue Pächterpaar auf dem Leimbihof. Sie wollen langfristig auf Braunvieh setzen. Foto: Renate Hodel, LID
Direktvermarktung mit Hofladen und Milchautomat bleibt ein wichtiges Standbein des Leimbihofs. Foto: Renate Hodel, LID
Das neue Pächterpaar baut zur Fütterung der Tiere unter anderem jeweils mindestens eine Hektare Mais an. Foto: Renate Hodel, LID
Der Weg auf den Leimbihof war für Jann Deflorin und Aline Tüfer alles andere als geradlinig. Zuvor bewirtschafteten sie einen privaten Pachtbetrieb in Davos Monstein – wegen Eigenbedarf wurde die Pacht im gegenseitigen Einverständnis vorzeitig aufgelöst. Für das Paar stand danach fest: Noch einmal Zeit und Geld in einen Betrieb ohne langfristige Sicherheit zur Bewirtschaftung zu investieren, kommt nicht infrage.
Ein neuer Hof auf Umwegen
Die Suche nach einem neuen Betrieb war jedoch anspruchsvoll. Die Vorstellung einer Anstellung befriedigte beide nicht und einen Betrieb zu kaufen, kam für das Paar ebenfalls nicht infrage. «Wir hätten nicht nur uns, sondern auch die nächste Generation verschuldet», sagt Jann. Also konzentrierten sie sich bei der Suche auf Pachtbetriebe deren Verpächterschaft beispielsweise eine Gemeinde, eine Stadt, eine Kirche oder eine Institution ist.
Und da passte die Ausschreibung des Leimbihofs der Stadt Zürich perfekt – auch wenn die Bewerbung aufwändig war. Unter anderem mussten die beiden eine Betriebsstudie einreichen. «Das war enorm viel Arbeit, aber auch wertvoll», erklärt Jann. Der Vorpächter habe die gesamte Buchhaltung offengelegt: «So hatten wir konkrete Zahlen und wussten danach schwarz auf weiss, dass es funktionieren kann», erläutert Aline.
Schon vor der Übernahme auf dem Betrieb
Vor der offiziellen Pachtübernahme arbeitetet das Paar bereits auf dem Betrieb mit und lernte so den Betrieb mit seinen 72 Hektaren Nutzfläche, rund 600 Obstbäumen, 1000 Legehennen und den 45 Milchkühen besser kennen. Auch die Übergabe mit Marcel und Noëlle Lusti verlief harmonisch und kollegial ab – eine Freundschaft sei entstanden, erzählen sie: «Wir konnten viele Fragen stellen und hatten Zeit, uns einzuarbeiten.»
Seit dem 1. Januar 2025 ist das Paar nun offiziell auf dem Leimbihof – bereit, mit Energie und neuen Ideen in die Zukunft zu starten. Die Betriebsführung übernahmen sie schliesslich ohne grundlegende Veränderungen. Milchwirtschaft, Eierproduktion und der Hofladen bilden weiterhin die drei Hauptstandbeine des Betriebs – doch in Details und Strukturen setzen die beiden schon erste eigene Akzente.
Der Hofladen als zentrales Anliegen
Für Aline Tüfer war ein Hofladen immer ein zentrales Anliegen – nicht nur als Verkaufsplattform, sondern auch als Begegnungsort. «Es gibt für mich keinen grösseren Sinn, als unsere Produkte selbst zu vermarkten», erklärt sie.
Mit viel Liebe zum Detail sorgt sie dafür, dass der Laden mehr ist als eine Verkaufsstelle: «Ich sehe mich auch lieber in einem schön dekorierten Laden um und so soll auch unser Hofladen ein Erlebnis sein – und zugleich unsere Visitenkarte nach aussen.»
Vom Fahrsilo zum Mischwagen
Während sich Aline um den Laden kümmert, bringt Jann seine Erfahrung aus der Milchwirtschaft ein. Eine Fahrsilofütterung wurde durch einen Mischwagen ersetzt und bereits hat die Dienstabteilung Grün Stadt Zürich in einen neuen Heustock investiert.
Mit dem Mischwagen bereitet der Landwirt nun eine Mischration mit Heu und Grassilage, Mineralstoff, Kohle und etwas Milchviehfutter zu und im Herbst kommt dann noch eigene Maissilage hinzu. «Wenn wir qualitativ hochwertige Milch produzieren wollen, braucht es Top-Futter – und das geht nur mit guter Infrastruktur», erklärt der Landwirt.
Legehennen werden konsequent verwertet
Auch Neues wird ausprobiert: Erstmals halten sie dieses Jahr Truten im leerstehenden Rinderstall. Wie bei den Legehennen erfolgt die Schlachtung dann vor Ort im Schlachtmobil – das Fleisch wird im Hofladen verkauft. «Die Nachfrage nach Geflügelfleisch ist da und wir wollten testen, ob das für uns passt», so Jann Deflorin.
Auch die ausgedienten Legehennen werden konsequent verwertet: Statt sie einfach auszumustern, werden sie als Suppenhühner, Brüstchen oder Burger weiterverarbeitet – ebenfalls Produkte, die bei der Kundschaft gut ankommen.
Produzieren, veredeln, direkt vermarkten
Produkte wie Milch, Eier, Fleisch, Obst oder Most laufen hervorragend. Daneben werden auf dem Leimbihof aber noch eine Vielzahl weiterer Produkte produziert: Konfitüren, Sirup, Spätzli oder Brot – alles direkt vor Ort. Dafür soll in naher Zukunft auch der Produktions- und der Konfektionierungsraum vergrössert werden. «Wir stossen bei der Kühlung und den Räumlichkeiten langsam an unsere Grenzen», sagt Aline.
Der Betrieb beschäftigt drei Mitarbeitende in Vollzeit. Auch deshalb ist es der Familie Deflorin-Tüfer wichtig, den Betrieb wirtschaftlich tragfähig zu führen – die Verantwortung für die Löhne ist gross.
Nähe zur Stadt als Chance
Die Nähe zu Zürich ist Herausforderung und Chance zugleich. Der Hofladen profitiert vom zahlungskräftigen Publikum, gleichzeitig steigen die Ansprüche an Qualität und Präsentation. Das Paar nutzt die Nähe zur Stadt bewusst, um den Austausch mit den Konsumentinnen und Konsumenten zu fördern – sei es im persönlichen Gespräch oder über spezielle Anfragen.
So stand Jann kürzlich mit einer Kuh in der Stadt Zürich bei einer Restauranteröffnung und zahlreiche Anfragen über 1'300 Weihnachtsgeschenke bis hin zu einem Werbefilm für Galaxus sind keine Seltenheit mehr. «Wir bekommen fast jede Woche Anfragen – manche skurril, manche spannend», lacht Jann.
Gespräche gehören zur Öffentlichkeitsarbeit
Auch im Alltag versuchen sie, für Besuchende und Kundschaft präsent zu sein: «Wenn wir merken, dass jemand Fragen hat oder etwas wissen möchte, nehmen wir uns die Zeit – das gehört für uns zur Öffentlichkeitsarbeit dazu.»
Renate Hodel, LID
Weiterführende Informationen
Der Leimbihof im Porträt (lokalundfair.ch)
Artikel zur Hofübergabe (stadt-zuerich.ch)
Die hofeigene Webseite leimbihof.ch ist derzeit im Umbau